Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pathos“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 776
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Pathos. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 776. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pathos (Version vom 12.04.2023)

[776] Pathos (griech.), eigentlich das Leiden, das Ergriffensein von etwas; im ästhetischen Sinn jeder stärkere Eindruck auf das Gemüt, Affekt oder heftige Gemütsbewegung, die als Leidenschaft auch ein Leiden, ein Erlittenes voraussetzt. Pathetisch ist daher, was eine starke Gemütsbewegung, das Leidenschaftliche, jedoch mit Ernst und Würde, ausdrückt. Das P. muß in der Darstellung aus der innern Natur der Sache, der Fühlenden und Handelnden hervorgehen und deren Verhältnissen angemessen sein, wenn es nicht in geschmacklosen Schwulst ausarten soll. Die bloße Darstellung des Leidens als Leiden kann aber nicht Gegenstand der Kunst sein, und es ist daher nicht das Leiden selbst, sondern nur der geistige, durch Vernunftideen begründete Widerstand gegen dasselbe pathetisch. Aus der pathetischen Darstellung muß einesteils der leidende, andernteils der selbständige Geist durchscheinen. Wo aber der Dichter den leidenschaftlichen Zustand, den er schildern will, nicht innerlich mit durchlebt, wird das P. bald frostig und unnatürlich, wie in der klassischen Tragödie der Franzosen, oder überspannt und zügellos, wie in vielen neuern ihrer Tragödien. Daß auch die bildende Kunst der pathetischen Darstellung fähig sei, beweist unter anderm die Gruppe des Laokoon.