MKL1888:Mandelbaum
[180] Mandelbaum (Amygdalus L.), Untergattung der Gattung Prunus (Familie der Rosaceen), kleine Bäume oder Sträucher mit länglich lanzettförmigen Blättern, seitlich aus besondern Knospen vor den Blättern erscheinenden, meist nur zu 1–2 stehenden Blüten, saftloser, samthaariger, bei der Reife unregelmäßig aufspringender Steinfrucht und fast glattem oder mit punktförmigen Gruben versehenem Stein. Die Zwergmandel (A. nana L.), ein 1 m hoher Strauch mit kurzgestielten, lanzettlichen, drüsenlos gesägten Blättern und hell rosenroten Blüten, welche im ersten Frühjahr die langen, rutenförmigen Äste wahrhaft bedecken und vor oder mit den Blättern hervorbrechen, ist in Nordasien, Rußland, Siebenbürgen, den Kaukasusländern und Armenien heimisch und wird bei uns in zahlreichen Varietäten als Zierstrauch kultiviert. Der echte M. (A. communis L., s. Tafel „Nahrungspflanzen II“), ein hoher Baum mit lanzettförmigen, drüsig gesägten, unbehaarten Blättern, mit einer oder mehreren Drüsen am Blattstiel oder ohne Drüsen (var. amara Dec.), kurzgestielten, rötlichweißen Blüten, eiförmiger, etwas zusammengedrückter Steinfrucht mit lederiger, grüner, grauweiß samthaariger Schale, hartem Stein mit tiefen, punktförmigen Gruben und eiförmig spitzen, abgeplatteten Samen, stammt wahrscheinlich aus Syrien, besonders aus dem Antilibanon, und verbreitete sich von da nach Osten und Westen. Homer erwähnt ihn nicht, aber im 6. Jahrh. v. Chr. waren die Mandeln in Griechenland bekannt, während die Römer sie als Nuces graecae nicht vor der Mitte des 1. Jahrh. v. Chr. erhielten. Gegenwärtig wird der M. vielfach in Asien und den Mittelmeerländern gebaut; in Nord- und Mitteldeutschland hält er nur in sehr günstigen Lagen aus, in Südwestdeutschland, besonders in der bayrischen Pfalz, kultiviert man die Abart mit sehr zerbrechlicher Schale (Krach- oder Knackmandel, A. fragilis Dec.). Bittere und süße Mandeln gehören derselben Art an; die Bäume, welche bittere Mandeln liefern, sind als die ursprünglich wilden zu betrachten; Aussaaten von süßen Mandeln geben in der Regel Pflanzen mit [181] bittern Mandeln. Von den verschiedenen Handelssorten sind die süßen von Valence (Dauphiné) die besten, ihr stehen nach Sizilianer (Avola, Girgenti) und Puglieser (Bari), Provencer (Avignon), spanische (Malaga), portugiesische (Oporto, Lissabon). Die geringsten sind die kleinen Barbarica aus dem Marokkanischen. Die besonders große, dicke und wohlschmeckende Ambrosiamandel stammt aus der Gegend von Florenz. Die Krachmandeln kommen besonders aus Marseille und Sizilien. Die kurze, dicke Mandel des Handels mit harter, rundlicher Schale stammt von einer in Südfrankreich kultivierten Aprikose; auch werden solche Aprikosenmandeln und noch mehr das aus ihnen gewonnene fette Öl vielfach aus Syrien in den Handel gebracht. Die bittern Mandeln sind meist spitziger und etwas kleiner als die süßen; die besten kommen aus Sizilien und der Provence, geringere aus Oporto und Marokko. Die süßen Mandeln schmecken angenehm ölig, süß und schleimig, besonders wenn die braune, gerbstoffhaltige Samenhaut abgeschält ist. Sie enthalten bis 55 Proz. fettes Öl, 6 Proz. Zucker, 3 Proz. Gummi, 24 Proz. Eiweißkörper, darunter das fermentartige Emulsin und viel Legumin, außerdem 5 Proz. mineralische Stoffe, namentlich Kalium-, Magnesium- und Calciumphosphat. Die bittern Mandeln enthalten dieselben Stoffe, aber weniger fettes Öl (bis 44 Proz.), außerdem Amygdalin (s. d.), welches beim Zerreiben der Mandeln mit Wasser durch das Emulsin sofort in Bittermandelöl (Benzaldehyd), Blausäure und Zucker zersetzt wird und die giftige Wirkung der bittern Mandeln bedingt. Man benutzt die in Deutschland seit 716 bekannten, von Karl d. Gr. 812 zum Anbau empfohlenen Mandeln als Obst (Dessert, besonders Krachmandeln), zu Backwerk und Konditorwaren, zur Gewinnung von fettem Öl, Bittermandelöl, Bittermandelwasser und Amygdalin, in der Medizin zu Emulsionen, welche auch sonst als Mandelmilch Anwendung finden. Die ausgepreßten und gepulverten Mandeln bilden die Mandelkleie.