Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Raupach“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 608
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Raupach. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 608. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Raupach (Version vom 16.03.2024)

[608] Raupach, Ernst Benjamin Salomo, dramat. Dichter, geb. 21. Mai 1784 zu Straupitz bei Liegnitz, studierte Theologie in Halle, kam als Hauslehrer nach Petersburg und wurde 1816 mit dem Titel Hofrat als Ordinarius der philosophischen Fakultät an der dortigen Universität angestellt, womit er im folgenden Jahr das Lehrfach der deutschen Litteratur und der Geschichte verband. 1822 kehrte er nach Deutschland zurück und ließ sich nach einer italienischen Reise (über welche er unter dem Pseudonym Hirsemenzel „Briefe“ veröffentlichte, demselben Pseudonym, das nachmals Immermann in seinem „Münchhausen“ aufgriff, um R. zu parodieren) 1824 in Berlin nieder, wo er sich ausschließlich dramatischen Arbeiten widmete und 18. März 1852 starb. Raupachs dramatische Produktion bezeichnete den Übergang aus der eigentlichen dramatischen Dichtung zur Bühnenroutine ohne innern Antrieb und Gehalt. In seinen frühsten Versuchen lehnte er sich an Schiller an; einige der ersten zur Aufführung gebrachten Tragödien („Die Erdennacht“, „Isidor und Olga“, „Die Fürsten Chawansky“) entbehrten nicht einzelner kräftiger Züge und wirklicher Stimmung. Mit dem wachsenden Erfolg seiner Dramen aber trat die ursprüngliche Leerheit und Trivialität seiner Natur stets stärker hervor. Auf seine technische Virtuosität in der Szenengruppierung und seinen gewandten Versbau vertrauend, ging er jeder Vertiefung aus dem Weg und begnügte sich mit der hergebrachten Charakteristik und rhetorischen Gemeinplätzen. Seine Produktivität war dabei erstaunlich. Der große Cyklus: „Die Hohenstaufen“, eine von Barbarossa bis zu Konradin reichende Tragödienreihe, andre historische Dramen (z. B. „Die Royalisten“, „Cromwells Ende“, „Mirabeau“, „Timoleon“), Volks- und Rührdramen („Der Müller und sein Kind“), Nachahmungen Lessings, Schillers, selbst der spanischen Dramatiker überschwemmten, in rascher, drängender Folge erscheinend, die Berliner Bühne und von ihr aus die übrigen deutschen Theater. Auch im Lustspiel, das er von dem Konversationsstück an bis zur faden Posse und bloßen Straßenanekdote herab bearbeitete, ist R. mit Glück thätig gewesen, weniger als schaffender Dichter denn als Verstandesmensch, der die Bedürfnisse des Publikums und die Hilfsmittel seiner Kunst genau kannte und letztere, um jene zu befriedigen, geschickt anzuwenden wußte. Dabei fehlt es ihm nicht an trefflichem, wenn auch etwas trocknem Witz, an Laune und ergötzlicher Situationskomik. Auch ist die Charakteristik in seinen bessern Lustspielen („Der Zeitgeist“, „Die Schleichhändler“, „Der versiegelte Bürgermeister“ etc.), wenn auch nicht selten übertrieben, doch wirksam und ergötzlich, die Persiflage und Satire, ohne in die eigentlichen krankhaften Stellen der Zeit zu schneiden, oft gelungen und treffend. Seine Dramen erschienen in zwei Abteilungen gesammelt: „Dramatische Werke komischer Gattung“ (Hamb. 1828–35, 4 Bde.) und „Dramatische Werke ernster Gattung“ (das. 1830–1843, 16 Bde.). Vgl. Pauline Raupach, R., eine biographische Skizze (Berl. 1853).