Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Romántik“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 921
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Romántik. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 921. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Rom%C3%A1ntik (Version vom 20.11.2024)

[921] Romántik (Romantizismus, lat.), eine Bezeichnung, welche ursprünglich mit romanisch zusammenhängt, aber von der Ästhetik noch nicht genügend definiert worden ist. Man pflegt darunter das Mittelalterliche in Leben, Sitte und Kunst zu verstehen, dessen erste Träger die romanischen Völker gewesen sind. An diese Hauptbedeutung des Wortes reihen sich noch allerlei Nebenbedeutungen an; namentlich versteht man in der Kunst unter dem Romantischen im Gegensatz zur Einfalt, Ruhe und Klarheit des Antiken das auf das Unendliche, Ahnungsvolle, Wunderbare und Phantastische gerichtete künstlerische Streben, wie man im gewöhnlichen Leben auch das übernatürlich Scheinende, Wilde und Schauerliche, überhaupt das Ungewöhnliche und die Phantasie Aufregende mit jenem Ausdruck zu bezeichnen gewohnt ist und demgemäß von romantischen Gegenden, romantischen Begegnissen und Abenteuern etc. spricht. Eine besondere Bedeutung erhielt das Wort, als zu Anfang des 19. Jahrh. einige jüngere Dichter und Kritiker, namentlich A. W. und Fr. Schlegel, Novalis, Tieck, Wackenroder u. a., sich unter dem Namen einer romantischen Schule vereinigten, um nicht nur das Wunderbare und Phantastische überhaupt, sondern insbesondere das Mittelalterliche mit Einschluß des Orientalischen in die Poesie zurückzuführen. Vgl. Hettner, Die romantische Schule in ihrem innern Zusammenhang mit Goethe und Schiller (Braunschw. 1850); Haym, Die romantische Schule (Berl. 1871); Brandes, Die Hauptströmungen der Litteratur des 19. Jahrhunderts, Bd. 2 (das. 1873). Die weitere Entwickelung der R. in dem angegebenen Sinn hatte aber zur Folge, daß die ihr huldigende Partei nicht bloß in der Poesie, sondern auch in Staat und Religion den mittelalterlichen Institutionen vor den klassischen und modernen den Vorzug gab und sie um jeden Preis wieder zur Geltung gebracht sehen wollte. Da jedoch hiermit der maßlosesten politischen und kirchlichen Reaktion das Wort geredet ward, so pflegten bald die Gegner dieser Richtung alles dem Fortschritt Feindliche, rückwärts Strebende in Litteratur und Kunst mit dem Ausdruck des Romantischen zu bezeichnen, wozu Ruge und Echtermeyer in ihrem „Manifest gegen die R.“ in den „Halleschen Jahrbüchern“ den Ton angegeben hatten. Auch Strauß hat in seiner Schrift „Der Romantiker auf dem Thron der Cäsaren“ (Mannh. 1847) das Wort in diesem Sinn genommen, ebenso Julian Schmidt in seiner „Geschichte der R.“ (Leipz. 1848). In Frankreich, wo, wie in den Litteraturen der Engländer, Italiener, Dänen, Schweden, Russen, Polen etc., verwandte Bestrebungen hervortraten, machte sich die R. besonders dadurch bemerklich, daß sie die starren Fesseln des alten Klassizismus abwarf und freiere, selbst mitunter ausschweifende Formen in der Poesie anstrebte. Vgl. Huber, Die neuromantische Poesie in Frankreich (Leipz. 1833); Michiels, Histoire des idées littéraires (3. Aufl., Par. 1862, 2 Bde.); Th. Gautier, Histoire du romantisme (4. Aufl., das. 1884).