Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Matríkel“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 344
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Matríkel. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 344. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Matr%C3%ADkel (Version vom 19.01.2023)

[344] Matríkel (lat.), das schriftliche Verzeichnis gewisser Personen oder Einkünfte, z. B. auf Universitäten das Verzeichnis, worin die Studenten bei ihrer Aufnahme als Bürger der Universität eingetragen (immatrikuliert) werden, und das Attest, worin ihnen dies bezeugt wird; dann das Verzeichnis der Eingepfarrten einer Kirche oder der Einkünfte einer Pfarrei (Pfarrmatrikel). Die ehemalige deutsche Reichsmatrikel bestand in dem Verzeichnis aller Stände des Deutschen Reichs und ihrer Beiträge zu den Reichsanstalten, bez. der Truppenkontingente, die zu stellen waren. Die von den Reichsständen gezahlten Matrikularumlagen wurden von denselben auf ihre Unterthanen verteilt. An ihre Stelle trat dann zur Zeit des Deutschen Bundes die Bundesmatrikel. Die hiernach von den einzelnen Bundesgliedern zu entrichtenden Beiträge wurden Matrikularbeiträge genannt. Ebenso heißen auch heute die Beiträge, welche von den einzelnen Bundesstaaten zur Bestreitung der gemeinsamen Ausgaben des Deutschen Reichs aufzubringen sind, soweit die letztern nicht durch die etwanigen Überschüsse der Vorjahre sowie durch die dem Reich zufließenden Einnahmen aus den Zöllen, aus den gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern und aus dem Post- und Telegraphenwesen gedeckt werden. Diese Matrikularbeiträge (s. Deutschland, S. 842) werden durch den Reichskanzler bis zur Höhe des budgetmäßigen Betrags und zwar nach Maßgabe der Bevölkerungszahl der einzelnen Staaten ausgeschrieben. Sie sind demnach als eine Art Kopfsteuer zu betrachten, durch welche namentlich diejenigen Kleinstaaten, deren Bevölkerung durchschnittlich eine arme ist, schwer getroffen werden. Um diese Matrikularbeiträge, welche nach Art. 70 der Reichsverfassung nur so lange erhoben werden sollen, als Reichssteuern nicht eingeführt sind, beseitigen zu können, wurde früher die Einführung besonderer Reichseinkommensteuern oder Reichsgewerbesteuern in Vorschlag gebracht (vgl. Hirth, Matrikularbeiträge oder Reichseinkommensteuer, in dessen „Annalen des Deutschen Reichs“, S. 115 ff., Leipz. 1875). Dagegen hat man 1879, um dem Reich hinlängliche eigne Einnahmen zu verschaffen, einen andern Weg eingeschlagen, indem man die indirekten Steuern vermehrte. Doch sind die Matrikularbeiträge auch noch fernerhin formell so lange zu entrichten, als der Antrag Franckenstein in Kraft bleibt, nach welchem der 130 Mill. Mk. übersteigende Betrag der Einnahmen aus den Zöllen und der Tabaksteuer den einzelnen Bundesstaaten nach Maßgabe der Bevölkerung, mit welcher sie zu den Matrikularbeiträgen herangezogen werden, zu überweisen ist, und materiell, solange die eignen Einnahmen des Reichs nicht zureichen, um dessen Bedarf zu decken.