Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pergamént“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 842
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Pergamént. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 842. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pergam%C3%A9nt (Version vom 18.03.2021)

[842] Pergamént, eigentümlich zubereitete Tierhaut, welche keine Gerbung erhalten hat und sich daher beim Kochen mit Wasser in Leim (Pergamentleim) verwandelt. Die zur Darstellung des Pergaments bestimmten Felle werden eingeweicht, gereinigt, in Kalkäscher behandelt, enthaart, gewaschen, auf dem Schabebaum bearbeitet, in einem Rahmen faltenlos ausgespannt, nochmals ausgestrichen, dünn geschabt und getrocknet (Trommelpergament aus Kalb-, Paukenpergament aus Eselfellen). Das zum Schreiben bestimmte P. wird, nachdem es auf beiden Seiten abgeschabt worden, mit einer magern Bleiweißölfarbe angestrichen. Derartiges P. fertigt man aus den Häuten junger Kälber, Ziegen, totgeborner Lämmer, auch aus der Aasseite gespaltenen Schafleders. Oft wird das P., nachdem es auf dem Rahmen getrocknet ist, gekreidet, geschabt und mit Bimsstein abgerieben. Das feinste und dünnste P. heißt Jungfernpergament. Schweinefelle liefern besonders P. zu Büchereinbänden und Sieben. Vgl. Wiesner, Die Weißgerberei und Pergamentfabrikation (Wien 1877). Ein Pergamentsurrogat für Schreibtafeln erhält man aus Papier, wenn man dasselbe auf beiden Seiten mit Kopallack leicht anstreicht, nach dem Trocknen ebenfalls auf beiden Seiten 2–3 Anstriche mit einer aus Bleiweiß, Bleizucker, Bimssteinpulver, etwas Erdfarbe und Leinöl bereiteten Farbe macht und zuletzt mit Bimsstein und Wasser schleift. Ein andres Surrogat ist das Pergamentpapier und ein Fabrikat aus leinenem oder baumwollenem Gewebe, welches man mit Papierzeug imprägniert und dann wie bei der Fabrikation des Pergamentpapiers mit starker Schwefelsäure behandelt. Die Erfindung des Pergaments ist uralt; schon zu Davids Zeiten hatten die Israeliten aufgerollte Bücher von Tierhäuten, und nach Herodots Erzählung schrieben die Ionier in den ältesten Zeiten auf ungegerbte Hammel- oder Ziegenfelle, von denen bloß die Haare abgeschabt waren. Mit dem Wort Membrana bezeichneten die Alten zunächst überhaupt die Haut, dann die zum Schreiben bereitete Haut oder das P. Später wurden die Felle durch Schaben und Reiben mit Kalk zu Blättern verdünnt, und wie Josephus erzählt, konnte Ptolemäos Philadelphos die Feinheit des Pergaments nicht genug bewundern, auf welches der Pentateuch geschrieben war, den ihm der Hohepriester Eleasar zuschickte. Wesentlich verbessert wurde das P., wie es scheint, in Pergamon, und es machte den vorzüglichsten Handelsartikel dieser Stadt aus. Anfangs war das P. gelb, in Rom lernte man es weiß machen; nachher gab man ihm auch eine violette oder Purpurfarbe auf beiden Seiten. Nach Erfindung der Buchdruckerkunst wurden einzelne kostbare Werke in einigen Exemplaren auf P. gedruckt (Pergamentdrucke); von manchen Werken wurden sogar dergleichen Abzüge in größerer Anzahl gemacht, und da sie ohnehin dem Zahn der Zeit leichter trotzen konnten, so sind von einzelnen Drucken, wie von dem „Psalterium“ von 1457 und von der ersten Fust-Schöfferschen Bibel, die Exemplare auf Papier zur größern Seltenheit geworden als die auf P. Die Sitte, von kostbaren Werken Pergamentabzüge zu veranstalten, hat sich, namentlich in England und Frankreich, bis auf die Gegenwart erhalten.