Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mais“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 123124
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Mais. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 123–124. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mais (Version vom 25.11.2023)

[123] Mais (Zea L.), Gattung aus der Familie der Gramineen. Die einzige Art, der gemeine M. (Welschkorn, türkischer Weizen, Kukuruz, Z. Mais L.), ist einjährig, mit bis 5 m hohem, starkem, markigem Halm, breiten, flachen, gewimperten, oberseits zerstreut behaarten Blättern, monözischen Blüten, männlichen Blüten in endständigen, pyramidalen Rispen mit ährenartigen Ästen, achselständigen weiblichen Blüten am untern und mittlern Teil des Halms, kolbig ährenförmig auf dicker, fleischiger Achse, mit vielen Blattscheiden umhüllt, welche zur Blütezeit nur die langen Narben zwischen den Spitzen verlassen, auch den reifen Fruchtstand noch einschließen. Der M. stammt aus Amerika und soll in Paraguay wild vorkommen. Man baut zahlreiche Varietäten und unterscheidet zunächst amerikanischen und europäischen M. Letzterer umfaßt die Formen, welche sich bei der Kultur in Europa herausgebildet haben. Der amerikanische M. hat meist sehr platt gedrückte Körner mit stärkerm oder schwächeren Eindruck, die oft in eine Spitze ausgehen (Zahnmais), wogegen die Körner des europäischen Maises rundlich und ohne Zahn und Eindrücke sind. Der amerikanische M. ändert in wenigen Jahren bei uns ab; der Halm, ursprünglich 4–5,5 m hoch (Riesenmais), geht auf 2,5 m und weniger herab, und die Körner gestalten sich um. Der amerikanische M. reift auch so spät, daß er für uns als Kornfrucht wenig Wert besitzt. Die zahlreichen europäischen Arten weichen hinsichtlich der Höhe des Halms, der Länge und Gestalt des Kolbens, der Größe und Farbe der Körner und der Reifezeit wesentlich voneinander ab. Die eigentliche Maisregion fällt mit der des Weins zusammen; sein Gedeihen ist aber weniger von der mittlern Jahrestemperatur als von der Höhe der Sommertemperatur abhängig, und er reift noch in Gegenden mit kurzem, aber heißem Sommer. Je nördlicher der M. gebaut werden soll, um so niedrigere Sorten muß man wählen, wenn man reife Körner haben will; als Grünfrucht eignet sich auch noch für Mittel- und Norddeutschland der große badische M. von 2–2,5 m Höhe. Der M. verlangt einen warmen, lockern, tiefgrundigen Boden von mäßiger Frische und reichliche Düngung. Man säet ihn nach der Frostzeit in Reihen, wobei jede Pflanze auf Korn 0,4, auf Grünfutter 0,2 qm Raum beansprucht. Ist die Saat handhoch, so wird sie, wie bei Kartoffeln, durchpflügt, vom Unkraut gereinigt und von den überschüssigen Pflanzen zum Teil befreit. Später entfernt man alle überschüssigen Pflanzen und behäufelt die stehen bleibenden. Die Ernte des Futtermaises beginnt in der Blüte der Fahne, und man schneidet ihn, bis die Körnung beginnt. Bei Körnerbau erntet man, wenn die Deckblätter schlaff werden, die Kolben sich neigen und die Körner ausgebildet, wenn auch noch nicht erhärtet sind. Vor dem Beginn der Ernte kann man die Spitzen der Halme bis gegen den obersten Kolben abschneiden, auch muß man während des Wachstums alle Nebentriebe entfernen. Man säet auf 1 Hektar 1,5–2 Neuscheffel, für Futtermais 2–3 Neuscheffel und erntet von 1 Hektar 43–130 Neuscheffel Körner und 3900 bis 5900 kg Stroh. Der M. behält seine Keimfähigkeit zwei Jahre; ein Neuscheffel wiegt 36,4 kg. Der M. gedeiht auch in eingeschlossener Lage und gerät nach sich selbst mehrere Jahre gut. Er widersteht der größten Hitze und bringt das beste Futter, wenn in regenarmen Sommern Klee, Heu, Kartoffeln versagen. Der M. liefert ein höchst schätzbares Futter für Milchvieh, die Körner machen das Fleisch des Schlachtviehs wohlschmeckender und verfeinern besonders das der Gänse und Schweine. Der M. enthält im Mittel 10,05 Proz. eiweißartige Bestandteile, 2,84 Proz. Zellstoff, 66,78 Proz. Stärkemehl und Dextrin, 4,76 Proz. Fett und 1,69 Proz. Salze bei 13,88 Proz. Wasser. Er wird auf Grieß und Mehl verarbeitet und das Mehl besonders in Amerika zu Brot verbacken. Maisbrei bildet als Polenta die gewöhnliche Kost des italienischen Landmanns, an der untern [124] Donau heißt eine ähnliche Speise Mammeliga. Als Maizena kommt feines Maismehl oder Maisstärke in den Handel. Unreife Maiskolben werden in vielfacher Weise zu Speise zubereitet, besonders auch eingemacht. Der unreife Maisstengel ist so reich an Zucker, daß man diesen daraus fabrikmäßig gewinnen kann. Das Maiskorn verarbeitet man auf Stärkemehl, Spiritus und Bier. Bei der Gärung der Maische scheidet sich ein fettes, dünnflüssiges, trocknendes, in Alkohol von 80 Proz. lösliches, nach der Varietät verschieden gefärbtes, beim Aufbewahren dunkelndes Öl ab, welches technische Verwendung findet. Beim Mälzungsprozeß geht das Fett des Korns zum größern Teil in die Keime, welche man beim Vermahlen absondert und auf Öl verarbeitet. Die Deckblätter der Kolben dienen als Polstermaterial, doch wird das Maisstroh auch auf Papier verarbeitet. Man entkörnt die Kolben mittels Maschinen und benutzt die Spindeln als Brennmaterial. Die Entdecker Amerikas fanden den M. überall, soweit es das Klima zuließ, in Kultur. Seit dem Anfang des 16. Jahrh. säete man ihn in europäischen Gärten, aus denen er auf die Felder überging. Die Venezianer verbreiteten ihn im Orient. Der deutsche Name türkischer Weizen soll wohl nicht eigentlich andeuten, daß wir den M. etwa über Ungarn erhielten, sondern nur im allgemeinen, daß er aus weiter Ferne kam. Gegenwärtig nimmt der M. einen großen Teil von Südeuropa und der Levante ein und ist bis China und Japan und ins tiefste Herz Afrikas gedrungen, so daß er nächst dem Reis die größte Anzahl Menschen ernährt. Seine Kultur reicht in Amerika von 30° südl. Br. bis 50° nördl. Br. und in den tropischen Andes bis 1900 m ü. M. Vgl. Lengerke, Anleitung zum Anbau des M. (2. Aufl., Berl. 1851); L. Müller, Der M. (Heidenheim 1863); Häcker, Amerikanische Reiseskizzen (Braunschw. 1867).