Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mauerwerk“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 353354
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Mauerwerk. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 353–354. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mauerwerk (Version vom 24.03.2022)

[353] Mauerwerk dient im Befestigungswesen zur Herstellung von Hohlbauten (s. Kasematte) aller Art, wie zur Bekleidung von Böschungen, namentlich der Eskarpe u. Kontreskarpe, um bei trocknen Gräben die Festung sturmfrei zu machen (vgl. Festung, S. 180). In diesem Sinn ist das M. entweder anliegend oder frei stehend. Die Kontreskarpe hat stets anliegendes M., weil frei stehendes dem Angreifer Deckung geben würde. Das anliegende M. der Eskarpe, häufig Revetement genannt, bildet ganze oder halbe Futtermauern; erstere haben 7–10 m Höhe und sind sturmfrei, halbe Futtermauern haben 3–7 m Höhe. Um dem Bodendruck des Wallkörpers zu widerstehen, erhält die äußere, die Stirnfläche durch Abnahme der Mauerstärke von unten nach oben eine Neigung, Talus, welche bei ältern Mauern bis 1/5, bei neuern 1/101/12 der Höhe beträgt. Die obere übergreifende Reihe größerer Steine, Kordonsteine, als Traufsteine dienend, heißt der Kordon, die durch ihn bezeichnete umlaufende Linie die Magistrale, im frühern Festungsbau die Basis der Konstruktion. In alten Festungen steht zuweilen auf dem Kordon zur Bekleidung der äußern Brustwehrböschung eine niedrige Tabletmauer. An die Rückseite der Futtermauern werden Strebepfeiler zur Verstärkung gegen Bodendruck angesetzt; werden dieselben nach hinten verlängert und überwölbt, um den Erddruck [354] von diesem Gewölbe zum Teil tragen zu lassen, so entsteht das Revêtement en décharge (Dechargenmauer); es erschwert das Breschieren, da das Einschießen eines ganzen Strebepfeilers erforderlich ist zum Einsturz der Mauer. Werden diese Strebepfeiler (Widerlager) bis zur Reversseite des Walles verlängert, überwölbt und hinten durch eine Mauer geschlossen, so entstehen Perpendikularkasematten, kasemattiertes M.; erhält die Stirnmauer dieser Kasematten Schießscharten, so heißt dies M. verteidigungsfähiges, zum Gegensatz vom toten M. Die Schießscharten können sowohl Geschütz- als Gewehrscharten sein; erstere kommen nur in oder vor der Eskarpe, in der Kontreskarpe aber nur letztere vor, wenn hinter derselben vor den ausspringenden Winkeln eine Reversgalerie zur Infanterieverteidigung angelegt ist. Die Mauer der Kehlkontreskarpe in neuern Forts führt man auch en décharge auf, läßt aber das Profil der Widerlager und des Gewölbes in die Außenfläche treten und vermauert das Gewölbe; ihrem Aussehen nach heißt diese Mauer Schildmauer. Sie erleichtert das Herstellen von Kasematten durch Ausbau der einzelnen Blöcke. In der neupreußischen Befestigung wird die Eskarpe in der Regel durch eine frei stehende Mauer von 5 m Höhe bekleidet, die früher Gewehrscharten erhielt und dann krenelierte (créneau) Mauer hieß; in neuerer Zeit erhält sie diese nicht und ist dann nur Hindernismauer. Hinter derselben ist 1 m hoch der Rondengang angeschüttet; erhält derselbe Quermauern (Traversenmauern) gegen Enfilade, und werden diese überwölbt zum Schutz gegen Vertikalfeuer, so entstehen Arkaden- oder krenelierte Bogenmauern, zuerst von Montalembert angewendet.