MKL1888:Page
[608] Page (franz., spr. pahsche, v. ital. paggio), Edelknabe. Schon bei den Römern war es Sitte, schöne, reichgekleidete Knaben zur Bedienung im Haus zu halten, welche unter der Aufsicht alter gedienter Soldaten oder Sklaven, später in besondern Anstalten (Pädagogien) erzogen wurden und deshalb den Namen paedagogianus puer führten, woraus das Wort P. entstanden ist. Von den Römern bürgerte sich der Brauch, Pagen zu halten, an den andern Höfen ein. Als das Ritterwesen sich zu einer geschlossenen, zunftartigen Form ausbildete, erhielten die Pagen den Rang von Lehrlingen, und zwar mußte jeder, um einst die Ritterwürde zu erlangen, die Pagenlaufbahn betreten. Sobald er das siebente Jahr erreichte, wurde er durch mannhafte Erziehung an einem Hof oder in einer Ritterburg vorbereitet „zu Schimpf und Ernst“. Des Pagen Verrichtungen waren die eines gewöhnlichen Dieners, weshalb er auch in Frankreich varlet (valet) hieß; er begleitete seinen Gebieter auf der Jagd wie auf Reisen, richtete seine Botschaften aus, bediente ihn bei Tafel und übte dabei besonders das Mundschenkenamt. Den Damen war es vorbehalten, die Pagen im Katechismus, in den hergebrachten Höflichkeitsformen und in der Verehrung Gottes und der Damen zu unterrichten. Mit der Erhebung zum Schildknappen (s. Knappe) wurde der Jüngling, meist im 14.–18. Lebensjahr, wehrhaft gemacht. Vom Dreißigjährigen Krieg ab finden sich Pagen nur noch vereinzelt an fürstlichen Höfen. Die sogen. Leibpagen treten nach Ablauf ihrer Dienstzeit meist als wirkliche Kammerherren ein. Die hier und da noch bestehenden Pageninstitute (Pageries) mit einem Pagenhofmeister an der Spitze kommen mit den sogen. Ritterakademien ziemlich überein. Am deutschen Kaiserhof fungieren bei Feierlichkeiten Lichterfelder Kadetten in Pagenuniform.