Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Rennes“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 729
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Rennes. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 729. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Rennes (Version vom 21.09.2021)

[729] Rennes (spr. rän), Hauptstadt des franz. Departements Ille-et-Vilaine und ehemals der Bretagne, in vorteilhafter Lage am Zusammenfluß der Ille und Vilaine, an der Wurzel der Bretonischen Halbinsel und an dem Hauptverkehrsweg von der Niederloire zum Golf der Normännischen Inseln, seit neuerer Zeit wichtiger Verkehrspunkt am Ille- und Rancekanal und an der Eisenbahn Paris-Brest (mit Abzweigung nach St.-Malo, Redon und Châteaubriant). Die Stadt zerfällt in die Ober- und Unterstadt, erstere am rechten Ufer der Vilaine gelegen, schön gebaut, mit breiten Straßen, letztere am linken Ufer, winkelig gebaut und häufigen Überschwemmungen ausgesetzt. Beide Stadtteile werden durch vier Brücken verbunden, von denen der Pont Neuf die schönste ist. Hervorragende Plätze sind: die Place du Palais, der Mairie-, der Theaterplatz und der mit Alleen versehene Platz La Motte. Die Stelle der ehemaligen Stadtgräben nehmen jetzt die als Spaziergänge dienenden Boulevards ein; eine schöne Promenade bildet auch der Thaborgarten (mit Statue von Guesclin). Unter den Gebäuden zeichnen sich aus: die Kathedrale St.-Pierre; die Kirche Notre Dame, am höchsten Punkte der Stadt, mit einem Turm, der eine weithin sichtbare kolossale Statue der Jungfrau Maria trägt; der Justizpalast, mit vier Statuen hervorragender Juristen von R. und reichgeschmückten Sälen; das Stadthaus und der alte Präsidialpalast aus der Zeit Ludwigs XV., beide durch einen Bogen mit darübergebautem eleganten Turm verbunden; das neue Universitätsgebäude (1849–55 erbaut), welches das sehenswerte, Skulpturen, Gemälde und Handzeichnungen umfassende Museum enthält; der erzbischöfliche Palast (von 1672); die Kaserne St.-Georges, ein ehemaliges Kloster von 1669; das Theater; die Porte Mordelaise, durch welche die Herzöge der Bretagne ihren Einzug in die Stadt hielten. Die Zahl der Bewohner beträgt (1886) 52,614 (als Gemeinde 66,139), welche sich vorzüglich mit gewerblicher Industrie und zwar mit Fabrikation von Hüten und Schuhwaren (für den Export), Buntpapier, Handschuhen, Segeltuch, Ackerbauwerkzeugen etc., ferner mit Schiffbau, Handel mit Leinwand, Vieh, Geflügel, Butter, Getreide, Holz, Honig und Wachs beschäftigen. R. ist Sitz einer Akademie und besitzt an Unterrichts- und Bildungsanstalten 3 Fakultäten für Rechte, Litteratur und Wissenschaften, mit zugehörigen archäologischen, naturhistorischen und andern Sammlungen, ein Lyceum, Priesterseminar, eine Lehrerbildungsanstalt, medizinisch-pharmazeutische Vorbereitungsanstalt, Maler-, Bildhauer- und Zeichenschule, Bauschule, Handels-, Gewerbe- und Ackerbauschule und eine Bibliothek von 45,000 Bänden. Andre öffentliche Anstalten sind: ein Irrenhaus, Waisenhaus, Militärspital, 2 Zivilspitäler, ein Siechenhaus, ein Gefangenhaus für weibliche Sträflinge, eine Filiale der Bank von Frankreich und einer Sparkasse. R. ist der Sitz des Präfekten, des Generalkommandos des 10. Armeekorps, eines Erzbischofs, eines Appell- und Assisenhofs, eines Gerichtshofs erster Instanz, eines Handelsgerichts, einer Handels- und Ackerbaukammer und besitzt ein Artilleriearsenal. – R. ist das alte Condate und war die Hauptstadt der Redoner. Im frühen Mittelalter wurde es von den Franken, im 9. Jahrh. durch den Bretagner Nomenojus eingenommen, an dessen Nachkommen als Könige der Bretagne Karl der Kahle es abtrat. Die Stadt, welche seitdem die Hauptstadt der Bretagne war, wurde 1357 erfolglos von den Engländern belagert. 1720 zerstörte eine Feuersbrunst 900 Häuser.