Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Ozokerīt“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 12 (1888), Seite 589
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Ozokerīt. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 12, Seite 589. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Ozoker%C4%ABt (Version vom 11.03.2023)

[589] Ozokerīt (Erd- oder Bergwachs, Bergtalg, Neftgil), Mineral aus der Ordnung der Harze, findet sich nur amorph, ist in der Konsistenz dem Bienenwachs ähnlich, heller oder dunkler grünlich oder bräunlich bis schwarzbraun gefärbt, wird zwischen den Fingern klebrig und nach und nach sehr bildsam, riecht wie Petroleum, oft noch penetranter, spez. Gew. 0,94–0,96, schmilzt bei 58–98°, sehr selten bei höherer Temperatur, und besteht im wesentlichen aus Kohlenwasserstoffen. Eine geringere Sorte, Kenderbal, von grünlichbrauner Farbe und butterartiger Konsistenz, schmilzt bei 58–60°. O. verbrennt mit heller Flamme mit geringem Rückstand oder ohne solchen, er löst sich leicht in Terpentinöl oder fetten Ölen, schwer in Alkohol und Äther, nicht in Wasser und Alkalien. Er findet sich bei Gamming in Niederösterreich, bei Boryslaw und Dzwieniasz in Ostgalizien, auch in Westgalizien, Ungarn, Kroatien, in der Walachei und Moldau, bei Newcastle in England, Swätoi-Ostrow und auf der Insel Tscheleken im Kaspischen Meer, in Transkaukasien, Persien, Ägypten, Algerien, Kanada und Mexiko. In ausbeutefähiger Menge kommt er nur bei Boryslaw und allenfalls bei Dzwieniasz vor. Das Neftgil von Swätoi-Ostrow ist mit dem O. nahezu identisch, weicht aber doch in der Konsistenz nicht unerheblich ab. Man gewinnt den O. bergmännisch, er bildet wie Kohle eigne, sich vielfach wiederholende Flöze, die nicht nur nahe der Oberfläche, sondern auch in bedeutender Tiefe lagern (in Boryslaw über 160 m tief). Die Nester stehen nicht selten unter sehr hohem Druck, und wenn sie geöffnet werden, treibt bisweilen das mit eingeschlossene Gas den O. wie eine weiche Masse hervor, so daß die Arbeiter nach höher gelegenen Stellen des Schachts flüchten müssen. O. erscheint jedoch auch in eingesprengten runden Stücken (Wanzen) oder als Blasenwachs, welches mit eignem hohen Gasdruck durch eine Kluft förmlich ausgeblasen wird. Zur Verarbeitung des Ozokerits wird das rohe Material mit Dampf geschmolzen und nach dem Absetzen in Formen gegossen. Diese Kuchen verarbeitet man auf Ceresin, Paraffin und Mineralöle. Vgl. Perutz, Die Industrie der Mineralöle, des Petroleums etc. (Wien 1868–80, 2 Bde.); Pichler, Über Erdwachs, Erdöl etc. (das. 1879); Gintl, Galizisches Petroleum und O. (das. 1873); Windakiewicz, Erdöl und Erdwachs in Galizien (das. 1875); Bergmann, Petroleum und Erdwachs (das. 1880); Paul, Die Petroleum- und Ozokeritvorkommnisse Ostgalizien (das. 1881).