Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mondfinsternis“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 744745
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Mondfinsternis. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 744–745. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mondfinsternis (Version vom 30.08.2021)

[744] Mondfinsternis, die Verfinsterung des Vollmondes, bei welcher scheinbar eine schwarze Scheibe von O. gegen W. über denselben hinrückt. Diese schwarze Scheibe ist der Schatten der Erde, welche zur Zeit des Vollmondes zwischen Sonne und Mond steht, die Verfinsterung des Mondes daher nichts andres als das Eintreten des Mondes in den Erdschatten. Geht nun der ganze volle Mond durch den Erdschatten, so daß er gar kein Licht von der Sonne erhält, so ereignet sich eine totale M; in jedem andern Fall hat man nur eine partielle M. Jene ist entweder

eine totale mit Dauer oder ohne Dauer, je nachdem der in den Erdschatten eingesenkte Mond eine Zeitlang in demselben verweilt oder nicht. Fallen endlich die Mittelpunkte des Schattens u. der Mondscheibe aufeinander, so heißt die M. zentral, wobei die totale M. 13/4 Stunden dauern kann. Es sei S die Sonne (s. Figur), C die Erde, EHF der von den äußersten Sonnenstrahlen AH und BH begrenzte wahre Erdschatten, welcher nach Grundsätzen der Optik kegelförmig ist und sich bis nach H, etwa 217 Erdhalbmesser weit von ECF, erstreckt. Da nun der Mond nur 60 Erdhalbmesser von C entfernt ist so kann er, wenn ML einen Teil der Mondbahn vorstellt, bei r, wo er von der Erde aus der Sonne gegenüberstehend gesehen wird, mit seinem östlichen Rand in den Schatten treten, bei m gänzlich verfinstert werden und bei t wieder den Schatten verlassen. Die Ursache, warum nicht bei jedem Vollmond eine Finsternis entsteht, ist auf folgende Art zu erklären: Wenn die Papierfläche, worauf die Figur verzeichnet ist, die Ebene der Ekliptik vorstellt, so wird diese von der Mondbahn unter einen Winkel von 51/4° geschnitten. Die gerade Linie, in welcher dieser Schnitt geschieht, heißt die Knotenlinie; von dieser wird also die Mondbahn in zwei Teile geteilt, deren einer über, der andre unter die Fläche der Figur fällt, in welcher die Knotenlinie selbst liegt. Wenn nahe zur Zeit des Vollmondes, wo der Mond nach r kommt, die Knotenlinie nicht weit von der Lage Cm abweicht, d. h. wenn ein Mondknoten in oder nahe bei m fällt, so wird der Mond der Ebene der Ekliptik nahekommen und folglich den Erdschatten treffen können. Ist er aber zur Vollmondzeit von seinem Knoten zu weit entfernt, so kann er entweder unter oder über den Erdschatten weggehen, mithin gar nicht verfinstert werden. Nun ist der größte scheinbare Halbmesser dieses Schattens 47 und der des Mondes 17 Bogenminuten; folglich kann keine M. mehr eintreten, wenn der Abstand des Mittelpunktes des Mondes von der Ekliptik oder seine Breite im Augenblick des Vollmondes übersteigt, wo dann der Mond von seinem nächsten Knoten 12–13° entfernt wäre. Eine totale Verfinsterung wird unmöglich, wenn die Mondbreite übersteigt, in welchem Fall die Entfernung des Mondes vom nächsten Knoten über 6° betragen muß. Allen denjenigen Gegenden, welche den Mond [745] sehen können, erscheint derselbe zu gleicher Zeit und auf gleiche Weise verfinstert, was bei einer Sonnenfinsternis hinsichtlich der Sonne nicht der Fall ist. Übrigens wird der Mond durch seine totale Verfinsterung sehr selten (z. B. 1606 und 1816) völlig unsichtbar; in der Regel erscheint er in einem kupferroten Licht, während bei partieller Verfinsterung der Erdschatten dunkelgrau erscheint. Die frühsten Beobachtungen über Mondfinsternisse wurden von den Chaldäern angestellt. Thales war der erste, welcher auf die Entstehung der Finsternisse durch den Erdschatten hinwies. Vgl. Oppolzer, Kanon der Mondfinsternisse (Wien 1887).