Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Purkinje“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 471
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Purkinje. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 471. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Purkinje (Version vom 04.12.2023)

[471] Purkinje, Johannes Evangelista, Mediziner, geb. 17. Dez. 1787 zu Libochowitz bei Leitmeritz in Böhmen, erhielt seine Schulbildung bei den Piaristen zu Nikolsburg in Mähren, wurde Mönch, trat aber im 21. Lebensjahr, kurz vor Empfang der priesterlichen Weihen, aus dem geistlichen Stand aus, studierte in Prag zuerst Philosophie, dann Medizin, ward 1819 Assistent der Anatomie und Physiologie daselbst, erregte durch seine Dissertation „Zur Physiologie des Sehens“ Goethes Aufmerksamkeit und wurde durch dessen Empfehlung 1823 ordentlicher Professor der Physiologie und Pathologie zu Breslau, gründete hier 1839 das erste physiologische Laboratorium, wodurch die Physiologie den Rang einer selbständigen Wissenschaft erhielt, und kehrte 1850 als Professor der Physiologie nach Prag zurück, wo er 28. Juli 1869 starb. Er schrieb: „Beobachtungen und Versuche zur Physiologie der Sinne“ (Berl. 1823–25, 2 Bde.). An seinen Namen knüpft sich eine Menge von Entdeckungen auf anatomischem und physiologischem Gebiet. Wie der Begründer der experimentellen Physiologie, war P. auch der Schöpfer der mikroskopischen Anatomie in Deutschland. Seine Arbeiten betrafen vornehmlich das Gebiet der subjektiven Empfindung und die Morphologie. Er entdeckte das Keimbläschen im Hühnerei, die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen auf der Haut, den Bau der Knorpeln, Knochen und Zähne, die embryonale Entwickelung der letztern, die Zusammensetzung der Blutgefäßwände, der Flimmerbewegung bei Wirbeltieren, der Magendrüsen, der Struktur der Nervenfasern mit einem Achsencylinder, der Nervenzellen im Gehirn etc. Er benutzte zuerst das Mikrotom, den Kanadabalsam für mikroskopische Präparate und mikroskopische Bilder für die Laterna magika. Daneben hatte sich P. seit 1850 unter fortschreitender Entfremdung von Deutschland die Fortbildung und Hebung der tschechischen Nationalität zur Lebensaufgabe gestellt. Als Frucht seiner slawischen Studien erschien eine gelungene tschechische Übersetzung von Schillers lyrischen Gedichten (Bresl. 1841, 2 Bde.). Auch begründete er 1853 die naturwissenschaftliche Zeitschrift „Ziva“, welche er mit Kreijci bis 1864 herausgab.