Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Passivität“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 764765
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Passivität. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 764–765. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Passivit%C3%A4t (Version vom 17.10.2024)

[764] Passivität (lat.), Zustand des Leidens, der Unthätigkeit; sodann der eigentümliche Zustand einiger Metalle, in welchem sie von verdünnter Salpetersäure nicht angegriffen werden, während sie in ihrem gewöhnlichen Zustand in solcher Säure oxydieren. Diese P. tritt besonders beim Eisen hervor. Dasselbe wird von Salpetersäure, deren spezifisches Gewicht unter 1,35 liegt, lebhaft angegriffen, während es in stärkerer Salpetersäure nicht oxydiert, wohl aber in einen (passiven) Zustand übergeführt wird, in welchem es nun auch schwächerer Salpetersäure widersteht. In denselben Zustand geht Eisendraht über, wenn man ihn an einer Weingeistflamme bis zum Anlaufen erhitzt. Ein auf irgend eine Weise passiv gewordener Eisendraht schützt einen ungeglühten Eisendraht vor dem Angriff einer Salpetersäure von 1,35 spez. Gew., wenn er mit demselben außerhalb der Flüssigkeit in Verbindung steht. Die Rolle des passiven Eisens kann auch [765] Platin übernehmen, und der geschützte Draht wird selbst dann nicht von der Säure angegriffen, wenn man den passiven Eisendraht oder den Platindraht entfernt; er ist selbst passiv geworden und kann einen andern Eisendraht schützen. Wenn Eisen- und Platindrähte in Salpetersäure getaucht werden und sich außerhalb der Säure berühren, so bildet das Eisen gewissermaßen den +Pol einer einfachen Kette, und dem entsprechend wird Eisen passiv, wenn man es als +Pol einer Voltaschen Säule in Salpetersäure bringt, in welche bereits der negative Platinpol der Säule getaucht worden war. Dabei entweicht der durch Wasserzersetzung frei werdende Sauerstoff, ohne sich mit dem Eisen zu verbinden. Taucht man aber den positiven eisernen Poldraht vor dem negativen Poldraht in die verdünnte Säure, so wird er angegriffen, während er unter allen Umständen passiv wird, wenn man statt der Säuren Lösungen von Alkalien oder völlig neutralen Salzen anwendet. Hierauf gründet sich die Konstruktion von Voltametern, welche durch Platten von Eisenblech gebildet sind, die in Kalilauge eintauchen. Aus der so starken elektronegativen Eigenschaft des passiven Eisens erklärt es sich, daß man die Platinplatte der Groveschen oder den Kohlencylinder der Bunsenschen Säule durch Eisen ersetzen kann, wenn dieses nur immer in sehr konzentrierter Salpetersäure steht. Wismut, Kupfer und Zinn zeigen, wenn auch in viel schwächerm Grad, ähnliche Passivitätserscheinungen. Die P. des Eisens hat ihre Ursache wahrscheinlich in einer dünnen Oxydschicht, welche einerseits das Eisen vor dem Angriff der Säure schützt, anderseits aber in ähnlicher Weise elektromotorisch wirkt wie eine Bleisuperoxydschicht, die eine Platinplatte überzieht.