Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Purpur“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 471472
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Purpur. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 471–472. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Purpur (Version vom 04.12.2023)

[471] Purpur[WS 1] (lat. purpura), prachtvollste, violettrote Farbe des Altertums, wurde aus Seemuscheln des Mittelländischen Meers gewonnen und ist wahrscheinlich als Erfindung der Phöniker anzusehen. Der vorzüglichste P. wurde in Tyros bereitet, von wo auch Salomo einen Arbeiter kommen ließ, und wo dieser Industriezweig noch zur Zeit der römischen Kaiser wie auch auf der Insel Meninx (Djerbi im Gebiet von Tunis) blühte. Übrigens ging die Purpurfabrikation auch auf Griechen und Römer über. Einen roten Saft liefern viele Seeschnecken; die eigentlichen Purpurschnecken des Altertums sind aber Murex brandaris und M. trunculus und vielleicht Purpura haemastoma, die noch jetzt an einzelnen Stellen des Mittelmeers ähnlich benutzt werden. Diese Schnecken sondern in einer Drüse, die in der Decke der Atemhöhle neben dem Mastdarm liegt, einen gelblichen Schleim ab, welcher am Sonnenlicht grün, dann blau, endlich purpurn und scharlachrot wird und dabei einen ekelhaften, lange anhaltenden Geruch erzeugt. Der Farbstoff bildet sich auch bei Luftabschluß in Stickstoff oder Wasserstoff, aber nicht im Dunkeln. Man kann den farbengebenden Stoff aus den gepulverten Schnecken durch Alkohol und Äther ausziehen, und aus der goldgelben Lösung scheidet sich der P. am Licht als körnig kristallinisches Pulver aus, welches in Wasser, Alkohol und Äther unlöslich, in siedendem Anilin löslich ist. Dieser Stoff, Punicin, ist in äußerst geringer Menge vorhanden (7 mg aus 400 Schnecken) und gehört wahrscheinlich der Indigogruppe an; er widersteht Seifen und Säuren, wird aber durch Chlor zerstört. Man fing die Schnecken durch Köder, zerquetschte sie oder nahm sie aus dem Gehäuse heraus, macerierte sie mit Salz, erhitzte sie dann und tauchte nun die zu färbende Wolle ein. Jedenfalls verstand man im Altertum sehr abweichende Nüancen zu erzielen. Schon in der frühsten Zeit galt der P. als Auszeichnung des Herrschers; allmählich wurde er immer allgemeiner angewandt, und Cäsar und Augustus mußten seinen Gebrauch wie den andrer Luxusartikel beschränken. Im byzantinischen Reich wurde er von neuem Abzeichen der Majestät und seiner nächsten Umgebung; wichtige kaiserliche Dekrete wurden mit Purpurtinte geschrieben, und noch im 15. Jahrh. werden Purpurhüte und Purpurschleppen erwähnt. Die Scharlachgewänder (purpurati) der Kardinäle, von Paul II. eingeführt, erinnern noch an die alte Sitte. An der Küste Norwegens und Irlands benutzte man im vorigen Jahrhundert den Saft von Purpura lapillus zum Zeichnen der Wäsche, und an der Westküste Zentralamerikas färben die Eingebornen Baumwolle gleichfalls mit dem Saft einer Purpura. Vgl. Schmidt, Forschungen [472] auf dem Gebiet des Altertums, Bd. 1 (Berl. 1842); v. Martens, P. und Perlen (das. 1874); Lacaze-Duthiers, Mémoire sur la pourpre, in „Annales des sciences naturelles“ (4. Serie 1859); Schunck, Purpur (Berl. 1879). – Französischer P. (Pourpre français), s. Orseille.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. siehe auch Purpur der Alten in Band 18