Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 11 (1888), Seite 376377
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Mayer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 376–377. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mayer (Version vom 20.01.2024)

[376] Mayer, 1) Christian, Astronom, geb. 1719 zu Mederitz in Mähren, trat in den Jesuitenorden und wurde später Professor der Mathematik in Heidelberg. Kurfürst Karl Theodor erbaute ihm eine Sternwarte in Schwetzingen, dann in Mannheim, und hier wurde er der eigentliche Entdecker der Doppelsterne, von denen er das erste Verzeichnis zusammenstellte. Er starb 16. April 1783 in Mannheim.

2) Johann Tobias, Astronom, geb. 17. Febr. 1723 zu Marbach in Württemberg, bildete sich in Eßlingen als Autodidakt zu einem ausgezeichneten Mathematiker, trat in das Homannsche Landkarteninstitut zu Nürnberg, wo er sich um die Verbesserung der Landkarten verdient machte, und ward 1751 als Professor der Mathematik nach Göttingen berufen, wo er 20. Febr. 1762 starb. Sein Ruf als Astronom gründet sich vornehmlich auf seine „Theoria lunae juxta systema Newtonianum“ (Lond. 1767) und die „Tabulae motuum solis et lunae“ (das. 1770). Auch lieferte er eine zwar kleine, aber auf Koordinatenmessungen beruhende Mondkarte. Er erwarb sich ferner Verdienste durch Verbesserung der Winkelinstrumente, Einführung des Multiplikationskreises, Aufstellung einer Theorie der Refraktion und der Finsternisse und durch seine Fixsternverzeichnisse. Aus seinen hinterlassenen Manuskripten gab Lichtenberg „Opera inedita“ (Götting. 1774) heraus, worin im 1. Band seine berühmte Mondkarte.

3) Karl Friedrich Hartmann, Dichter, geb. 22. März 1786 zu Neckarbischofsheim in Württemberg, widmete sich der Rechtswissenschaft, wurde 1824 Oberjustizrat und Oberamtsrichter zu Waiblingen, 1833 Mitglied der Zweiten Kammer, wo er mit Schott, Uhland und Pfizer zur liberalen Opposition gehörte, 1843 Oberjustizrat bei dem Zivilsenat des Gerichtshofs für den Schwarzwaldkreis in Tübingen; starb daselbst, in den letzten Jahren pensioniert, 25. Febr. 1870. Als Dichter zur sogen. schwäbischen Schule gehörig, machte er sich bekannt durch zahlreiche, unter dem Titel: „Lieder“ (Stuttg. 1833, in 3. Aufl. als „Gedichte“ 1864) gesammelte lyrische Gedichte, sinnige Naturbilder von echt poetischer Wahrheit und seltenem Wohllaut der Sprache. Außerdem veröffentlichte er: „Lenaus Briefe an einen Freund“ (2. Aufl., Stuttg. 1853), die Biographie Uhlands im „Album schwäbischer Dichter“ (1. Heft, Tübing. 1861) sowie das umfassendere Werk „Ludwig Uhland, seine Freunde und Zeitgenossen“ (Stuttg. 1867, 2 Bde.). Seine Selbstbiographie erschien im 3. Hefte des genannten „Albums“ (Tübing. 1864).

4) Johann Ernst, Bildhauer, geb. 24. Juni 1796 zu Ludwigsburg, war ein Schüler von Isopi, bei dem er sich besonders im Fach der plastischen Ornamentik ausbildete. Leo v. Klenze berief ihn 1818 nach München, wo er bei Restaurierung antiker Bildwerke thätig war. 1821 besuchte er Italien, wo er auch im Atelier Thorwaldsens arbeitete. 1826 nach München zurückgekehrt, wurde er 1830 zum Professor an der polytechnischen Schule daselbst ernannt und wandte sich sodann mehr der gewerblichen Technik zu. Von seinen zahlreichen Arbeiten sind zu nennen: die Büste Thorwaldsens; zwei sitzende Statuen des Homer und Thukydides für die königliche Bibliothek in München; die Reliefs im Rubenssaal der Pinakothek; die Thaten eines Helden und dessen Einführung in die Walhalla. Er starb 1844 in München.

5) Charles, Klavierspieler und Komponist, geb. 21. März 1799 zu Königsberg, kam schon als Kind nach Petersburg und erhielt hier seine Ausbildung unter Leitung von John Field. 1814 unternahm er seine erste Kunstreise nach Polen, Deutschland und Frankreich und ließ sich 1819 als Klavierlehrer in Petersburg nieder, wo er bis 1845 über 800 Schüler ausbildete. Das Jahr darauf zog er sich nach Dresden zurück und wirkte dort noch gelegentlich als Virtuose, Komponist und Lehrer bis zu seinem Tod 2. Juli 1862. M. ist allbekannt geworden durch seine zahlreichen eleganten, wenn auch wenig tiefen Klaviersachen (über 300 Nummern), worunter sich auch einige Konzerte und treffliche Etüden befinden.

