Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Roßkastanĭenbaum“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 982
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Roßkastanĭenbaum. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 982. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ro%C3%9Fkastan%C4%ADenbaum (Version vom 15.09.2022)

[982] Roßkastanĭenbaum (Aesculus L.), Gattung aus der Familie der Sapindaceen, Bäume mit gegenständigen, langgestielten, gefingerten Blättern, ansehnlichen, meist zwei- und dreifarbigen Blüten in aufrechten, straußähnlichen Rispen, klappig aufspringenden, lederartigen, stachligen oder glatten Kapseln und großen, rundlichen Samen mit ausgebreitetem Nabelfleck. Etwa 14 Arten im gemäßigten Nordamerika, in Mexiko, Neugranada, Persien, dem Himalaja und Hinterindien. Der echte R. (A. Hippocastanum L.), ein schöner, ziemlich rasch wachsender, 19–25 m hoher Baum mit fünf- bis siebenzählig gefingerten Blättern und weißen, rot und gelb gefleckten Blüten, heimisch in den Hochgebirgen von Nordgriechenland, Thessalien und Epirus, kam 1557 durch Busbeq nach Konstantinopel und 1576 durch Ungnad nach Wien. 1565 beschrieb ihn Matthiolus als Castanea equina und bildete einen Fruchtzweig ab. Erst um 1616 gelangte der Baum von Konstantinopel nach Frankreich, von wo er sich dann über ganz Europa verbreitete. Man kultiviert ihn bei uns namentlich als Alleebaum; er liefert ein wenig geschätztes Holz, die Samen werden von Schafen, Schweinen, Pferden und vom Rindvieh gefressen, auch auf Stärkemehl, zu Wasch- und Schnupfmitteln verarbeitet. Die als Fiebermittel, auch zum Gerben empfohlene Rinde enthält außer Gerbstoff Äsculin (Schillerstoff) C30H34O19, welches farb- und geruchlose Nadeln bildet, schwach bitter schmeckt, in Wasser und Alkohol, wenig in Äther löslich ist und auch noch in sehr schwacher Lösung stark fluoresziert. Die rot blühende Pavie (A. Pavia L.), ein Strauch aus dem westlichen Nordamerika, bei uns meist als kleiner Baum gezogen, mit nicht klebrigen Knospen, fünfzählig gefingerten Blättern, roten Blüten und glatten, nach der Basis zu verschmälerten, gleich den Blättern giftigen Früchten, enthält viel Saponin in der Wurzel, welche deshalb in Amerika als Waschmittel benutzt wird. Ein Blendling dieser Art mit der vorigen ist wahrscheinlich der rot blühende R. (A. carnea Willd.), welcher dem echten R. sehr ähnlich, aber von etwas schwächerm Wuchs ist, meist nur fünfzählig gefingerte Blätter besitzt und 2–3 Wochen später blüht. Die kalifornische Pavie (A. californica Nutt.), ein hoher Strauch mit fünfzählig gefingerten Blättern, großem, pyramidenförmigem Blütenstand, welcher dem des echten Roßkastanienbaums ähnlich ist, und kleinen, eßbaren Früchten, wächst in Kalifornien und wird bei uns als Zierstrauch kultiviert.