Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Makler“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 135136
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Makler. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 135–136. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Makler (Version vom 27.11.2023)

[135] Makler (Handelsmakler, Mäkler, Sensāl, ital. Sensale, franz. Courtier, engl. Broker), Unterhändler, dessen Beruf in der unparteiischen Vermittelung von Verträgen besteht, während der Agent die Vermittelung im Interesse einer Partei betreibt. Die Bedeutung des Maklergewerbes liegt einmal darin, daß auf Börsen (Effekten-, Produkten- und Warenbörsen) sowie auf großen Messen und überhaupt auf wichtigen Handelsplätzen für Angebot und Nachfrage Mittelspersonen nötig sind. Außerdem fungieren die M. gleichzeitig als Urkundspersonen, indem von ihnen die Fixierung der Kurse, Marktpreise und Durchschnittswerte ausgeht. Endlich sind ihnen gewisse Hilfsverrichtungen des Handels (Taxen, Gutachten, Versteigerungen etc.) übertragen. Das Geschäft, um dessen Vermittelung und um dessen Abschluß es sich handelt, braucht übrigens nicht notwendigerweise ein Handelsgeschäft zu sein; doch hat das sächsische bürgerliche Gesetzbuch das Versprechen einer Vergütung bei Heiratsvermittelung für ungültig erklärt. Je nach der Art der Geschäfte, welche ein M. zu vermitteln pflegt, unterscheidet man verschiedene Arten des Maklergewerbes: Börsen- (Fonds-) Makler für Geschäfte in Staatspapieren, Aktien und sonstigen Effekten; Wechselmakler (in Frankreich, Belgien, Italien und Spanien Wechselagenten, Agents de change) für das Geld- und Wechselgeschäft; Schiffsmakler (Schiffsprokureure, Frachtmakler, Güterbestätter) für die Seefracht, auch für den Binnentransport; Assekuranzmakler für Bodmerei und Seeversicherung; Warenmakler für das Warengeschäft, wobei dann wiederum zwischen Produkten-, Kolonialwaren-, Holz-, Tabak-, Getreide-, Tuch-, Wein-, Wollmaklern etc. unterschieden wird. Unter den Fondsmaklern gibt es welche, die lediglich Prioritätsobligationen, andre, die ausschließlich Eisenbahnaktien vermitteln, etc. In England und Amerika gibt es besondere M. zur Vermittelung der Verzollung (Zollmakler, Custom-house brokers). Das deutsche Handelsgesetzbuch kennt zwar amtlich bestallte und vereidigte M., denen es den Namen Handelsmakler beilegt; es läßt auch zu, daß ihnen ein ausschließliches Recht auf die Geschäftsvermittelung durch die Partikulargesetze beigelegt wird; aber kein deutscher Staat hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Im Gegenteil hat man in Bremen und Hamburg das Institut der vereidigten M. im wesentlichen beseitigt, und auch in Baden gibt es keine amtlich bestallten M. Im übrigen unterscheidet man unter der Herrschaft des Handelsgesetzbuchs vereidigte M. und freie M., für die man zuweilen den veralteten Ausdruck Winkelmakler und Pfuschmakler (Beiläufer, Bönhasen, in Frankreich Marrons) braucht. Die vereidigten M. haben nach dem Handelsgesetzbuch besondere Pflichten, die den freien Maklern nicht ausdrücklich vorgeschrieben sind, obwohl die meisten derselben es der Sache entsprechend finden, sie gleichfalls zu erfüllen. Die Verpflichtungen der vereidigten M. gehen dahin, für eigne Rechnung keine Handelsgeschäfte zu machen, weder unmittelbar noch mittelbar, auch nicht als Kommissionäre, Korrealschuldner oder Bürgen, zu keinem Kaufmann in dem Verhältnis eines Gehilfen zu stehen, sich nicht untereinander zu associieren, sich zur Abschließung ihrer Geschäfte keiner Gehilfen zu bedienen, Verschwiegenheit zu beobachten, Aufträge nur von persönlich Anwesenden zu übernehmen, ein Handbuch (Manuale) und ein obrigkeitlich paraphiertes