Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Pappel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 685686
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Pappel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 685–686. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Pappel (Version vom 10.09.2021)

[685] Pappel (Pappelbaum, Populus L., hierzu Tafel „Pappel“), Gattung aus der Familie der Salicineen, meist hohe Bäume in Europa, Nordasien, Nordamerika mit breiten, dreieckigen, rhombischen oder rundlichen Blättern, meist langen, seitlich zusammengedrückten Blattstielen, vor den Blättern erscheinenden Blütenkätzchen und aus zwei später zurückgeschlagenen Klappen bestehenden vielsamigen Kapseln. I. Leuce Dub., Tragblätter der Blüten gewimpert, Zweige und Knospen wenigstens anfangs behaart, seitwärts zusammengedrückte Blattstiele, mehr oder weniger rundliche Blätter, 4, 8, selten 15 Staubblätter. Die Silberpappel (Albernbaum, Weißpappel, P. alba L.), ein aus Mittel- und Nordasien, vielleicht auch aus Südeuropa stammender, 30 m hoher Baum von mehr als 1,9 m Stammdurchmesser, mit wenigen tief eindringenden, aber zahlreichen flach streichenden Wurzeln, sehr starken, weit ausgreifenden Ästen, an alten Stämmen borkiger, an den obern Ästen aber stets hell grünlichgrauer Rinde, kurzen Blattstielen, rundlichen oder eirundlichen, grob gezahnten, eingeschnittenen, selbst buchtig gelappten, oberseits dunkelgrün glänzenden, unterseits weißfilzigen Blättern, liebt feuchten Boden, findet sich besonders in Flußniederungen, wächst ungemein schnell, bildet reichlichen Stock- und Wurzelausschlag und variiert stark in der Form der Blätter. Sie bildet eine für größere Landschaftsgärten unentbehrliche Art. Häufig wird mit ihr verwechselt die graue P. (P. canescens Sm.), deren Blätter nicht gelappt, sondern nur buchtig oder eckig gezahnt und unterseits mit leichtem, grauem Haarfilz besetzt sind. Letztere wird auch als Blendling der Silberpappel mit der Zitterpappel betrachtet. Die Zitterpappel (Espe, P. tremula L., s. Tafel „Pappel“), ein 20–25 m hoher Baum von 45–60 cm Stammdurchmesser, mit zahlreichen weit und flach verlaufenden Wurzeln, sparriger Krone, lange glatt bleibender, grüngrauer, im Alter kleinborkenrissiger Rinde, kahlen, mehr oder weniger klebrigen Knospen, rundlichen, ausgeschweift stumpf gezahnten, in der Reife völlig unbehaarten Blättern und 5–6,5 cm langen Blattstielen, gedeiht fast auf jedem Boden und ist durch ganz Europa, Mittel- und Vorderasien bis China und Japan, auch in Nordafrika verbreitet. Sie wächst sehr schnell, besitzt ein sehr großes Ausschlagsvermögen; ihre forstliche Bedeutung ist jedoch sehr untergeordnet, und man betrachtet sie sogar als Unkraut in Saatkulturen. Wo aber bessere Holzarten nicht gedeihen oder zu langsam Abhilfe schaffen, ist sie von Wert. Bestandbildend kommt sie in Deutschland nicht vor, höchstens tritt sie horstweise auf, meist aber untermischt im Nadel- und Laubholzwald. In Gärten ist sie besonders an Teichen und Wasserläufen von Bedeutung, doch werden oft die zahlreichen Ausläufer unbequem. II. Aigairos Dub. (Schwarzpappeln), Rinde rissig, Äste ledergelb, glänzend kahl, Knospen meist etwas klebrig, aber völlig unbehaart, Blattstiele zusammengedrückt, Staubgefäße 15–20, bisweilen nur 6–12. Die Schwarzpappel (Saarbaum, Saarbuche, P. nigra L.), ein über 25 m hoher Baum von oft an 1,8 m Stammdurchmesser, mit teilweise tief eindringenden, teilweise aber auch flach verlaufenden Wurzeln, wenig zahlreichen, weit ausgreifenden Ästen und Zweigen, welche eine sehr lockere Krone bilden, im Alter sehr stark- und tiefrissiger Rinde und rauten- oder deltaförmigen, zugespitzten, gesägten, am Rand kahlen Blättern, findet sich in ganz Europa, Nord- und Mittelasien, in Nordamerika verwildert, wächst sehr schnell, besitzt großes Ausschlagsvermögen und kann, wie die Weide, als Kopfholz behandelt werden (daher Pappelweide). Sie wächst bei uns wenig in Wäldern, viel mehr in der Nähe menschlicher Wohnungen, hat auch nur geringe forstliche, dagegen immerhin eine gewisse Bedeutung für landwirtschaftliche Holzzucht; ihr Laub dient vielfach als Futter für Schafe und Ziegen. In Ungarn, Südrußland und Unteritalien zeigt die Schwarzpappel insofern eine Abweichung von ihrer uns geläufigen Form, als sich ihre Krone mehr und mehr in die Länge zieht, und weiter ostwärts geht sie allmählich in unsre Pyramiden- oder italienische P. über, mit welcher sie nach der Ansicht mehrerer Botaniker identisch sein soll. Sie findet sich allgemein bei Bologna, Ferrara und Modena, wird dort aus Samen erzogen und von vielen Botanikern als selbständige Art (P. italica Mnch., P. pyramidalis Roz.) betrachtet, deren Vaterland

