Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Marchantia“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 222223
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Marchantia. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 222–223. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Marchantia (Version vom 23.12.2023)

[222] Marchantia L., Lebermoosgattung aus der Ordnung der Marchantiaceen, meist ausdauernde Gewächse mit fleischigem, gabelig verzweigtem Laub, das [223] auf Mauern, Felsen und an feuchten Stellen grüne Überzüge bildet und mit langen Wurzelhaaren im Boden befestigt ist. Aus den Einbuchtungen des Laubes erheben sich die männlichen Sprosse als scheibenförmige, am Rand lappige Körper mit stielförmigem Träger, auf dessen Scheibe (dem Rezeptakulum) oberseits die Antheridien in flaschenförmigen Höhlungen eingesenkt liegen. Die weiblichen, getrennt von den männlichen auf besondern Pflanzen auftretenden Sprosse erscheinen in Form einer achtstrahlig gelappten, später langgestielten Scheibe (dem weiblichen Rezeptakulum), zwischen deren Lappen unterseits zarthäutige, am Rand gefranste Deckblätter (perichaetia) acht Fächer mit ebenso vielen Doppelreihen von Archegonien bilden. Letztere richten anfangs ihren Halsteil nach unten, krümmen ihn aber dann um den Rand der Scheibe nach obenhin. Bei Gegenwart von Wasser auf der Scheibe des männlichen Rezeptakulums treten aus den Antheridien desselben zugespitzte, mit zwei peitschenförmigen Wimpern versehene Spermatozoiden aus. Fällt nun ein mit Spermatozoiden erfüllter Wassertropfen auf ein weibliches Rezeptakulum, wie solche auf dem Laub weiblicher Pflänzchen in dichter Nachbarschaft der männlichen zu stehen pflegen, so kann Befruchtung stattfinden. Später streckt sich der Stiel der weiblichen Sprosse, und die Befruchtung würde verhindert sein, wenn dann nicht die Deckblätter einen auffallenden Tropfen festhalten und zu den Archegonien leiten würden. Enthält der Tropfen Spermatozoiden, so ist auch dann die Befruchtung gesichert. Ungeschlechtlich vermehrt sich die Gattung M. durch eigentümliche, dem Laub aufsitzende, am Rand gezackte Brutbecher, welche zahlreiche Brutknospen enthalten; auch können sich einzelne Teile des Laubes loslösen und selbständig weiterwachsen. Die einzige deutsche Art ist M. polymorpha L. Das etwas scharfe Laub derselben wurde gegen Leberkrankheiten angewendet und die Pflanze nebst ihren Verwandten als „Lebermoos“ bezeichnet.