Tagebuch (Maklerjournal) zu führen, über die von ihnen vermittelten Geschäfte sofort Schlußnoten und auf Verlangen Auszüge aus ihrem Tagebuch zu geben. Nach dem deutschen Börsensteuergesetz vom 29. Mai 1885 hat der M. für die Börsensteuer (s. d.) von dem durch ihn vermittelten [136] Geschäft aufzukommen. Er ist zur Ausstellung eines Schlußscheins auf dem vorher abgestempelten vorschriftsmäßigen Formular verpflichtet. Diesen Pflichten steht ein Vorrecht gegenüber, welches der vereidigte M. dem freien M. gegenüber hat: das Recht, bei der amtlichen Notierung der Kurse mitzuwirken. In denjenigen Geschäftszweigen dagegen, in welchen Kurse überhaupt nicht notiert werden, hat der vereidigte M. vor dem freien keinen Vorzug, und das Institut der vereidigten M. stirbt hier von selbst langsam aus, weil niemand ein Interesse hat, seine Vereidigung nachzusuchen. Ob im übrigen die Aufrechterhaltung des Instituts wünschenswert sei, ist in letzter Zeit vielfach in Zweifel gezogen worden, da die ausnahmslose Innehaltung des Eides, Geschäfte niemals, auch nicht für die kürzeste Zeit, auf die eignen Schultern zu nehmen, fast unmöglich ist. Der deutsche Juristentag hat sich wiederholt für die Beseitigung des Instituts ausgesprochen. Das deutsche Strafgesetzbuch (§ 266, Ziff. 3) bedroht den verpflichteten M., welcher sich einer Untreue schuldig macht, d. h. absichtlich denjenigen benachteiligt, dessen Geschäft er besorgt, mit Gefängnis bis zu fünf Jahren. Daneben kann auf Geldstrafe bis 3000 Mk. erkannt werden. Die Anstellung der M. erfolgt in Preußen an den Orten, für welche kaufmännische Korporationen oder Handelskammern bestehen, durch diese unter Bestätigung von seiten der Regierung, an andern Orten durch die letztere. In Österreich werden die Warenmakler durch die Handelskammer des betreffenden Bezirks nach Maßgabe des Bedarfs unter Bestätigung von seiten der politischen Landesstelle ernannt; in Bayern erfolgt ihre Ernennung auf Vorschlag der Kaufmannschaft durch den König. In den meisten andern Staaten wirken bei ihrer Anstellung die Kaufmannschaft und die Obrigkeit zusammen. Für seine Bemühung ist der M. berechtigt, nach Abschluß des ihm übertragenen Geschäfts eine angemessene Vergütung, den sogen. Maklerlohn, Sensarie, Kourtage, Maklergebühr (franz. courtage, engl. brokerage, ital. senseria), zu fordern, welche in Prozenten oder pro Mille vom Geldbelauf der Einzelgeschäfte berechnet wird. Beim Kaufgeschäft in Fonds und Aktien versteht sich die Kourtage an manchen Plätzen vom Kaufbetrag (Kurswert), so in London, Wien, Leipzig, Hamburg, an andern vom Nennwert der Papiere (so in Berlin, Frankfurt a. M., Amsterdam, Paris). An den einzelnen Orten sind für die verschiedenen Geschäftsgattungen gewisse feste Kourtagesätze üblich geworden, die zwischen 1/10 und 2 Proz. schwanken. Die Wechsel- oder Fondskourtage ist stets niedriger als der sonstige Maklerlohn, meist 1/10 Proz. (1 pro Mille) oder 1/8 Proz. An den größern Handelsplätzen bestehen zumeist besondere Maklerordnungen. In Frankreich und Rußland haben die M., ähnlich den Notaren, eine privilegierte Stellung und infolgedessen sehr hohe Einnahmen. Thatsächlich sind dort die Stellen verkäuflich. Vgl. außer den Hand- und Lehrbüchern des Handelsrechts das deutsche Handelsgesetzbuch, Art. 66–84; österreichisches Gesetz vom 4. April 1875; französisches Gesetz vom 18. Juli 1866; Code de commerce, Art. 74–90, abgeändert durch Gesetz vom 2. Juli 1862; englisches Gesetz vom 9. Aug. 1870; italienisches Handelsgesetzbuch, I, Tit. 3, Hauptstück 2, Satz 32–67; Grünhut, Börsen- und Maklerrecht (Wien 1875). Über die Geschichte des Instituts der M. vgl. Ehrenberg in der „Zeitschrift für Handelsrecht“ (Bd. 30, Stuttg. 1885).