[Ξ]

Pappel.
Espe oder Zitterpappel (Populus tremula).

1. Kurztrieb mit zwei Laubknospen und einem blühenden männlichen Kätzchen. – 2, 3. Männliche Blüte von unten und von der Seite. – 4. Weibliches Kätzchen. – 5, 6. Weibliche Blüte von unten und von der Seite. – 7. Ein Stück eines Fruchtkätzchens. – 8. Reife, noch geschlossene Frucht. – 9. Aufgesprungene Frucht. – 10. Einzelner von einem Haarschopf umhüllter Same. – 11. Beblätterter Trieb.

[686] man in Persien oder Zentralasien sucht. Ende des 17. Jahrh. kam ein Exemplar nach Warschau, 100 Jahre später ein männliches Exemplar nach Wörlitz (aus der Lombardei), und von diesem stammen alle deutschen Exemplare ab. Man kennt in ganz Deutschland nur acht weibliche Bäume. Anfänglich in fürstlichen Anlagen gern benutzt, wurde sie später namentlich Alleebaum; wegen der den benachbarten Äckern schädlichen Ausläufer und des vielen auf ihr vorkommenden Ungeziefers aber wird sie in neuerer Zeit weniger angepflanzt. Die kanadische P. (P. canadensis Mnch., P. monilifera Ait.) wird 30 m hoch, bildet eine längliche Krone, hat mehr oder weniger eckige, in der Jugend von Korkrippen kantige Zweige, beim Entfalten klebrige Knospen, rautenförmige, in der Jugend am Rand behaarte Blätter, völlig unbehaarte Blattstiele, stammt aus Nordamerika und kam erst im vorigen Jahrhundert nach Frankreich, von wo sie sich sehr schnell verbreitete. Sie ist ungemein schnellwüchsig und gewährt viel höhere Erträge als die Schwarzpappel. Sie hat letztere bei uns stark zurückgedrängt und ist für Alleen und Parkanlagen sehr empfehlenswert. III. Tacamahaca Spach, Zweige und Knospen klebrig, Blätter rundlich oder länglich; Blattstiele kurz, rundlich, 20–30 Staubgefäße. Die Balsampappel (P. balsamifera. L.) ist ein in Nordamerika, Sibirien und Nordchina heimischer und dort eine Höhe von 25 m erreichender Baum mit länglicher oder eirund-länglicher Krone, rundlichen oder eckigen, braunroten Zweigen, sehr veränderlichen, eirunden oder herzförmigen, mit verlängerter Spitze versehenen, auch länglichen, gesägten, auf der Unterseite weißlichen, in der Jugend mehr oder weniger behaarten Blättern. Sie wird in mehreren Varietäten kultiviert und wurde früher viel an Wegen angepflanzt, während man sie jetzt der vielen Ausläufer halber nur noch wenig benutzt. Die Pappeln haben vor allem einen hohen landschaftlichen (italienische P., Silberpappel) und wegen der schnellen und reichlichen Holzproduktion auch praktischen Wert. Das Holz ist weich, leicht, regelmäßig spaltbar, nur im Trocknen dauerhaft und wird zu manchen Zwecken als Nutzholz, namentlich auch in der Papierfabrikation und zu Zündhölzern, benutzt. Die Knospen der Schwarzpappel und andrer Arten sind sehr balsamisch und dienen zur Bereitung der Pappelsalbe. Die Pappeln sind nicht wählerisch in Bezug auf den Boden und gedeihen fast überall, sie sind unter allen Bäumen am raschwüchsigsten und eignen sich deshalb gut zu Deckpflanzungen und als Mittelpunkt größerer Gruppen. Sie vertragen auch das Köpfen gut (am wenigsten P. alba, tremula und balsamifera) und machen leicht Stockausschlag.