6) Julius Robert von, Naturforscher, geb. 25. Nov. 1814 zu Heilbronn, studierte in Tübingen Medizin, ging zu weiterer Ausbildung nach München und Paris, dann als Schiffsarzt nach Batavia und ließ sich 1841 als Arzt in seiner Vaterstadt nieder, wo er, 1876 in den persönlichen Adelstand erhoben, 20. März 1878 starb. Er war der erste, welcher in seiner Abhandlung „Bemerkungen über die Kräfte der unbelebten Natur“ (Liebigs „Annalen“, Bd. 42, 1842) das Prinzip von der Erhaltung der Kraft oder genauer der Energie in voller Allgemeinheit aufstellte und aus denselben den Satz der Äquivalenz von Wärme und Arbeit folgerte sowie das mechanische Äquivalent der Wärme berechnete (s. Kraft). Reich an originellen Gedanken, verfolgte er in seinen spätern Schriften („Die organische Bewegung in ihrem Zusammenhang mit dem Stoffwechsel“, Heilbr. 1845; „Beiträge zur Dynamik des Himmels“, das. 1848; „Bemerkungen über das mechanische Äquivalent der Wärme“, das. 1851; „Naturwissenschaftliche Vorträge“, Stuttg. 1871; „Die Torricellische Leere und über Auslösung“, das. 1876) das aufgestellte Prinzip mit Kühnheit und Scharfsinn bis in seine äußersten Konsequenzen. Seine gesammelten Schriften gab er unter dem Titel: „Die Mechanik der Wärme“ heraus (Stuttg. 1867, 2. Aufl. 1874). Vgl. Dühring, Robert M., der Galilei des 19. Jahrhunderts (Chemnitz 1879).

7) Friedrich Karl, Maler, geb. 3. Jan. 1824 zu Tölz, besuchte 1844–48 die Kunstakademie in München, bildete sich unter den Architekten Mezger und Voit und den Malern Schlotthauer und Zimmermann und ließ sich nach einer längern Studienreise in Nürnberg nieder, wo er 1855 Professor für Ornamentzeichnen an der Kunstgewerbeschule wurde. Zu seinen Architekturgemälden nahm er die Motive meist aus Nürnberg und Augsburg; mit Vorliebe stellt er [377] Innenräume dar und legt ein besonderes Gewicht auf strenge Zeichnung und richtige Darstellung der Einzelheiten bei feiner Beleuchtung durch einfallendes Sonnenlicht. Seine Hauptwerke sind: das Sakramentshaus der Lorenzkirche zu Nürnberg, das Sebaldusgrab, das Rathaus zu Braunschweig, das Chor des Augsburger Doms, Partie aus dem Dom zu Magdeburg, das Brautthor der Sebalduskirche in Nürnberg, aus dem Münster in Ulm, Aufgang zum Rathaus in Görlitz, aus dem Dom zu Halberstadt und Inneres der Frauenkirche zu München. M. hat auch Entwürfe für kunstgewerbliche Gegenstände geliefert.

8) Adolf, Agrikulturchemiker, geb. 9. Aug. 1843 zu Oldenburg, studierte in Karlsruhe, Heidelberg, Gent und Halle, war 1866 Assistent am Universitätslaboratorium in Halle, 1867 an der agrikulturchemischen Versuchsstation zu Karlsruhe, wurde 1868 Privatdozent und 1875 Professor an der Universität zu Heidelberg. 1876 wurde er zur Begründung des Versuchswesens und als Lehrer an die Rykslandbouwschool zu Wageningen in Holland berufen. M. lieferte seit 1867 verschiedene Arbeiten über Gärung, Assimilation, Pflanzenatmung und schrieb: „Lehrbuch der Agrikulturchemie“ (Heidelb. 1870; 3. Aufl. 1886, 2 Tle.); „Lehrbuch der Gärungschemie“ (das. 1873); „Untersuchungen über die alkoholische Gärung, den Stoffbedarf und Stoffwechsel der Hefepflanze“; „Die Lehre von den chemischen Fermenten oder Enzymologie“ (das. 1882); „Die Kunstbutter“ (das. 1884) u. a.


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 558
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[558] Mayer, 6) Julius Robert von, Naturforscher. Ein Denkmal (Marmorbüste von Kopp) wurde ihm vor dem Polytechnikum in Stuttgart errichtet und 24. Nov. 1889 enthüllt. Vgl. „Robert v. M. über die Erhaltung der Energie“, Briefwechsel mit W. Griesinger (hrsg. von Preyer, Berl. 1889); Weyrauch, Robert M. (Stuttg. 1889).