Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mahnverfahren“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 103
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Mahnverfahren. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 103. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mahnverfahren (Version vom 21.11.2023)

[103] Mahnverfahren, im modernen Prozeßrecht ein summarischer Prozeß, welcher bei gewissen Forderungen stattfindet, und dessen Wesen darin besteht, daß auf das einseitige Gesuch des Gläubigers hin an den Schuldner ein bedingter Zahlungsbefehl erlassen wird. Die deutsche Zivilprozeßordnung (§ 628–643) statuiert das M. in der Regel wegen aller Ansprüche, welche die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität andrer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand haben. Die Frist zur Zahlung oder zur Erhebung des Widerspruchs beträgt zwei Wochen. Zum Erlaß des Zahlungsbefehls sind die Amtsgerichte ohne Rücksicht auf die Höhe des Betrags kompetent. Das Gesuch muß enthalten 1) die Bezeichnung der Parteien nach Namen, Stand oder Gewerbe und Wohnort; 2) die Bezeichnung des Gerichts (das Amtsgericht, bei welchem der Schuldner seinen allgemeinen persönlichen Gerichtsstand hat, oder bei welchem der dingliche Gerichtsstand für die im ordentlichen Verfahren erhobene Klage begründet sein würde); 3) die bestimmte Angabe des Betrags oder Gegenstandes und des Grundes des Anspruchs; 4) das Gesuch um Erlaß des Zahlungsbefehls. Das Gesuch kann schriftlich oder mündlich angebracht werden; die Einreichung desselben durch einen Rechtsanwalt ist nicht erforderlich. Mit der Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner treten die Wirkungen der Rechtshängigkeit ein. Wird von dem Schuldner Einspruch nicht erhoben, so ist der Zahlungsbefehl auf Gesuch des Gläubigers für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Die Vollstreckbarkeitserklärung erfolgt durch einen auf den Zahlungsbefehl zu setzenden Vollstreckungsbefehl. Dieser letztere steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten, auf Versäumnis erlassenen Endurteil gleich; es ist also gegen denselben binnen zwei Wochen ein Einspruch zulässig, wie gegen ein Versäumnisurteil. Wird gegen den Zahlungsbefehl Einspruch erhoben, so verliert derselbe seine Kraft mit Ausnahme der Rechtshängigkeit. Will der Kläger die Sache fortsetzen, so tritt das regelmäßige amtsrichterliche oder landgerichtliche Verfahren ein,[WS 1] je nachdem die Sache der Zuständigkeit des Amtsgerichts oder des Landgerichts unterliegt. Im erstern Fall kann jede Partei den Prozeßgegner nunmehr zur mündlichen Verhandlung vor das Amtsgericht laden. Handelt es sich aber um eine Landgerichtssache, so hat der Kläger binnen sechs Monaten ordentliche Klage bei dem zuständigen Landgericht im Anwaltsprozeß zu erheben. Die Kosten des Mahnverfahrens werden alsdann als Teil der Kosten des entstehenden Rechtsstreits angesehen. Nach österreichischem Recht (Gesetz vom 27. April 1873) ist das M. nur zulässig, wenn der geforderte Betrag oder der Wert des in Anspruch genommenen Gegenstandes ohne Hinzurechnung von Zinsen und Nebengebühren die Summe von 200 Gulden nicht übersteigt. Die Einspruchsfrist ist gleichfalls eine 14tägige. Der Einspruch erfolgt nach österreichischem wie nach deutschem Recht formlos, entweder schriftlich oder mündlich zu Protokoll. Gründe brauchen nicht angegeben zu werden. Vgl. Markwardt, Zahlungsbefehl und M. (Landsb. 1879); Meyer, Der Zahlungsbefehl (9. Aufl., Berl. 1880).

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: regelmäßig,| amtsrichterliche oder landgerichtliche Verfahren eine