Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Praefectus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 13 (1889), Seite 305
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Praefectus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 13, Seite 305. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Praefectus (Version vom 28.09.2023)

[305] Praefectus (lat.), im alten Rom allgemeine Bezeichnung eines Vorstehers oder Aufsehers, welche durch Hinzufügung des Gegenstandes seiner amtlichen Thätigkeit näher bestimmt wird. So wurden in der Zeit der Republik in eine gewisse Klasse italischer, von Rom abhängiger Städte vom Prätor jährlich Präfekten (vollständig praefecti juri dicundo) geschickt, um daselbst Recht zu sprechen; der P. annonae (unter der Republik nur in Fällen besondern Bedürfnisses ernannt, unter den Kaisern ein stehendes Amt) hatte für die Zufuhr von Getreide zu sorgen; der P. aerarii führte unter den Kaisern statt der Quästoren die Verwaltung des Staatsschatzes; ferner hieß der Flottenbefehlshaber P. classis, der Anführer einer Reiterabteilung der Hilfstruppen P. alae oder equitum, einer Fußabteilung derselben P. cohortis, der Anführer der Fabri, d. h. der Pioniere, P. fabrum; auch gab es bei jeder Legion einen P. castrorum, dem die Anlegung von Befestigungen aller Art und die Aufsicht über das Kriegs- und Festungsmaterial oblag. Eine besondere Berufung hatte unter den Kaisern das Amt des P. urbi (oder urbis) und das des P. praetorio. Einen P. urbi gab es schon unter den Königen und in der Zeit der Republik; ein solcher nämlich pflegte ernannt zu werden, so oft der König oder die Konsuln von Rom abwesend waren. Von Augustus aber wurde das Amt als ein ständiges eingesetzt und dann nach und nach mit immer weiter reichenden Obliegenheiten und Vollmachten verbunden; insbesondere hatte der Inhaber alles, was zur Sicherheit der Stadt und der Umgegend im Umkreis von 100 röm. Meilen diente, wahrzunehmen und eine selbst über diesen Kreis hinausgehende, nur der Appellation an den Kaiser unterworfene Kriminal- und Zivilgerichtsbarkeit auszuüben. Auch das andre Amt, das des P. praetorio, wurde von Augustus eingesetzt und gewöhnlich von zwei, zuweilen von einem, zuweilen auch von drei Präfekten verwaltet. Es bestand anfangs nur in dem Oberbefehl über die Prätorianer (s. d.), erhielt aber ebenfalls im Lauf der Zeit eine größere Bedeutung, indem dem Präfekten in Stellvertretung des Kaisers die höchste Regierungsgewalt übertragen wurde.