Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mimen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 638639
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Mimen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 638–639. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mimen (Version vom 21.05.2024)

[638] Mimen (griech., „Nachahmer“), vom Syrakusaner Sophron (um 420 v. Chr.) und dessen Sohn Xenarchos [639] ausgebildete Dichtungsart, welche, an die volkstümlichen Possenspiele der Sikelioten anknüpfend, dialogisierte Gemälde aus dem (besonders ländlichen) Lebens Siziliens enthielt. Sie waren in einer mit Sprichwörtern gemischten, volkstümlichen, aber mit rhythmischer Kunst behandelten Sprache abgefaßt und nicht für die Bühne, sondern zur Lesung in geselligen Kreisen und zur Recitation bei Festlichkeiten bestimmt. Platon verpflanzte diese M. nach Athen und benutzte sie für die Färbung seiner Dialoge; Theokrit zog aus ihnen Gewinn für die Charakteristik seiner Idyllendichtung. – Wie diese griechischen M. in Sizilien aus dem Volksleben hervorgingen, so bildete sich in Italien, insbesondere bei den Latinern, der Mimus der Römer aus, welcher als possenhafte Darstellung von Personen und Vorgängen des gemeinen Lebens auf der Bühne wohl so alt war wie diese selbst. Wie bei den Atellanen, von denen sich der Mimus im wesentlichen nur durch das Fehlen der stehenden Charaktermasken unterschied, hatte hier die Improvisation allezeit den weitesten Spielraum. In Rom lange Zeit auf die Winkelbühnen beschränkt, erscheint der Mimus zur Zeit Ciceros an Stelle der Atellanen auch auf den großen Theatern und behauptete sich hier, anfangs als Zwischen- und Nachspiel, später als selbständiges Stück, bis in die späte Kaiserzeit. Die berühmtesten Mimendichter (Mimographen) der Römer waren Decimus Laberius und Publ. Syrus. Durch sie wurde der Kreis der Stoffe erweitert, die Form des Mimus der der übrigen Dramengattungen näher gebracht und die ganze Dichtung zum Litteraturzweig erhoben. Charakteristisch ist, daß Gesichtsmasken und Theaterschuhe bei den M. nicht in Anwendung kamen; dagegen wurden, im Gegensatz zu allen sonstigen Schauspielen, Frauenrollen wirklich von Frauen gegeben, die, wie das ganze Personal, im übelsten Ruf standen. Übrigens werden auch die dramatischen Darsteller solcher Stücke sowie die Schauspieler überhaupt M. genannt.