Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Quecksilberchlorīd“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 504
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Quecksilberchlorīd. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 504. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Quecksilberchlor%C4%ABd (Version vom 12.02.2024)

[504] Quecksilberchlorīd (Doppeltchlorquecksilber, Ätzsublimat, Sublimat) HgCl2 entsteht beim Erhitzen von Quecksilber in überschüssigem Chlor, beim Lösen von Quecksilberoxyd in Salzsäure oder von Quecksilber oder Schwefelquecksilber in salpetersäurehaltiger Salzsäure. Es wird dargestellt, indem man Quecksilber mit konzentrierter Schwefelsäure behandelt und das entstandene schwefelsaure Quecksilberoxyd mit Chlornatrium in Glaskolben oder Thonretorten im Sandbad erhitzt. Es entstehen schwefelsaures Natron und Q., welches als ziemlich feste, weiße, kristallinische Masse sublimiert. Man löst auch Quecksilberoxyd oder basisch schwefelsaures Quecksilberoxyd, welches aus dem neutralen Salz durch Einwirkung von Wasser erhalten wird, in Salzsäure, filtriert und bringt die Lösung zur Kristallisation. Q. bildet farb- und geruchlose Kristalle vom spez. Gew. 5,4, schmeckt scharf metallisch, löst sich in Alkohol und Äther; 100 Teile Wasser lösen bei 0°: 6,57, 20°: 7,39, 50°: 11,34, 80°: 24,3, bei 100°: 54 Teile, es reagiert schwach sauer, wird neutral durch Alkalichloride, verflüchtigt sich zum Teil beim Verdampfen der Lösung, schmilzt bei 260°, sublimiert leichter als das Chlorür, zersetzt sich am Licht unter Ausscheidung von Quecksilberchlorür und wird durch viele Metalle und reduzierende Substanzen ebenfalls zu Chlorür oder Quecksilber reduziert; durch Sauerstoffsäuren wird es nicht zersetzt, aber es löst sich reichlich in Salpetersäure. Auch Salzsäure und Salmiak erhöhen die Löslichkeit. Eiweiß wird durch Q. stark gefällt. Aus einer Lösung von Salmiak und Q. kristallisiert leicht lösliches Ammoniumquecksilberchlorid (Alembrothsalz, Salz der Wissenschaft) (NH4)2HgCl4 + 2H2O, welches an der Luft verwittert und zum Vergolden dient. Ammoniak fällt aus Q. Merkuriammoniumchlorid (Quecksilberamichlorid) NH2HgCl, ein farbloses, in Wasser und Alkohol unlösliches Pulver, welches durch Licht zersetzt wird, in Säuren und heißen Lösungen von Ammoniaksalzen löslich ist und durch kochendes Wasser zersetzt wird. Es ist als Hydrargyrum praecipitatum album (weißer Quecksilberpräzipitat) offizinell und wird gegen viele Hautkrankheiten, besonders gegen die durch Pilze veranlaßten, bei Augenkrankheiten, gegen Filzläuse etc., auch in der Technik zur Darstellung von Zinnober benutzt. Q. dient zum Ätzen in Stahl, als Reservage in der Kattundruckerei, in der Hutmacherei, zum Imprägnieren (Kyanisieren) des Holzes, besonders der Eisenbahnschwellen, zur Konservierung tierischer Substanzen, zur Darstellung von Anilinrot und Quecksilberpräparaten etc. Es ist eins der heftigsten Gifte und muß mit größter Vorsicht behandelt werden; örtlich wirkt es reizend und ätzend, erzeugt Magendarmentzündung, große Mattigkeit, Ohnmachten, Benommenheit der Sinnes- und Empfindungswerkzeuge und den Tod unter heftigen Konvulsionen. Man benutzt es gegen Syphilis sowie äußerlich bei Hautausschlägen, chronischen, rheumatischen und gichtischen Leiden. Es wirkt ungemein stark antiseptisch und findet daher in der Chirurgie und zur Desinfektion ausgedehnte Verwendung. Unter dem Namen Seračika verbraucht das serbische und rumänische Landvolk große Mengen Q. zur Bereitung von weißem Präzipitat, welcher als Schönheitsmittel dient, und als Abortivmittel. Q. wurde von Geber entdeckt und war zur Zeit des Basilius Valentinus (15. Jahrh.) schon Handelsartikel. Die Darstellung aus schwefelsaurem Quecksilberoxyd und Chlornatrium wurde von Kunkel angegeben.