Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mandäer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 178
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Mandäer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 178. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mand%C3%A4er (Version vom 06.12.2023)

[178] Mandäer (Mandajje, „die von Manda di chajje [ihrem Christus] Abstammenden“), eine religiöse Sekte Vorderasiens, am untern Euphrat und Tigris, von den Missionären früher Johannischristen, sonst auch Nazoräer, Zabier oder Sabier (von Sobba, „Täufer“) genannt und oft mit den Sabäern oder Himjariten des alten Arabien verwechselt. Die M. bedienen sich jetzt der arabischen Sprache; doch sind ihre Religionsschriften in einem eigentümlichen, dem Syrischen am nächsten stehenden Dialekt verfaßt, den neuerlich Nöldeke grammatikalisch („Mandäische Grammatik“, Halle 1875) behandelt hat. Von ihren Religionsschriften kennt man in Europa: „Sidra rabba“ („Das große Buch“), gewöhnlich, aber grundlos „Liber Adami“ genannt (hrsg. von Petermann: „Thesaurus sive liber magnus etc.“, Leipz. 1867, 2 Bde.); „Sidra di malke“ („Königsbuch“) oder „Sidra di Jahja“ („Buch des Johannes“); „Qolasta“ („Quintessenz“) oder „Sidra di Gatana“, das Ritual der M. (hrsg. von Euting, Stuttg. 1867); den „Diwan“ der M.; „Asfar malwâschê“ („Buch des Tierkreises“) nebst Liedern, Formeln etc. Die Religionslehre der M. basiert auf dem gnostischen Dualismus, doch ist eine genaue Darstellung derselben bei den oft ganz unklaren und sich widersprechenden Angaben schwierig. Ursprünglich waren die Menschen nach ihrer Meinung fromm; später wurden sie von falschen Propheten irre geleitet, deren vier aufgezählt werden: Abrahim, Mischa (Moses), Enbu M’schicha („Prophet Messias“) und Muhammed bar Bisbat (Mohammed). Nach dem Tod gelangen die M. in die Ätherwelt, wo ihnen die unmittelbare Anschauung des „großen Geistes“ (Mânâ rabbâ) zu teil wird. Stets wiederholte Taufe ist ihnen Bedingung der Sündenvergebung. Ihrer Sittenlehre liegen die Zehn Gebote zu Grunde, Fasten haben sie nicht. Priester gibt es drei Grade. Früher war die Sekte der M. sehr ausgebreitet, namentlich werden Basra, Schuschter, Dizful, Bagdad, Kamalawa etc. als ihre Hauptsitze genannt; jetzt findet man sie noch in Schuschter und in der Gegend von Basra. Von den Mohammedanern werden sie bis heute bedrückt. Die besten Nachrichten über die M. besitzen wir von Petermann („Reisen im Orient“, Bd. 2, Leipz. 1861). Vgl. Euting, Die M. (im „Ausland“ 1876, Nr. 12); Chwolson, Die Sabier und der Sabismus (Petersb. 1856, 2 Bde.); Siouffi, Études sur la religion des Soubbas ou Sabiens (Par. 1880).