Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Maissur“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 125
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Maissur. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 125. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Maissur (Version vom 26.11.2023)

[125] Maissur (Mysore), Tributärstaat des britisch-ind. Kaiserreichs im südlichen Teil Vorderindiens, zwischen 11° 38′–15° 2′ nördl. Br. und 74° 42′–78° 36′ östl. L. v. Gr., von den Präsidentschaften Madras und Bombay umschlossen und 64,030 qkm (1163 QM.) groß mit (1881) 4,186,188 Einw., was gegen die Zählung von 1871 eine Abnahme von 869,224 Seelen bedeutet, eine Folge der Hungersnot von 1877, die über 1 Mill. Menschen dahinraffte. M. bildet ein nach N. offenes Dreieck, dessen Seiten, die Ost- und Westghats, im S. in den Nilgiri zusammenlaufen; den westlichen, bergigen und waldigen, am dünnsten bewohnten Teil bildet das Malnad, der ebene Teil mit zahlreichen Städten und Dörfern heißt Maïdan. Die mittlere Erhebung des welligen, von Felsrücken durchzogenen Tafellandes ist 600–800 m; der höchste Berg, der Mulaïnaghiri, erreicht 1925 m. Eine eigentümliche Erscheinung der Landschaft sind die isolierten Granitkegel mit festen Schlössern und meist unerschöpflichen Quellen auf ihrem Gipfel. Die Flüsse, zu den Gebieten von Krischna, Kaweri, Pennar und Palar gehörig, dienen nur zur Bewässerung und speisen ein ausgedehntes Kanalnetz und 37,682 Teiche, von denen der von Sulekereh einen Umfang von 64 km hat. Das Klima ist Europäern nicht unzuträglich; der Regenfall, im W. sehr bedeutend, nimmt nach O. zu ab, bleibt auch in manchen Jahren aus, wodurch Hungersnöte entstehen. Die mittlere Jahrestemperatur schwankt in der Hauptstadt Bangalor zwischen 25,8 und 23,4° C. Von Metallen findet man besonders Magneteisen, auch Kupfer und Gold. Die Wälder bedecken 960 qkm und enthalten namentlich wertvolles Sandelholz, auch viele wilde reißende Tiere, die dem Viehstand immer gefährlicher werden. Der letztere bestand 1878 in 2,297,550 Rindern und Büffeln, 18,549 Pferden, 37,070 Eseln, 1,592,268 Schafen und Ziegen und 32,329 Schweinen. Die Jagd auf Elefanten darf nur von den Regierungsbehörden betrieben werden. Unter Kultur waren 1881: 1,731,961 Hektar. Hauptfrüchte sind: Raghi (Eleusine coracana) und Getreide, dann Reis, Ölsaaten, Kaffee, Kokosnüsse; auch baut man Kartoffeln (900 Hektar) und Cinchona. Die Bevölkerung besteht zu 94,5 Proz. aus Hindu, 5 Proz. sind Mohammedaner; von den 29,249 Christen sind 5188 Europäer und 3040 Eurasier, die Mehrzahl (20,510) sind römische Katholiken; die Zahl der Hindukasten ist eine außerordentlich große. Die Sprache der Mehrzahl (74 Proz.) ist Kanaresisch, nächstdem Telugu, Hindostani, Tamil. Zum Zweck der Verwaltung ist M. in sechs Provinzen eingeteilt; Hauptstadt ist Bangalor. Der Grund und Boden ist Eigentum des Landesherrn, an den eine Abgabe, früher vom Ertrag, jetzt in Geld, entrichtet wird. Die Industrie ist von mäßiger Bedeutung. Bangalor und Kolar haben Eisengießereien, Mattod liefert Ohrringe und Armbänder von Glas, Bangalor schöne Goldschmiedearbeiten, Harihar roten Maroquin, vorzüglich sind die kupfernen Gefäße. M. wird von einem wohlerhaltenen Straßennetz überzogen; durch Eisenbahn sind Bangalor, die Stadt M. und Tumkur mit Madras verbunden. Die Staatseinkünfte betragen 10 Mill., der Tribut an England 245,000 Pfd. Sterl. – Aus dem Sagenkreis tritt M. durch die Inschriften über die Thaten der mächtigen Tschalukiadynastie hervor, deren Herrschaft von 450 n. Chr. bis ins 11. Jahrh. dauerte. Mit ihr teilten in dieser Zeit die Belalakönige zu Dwara-Samudra im nördlichen M. die Macht. Später dehnten die mächtigen Könige von Widschajanagar an der mittlern Tungabhadra sowie die Großmoguls zu Dehli ihre Herrschaft über M. aus. Das eigentliche Reich M. entstand aber 1610 durch Radscha Wodejar, welcher Seringapatam zu seiner Hauptstadt machte. Nach dem Erlöschen seiner Linie schwang sich unter den verschiedenen Prätendenten Haider Ali 1763 auf den Thron, den er wie sein Sohn Tippu Sahib durch Eroberungen mit großem Glanz umgab, bis der letztere im erbitterten Kampf gegen die Engländer 1799 auf den Ruinen seiner Hauptstadt Seringapatam fiel. Diese Stadt blieb seitdem ein von Dschangeln überwachsenes Trümmerfeld. Die Engländer setzten einen Nachkommen der alten Könige auf den Thron, nahmen aber 1831 infolge grober Mißregierung das Land in eigne Verwaltung und setzten erst 25. März 1881 den Tschama Radschendra Wodejar als Maharadscha ein. Doch darf der Fürst weder Forts bauen, noch alte wiederherstellen, seine Armee darf eine bestimmte Höhe nicht überschreiten (jetzt zählt sie 1000 Mann Infanterie, 32 Mann Kavallerie und 6 Geschütze); er darf keine eignen Münzen prägen, weder Salz noch Opium bereiten lassen und Europäer nur mit Bewilligung der englisch-indischen Regierung anstellen. Dagegen dürfen die Engländer Militärstationen errichten und Eisenbahnen und Telegraphen erbauen, wo sie wollen. – Die gleichnamige Stadt, früher Landeshauptstadt, an einer Zweigbahn der Madras-Kalikatbahn, hat einen schönen Palast des Gouverneurs der Provinz, einen großen, verfallenden Palast des Maharadscha und (1881) 60,292 Einw., davon 13,288 Mohammedaner und 1289 Christen.