Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mahmud“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 101102
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Mahmud. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 101–102. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mahmud (Version vom 21.11.2023)

[101] Mahmud, türk. Name. Merkwürdig: 1) M. I., Sultan der Osmanen, Sohn Mustafas II., ward nach der Absetzung seines Oheims Achmed III. 1730 auf den Thron erhoben, schloß mit Persien Frieden, führte 1737–39 mit Österreich und Rußland einen nicht unglücklichen Krieg und starb 1754.

2) M. II., Sultan der Osmanen, geb. 25. Juli 1785 als zweiter Sohn des 1789 gestorbenen Sultans Abd ul Hamid und einer Französin, wuchs im Serail auf und zeigte sich schon in seiner Jugend heftig und grausam. Sein älterer Bruder, Mustafa IV., gab bei [102] seiner Thronbesteigung 1807 den Befehl zu Mahmuds Ermordung; aber dieser wurde durch Mustafa Bairaktar gerettet und nach Mustafas Sturz selbst auf den Thron erhoben (1. Aug. 1808). Um vor allen Thronbewerbern sicher zu sein, ließ er Mustafa IV., dessen Sohn und dessen Mutter erdrosseln, so daß er noch der einzige aus dem Stamm Osmans war. Sein Unternehmen, das Heer nach europäischer Weise zu organisieren, scheiterte an dem Widerstand der Janitscharen. Die Russen, von den Serben unterstützt, eroberten die Türkei bis an die Donau, bis endlich Napoleons I. Zug nach Rußland 28. Mai 1812 den Frieden von Bukarest herbeiführte. Mahmuds Vertrauteste wurden sein Barbier Berber Baschi und dessen gleichfalls ungebildeter Freund Chalet Efendi. Den europäischen Kabinetten gegenüber bewies M. Festigkeit, dagegen hatte er im Innern fortwährend Aufstände zu bekämpfen und wurde dadurch von den mächtigen Statthaltern immer abhängiger. Den Serben gelang es, sich der türkischen Herrschaft zu entziehen; Mehemed Ali machte sich zum Herrn Ägyptens und ebenso der Pascha von Janina zum Herrn von Epirus; andre Provinzen setzten mit Gewalt den Wechsel ihrer Statthalter durch, und Griechenland erhob sich zum Kampf um seine Freiheit. Indes M. blieb ungebeugt und wurde nur noch grausamer. Nach blutiger Vernichtung der seinen Reformplänen abgeneigten Janitscharen im Juni 1826 begann er die neue Reorganisation des türkischen Heers auf europäischem Fuß. In Strömen Bluts erstickte er jeden Widerstand gegen seine Maßregeln. In einem Hattischerif vom 20. Dez. 1827 lehnte M. jede Intervention der christlichen Mächte in der griechischen Frage entschieden ab. Darauf hin erklärte Rußland 1828 an die Pforte den Krieg, der 14. Sept. 1829 durch den Frieden von Adrianopel beendigt wurde. Nachdem nun durch Abtretung Griechenlands die Ruhe erkauft worden war, schritt M. von neuem zur Umgestaltung des veralteten türkischen Staatswesens nach europäischer Weise. Er öffnete europäischer Sitte und Kleidertracht Zugang durch Beispiel und Befehl, unternahm 1831 und 1837 Reisen in die Provinzen, was seit Jahrhunderten kein Sultan gethan, ließ sogar seit 5. Nov. 1831 eine von einem Franzosen redigierte türkische Staatszeitung, „Le Moniteur Ottoman“, in türkischer und französischer Sprache erscheinen und führte in den Schlössern am Bosporus einen ziemlich zwanglosen Hofhalt. Mehr noch als diese Neuerungen erbitterte das Volk, daß sich M. des Alleinhandels mit den asiatischen Waren bemächtigte, die Zölle erhöhte und den Kaffeeschank für sein Monopol erklärte. Mehrere Aufstände mußten blutig unterdrückt werden. 1831 brach der Krieg mit Ägypten aus, und die Niederlage des türkischen Heers bei Konia (21. Dez. 1832) zwang M., russische Hilfe anzurufen und 5. Mai 1833 mit Mehemed Ali nicht bloß den demütigenden Frieden von Kutahia zu schließen, sondern 26. Juni auch mit Rußland das Bündnis von Hunkjar Skelessi einzugehen. Um so eifriger bemühte sich M., durch Einführung der europäischen Zivilisation und Reorganisation des Heerwesens, für die er sich preußische Offiziere, unter andern auch den spätern Feldmarschall v. Moltke, erbat, sein Reich wieder zu Kraft und Tüchtigkeit zu erheben; auch knüpfte er engere Beziehungen mit den europäischen Mächten an, indem er an den Höfen der Großmächte ständige Gesandtschaften errichtete. 1839 beschloß er endlich, Rache an Mehemed Ali zu nehmen; aber der Kampf endete mit der Niederlage des großherrlichen Heers 24. Juni 1839 bei Nisib. M. erfuhr diesen Ausgang nicht mehr. Unmäßigkeit und die Regierungssorgen hatten seine Gesundheit untergraben. Er starb 30. Juni 1839; ihm folgte sein Sohn Abd ul Medschid. Vgl. Bastelberger, Die militärischen Reformen unter M. (Gotha 1874).