MKL1888:Religionsgespräche

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Religionsgespräche“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 718
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Religionsgespräche. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 718. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Religionsgespr%C3%A4che (Version vom 21.04.2023)

[718] Religionsgespräche (lat. Colloquia), Unterredungen, welche seit dem 16. Jahrh. gepflogen worden sind, um eine Ausgleichung der divergierenden konfessionellen Ansichten herbeizuführen. Die namhaftesten dieser Kolloquien zwischen Katholiken und Protestanten waren: Die sogen. Disputation zu Leipzig zwischen Luther und Eck 1519 (s. Reformation). Das an den Augsburger Reichstag (s. Melanchthon) anknüpfende Religionsgespräch von 1530. Das Religionsgespräch zu Leipzig 2. Jan. 1539 zwischen Bucer, Melanchthon und Georg v. Carlowitz. Das Religionsgespräch zu Hagenau 1540, welches die Vorbereitungen traf für das zu Worms (im November 1540), an welchem sich von protestantischer Seite Melanchthon, Calvin (aus Straßburg), Cruciger, Grynäus, Menius, von katholischer Seite Cochläus, Eck, Nausea beteiligten; dem päpstlichen Legaten Morone gelang es, den kaiserlichen Orator Granvella zu bewegen, die Versammlung baldigst aufzulösen. Das Religionsgespräch zu Regensburg, im April 1541 von Kaiser Karl V. zwischen Katholiken und Protestanten veranstaltet; von katholischer Seite beteiligten sich Gropper, Julius Pflug (s. d.) etc., von evangelischer Seite Melanchthon, Bucer und der hessische Pfarrer Pistorius. Diese Verhandlungen versprachen Erfolg, weil als päpstlicher Legat Contarini (s. d. 1) fungierte; das Resultat war das Regensburger Interim (s. d.). Das zweite Regensburger Religionsgespräch von 1546, in welchem Bucer, Brenz und Major einem Malvenda, Billick, Cochläus und Pflug gegenüberstanden; der Wunsch des Kaisers, daß die Protestanten das Tridentinische Konzil beschicken möchten, wurde von den protestantischen Kollokutoren abgewiesen. Das Wormser Religionsgespräch (Wormser Konsultation) von 1557 unter dem Vorsitz des Bischofs Julius Pflug führte infolge der gehässigen Angriffe der Flacianer auf Melanchthon zu einem Abbruch der Verhandlungen. Das Religionsgespräch zu Thorn im Oktober 1645, veranstaltet vom König Wladislaw IV. von Polen zwischen Theologen aller drei Bekenntnisse; von lutherischer Seite erschienen Abr. Calovius (s. d.) aus Danzig, Hülsemann aus Wittenberg und der Helmstädter Theolog Georg Calixtus (s. d.); die Zänkereien der Lutheraner mit den Reformierten machten beide in den Augen der Katholiken lächerlich. Die Frucht der R. war in der Regel eher Schärfung als Milderung der konfessionellen Gegensätze. Vgl. Hering, Geschichte der kirchlichen Unionsversuche (Leipz. 1836–38, 2 Bde.); Pastor, Die kirchlichen Reunionsbestrebungen während der Regierung Karls V. (Freiburg i. Br. 1879). – Über die R. zwischen Lutheranern und Reformierten s. Union.