Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Magnesĭa“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 7576
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Wiktionary: Magnesia
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Magnesĭa. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 75–76. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Magnes%C4%ADa (Version vom 21.11.2023)

[75] Magnesĭa (Bittererde, Bittersalzerde, Talkerde, Magnesiumoxyd) MgO findet sich in der Natur mit etwas Eisenoxydul als Periklas, mit Eisenoxyd verbunden als Magnoferrit, entsteht beim Verbrennen von Magnesium und wird durch Glühen der basisch kohlensauren M. des Handels (M. alba) dargestellt. Die so gewonnene M. ist um so dichter, je dichter das Rohmaterial war, und je höher man die Temperatur steigerte. Ein bei schwacher Rotglut dargestelltes sehr lockeres Präparat ist als gebrannte M. (M. usta) offizinell. Es ist farb- und geruchlos, schmeckt etwas erdig, schmilzt nur im Knallgasgebläse, spez. Gew. 2,75–3,25, löst sich in 50,000 Teilen Wasser, reagiert schwach alkalisch, gibt, mit 10–12 Teilen Wasser angerührt, in einigen Tagen eine gallertartige Masse von Magnesiumhydroxyd, absorbiert an der Luft allmählich Feuchtigkeit und Kohlensäure, verliert aber diese Eigenschaft wesentlich durch Brennen bei Weißglut, löst sich leicht in Säuren und dient als säuretilgendes Mittel, als mildes Laxans und als Gegenmittel bei Arsenvergiftungen. Man benutzt gebrannte M. auch zum Einbetten von Platintiegeln in gewöhnliche Schmelztiegel, zur Herstellung von Kunstgüssen und Stuckarbeiten und zur Darstellung feuerfester Schmelztiegel und Ziegel. Die Benutzung der M. zu Ziegeln für den Flammofenbetrieb, als basisches Ofenfuttermaterial für den Entphosphorungsprozeß (Thomas-Gilchrist) des Eisens, für Kalk-, Zement- und Strontianitbrennöfen führte zur Herstellung von Magnesiaziegeln aus Magnesit, die aber wegen ihres Kieselsäuregehalts nicht zu allen Zwecken brauchbar sind, und infolgedessen zur Abscheidung von M. aus Chlormagnesiumlaugen der Staßfurter Kaliindustrie und der Meersalinen. Man behandelt diese Laugen mit gebranntem Dolomit und erhält unter Bildung von Chlorcalcium eine Abscheidung von M., die in Filterpressen gepreßt, ausgewaschen, getrocknet und gebrannt wird. Die Abscheidung der M. wird durch einen geringen Zusatz von Zucker (Melasse) sehr gefördert. Die Vereinigten chemischen Fabriken in Leopoldshall löschen gebrannten Kalk in Chlorcalciumlösung. Die erhaltene Lösung enthält neben Chlorcalcium auch Calciumoxychlorid. Der Brei wird mit frischer Chlorcalciumlösung einem Schlämmprozeß unterworfen und die Lösung, welche vorher wiederholt zum Löschen von Kalk dienen kann, in entsprechender Menge mit der Chlormagnesiumlauge aus der Chlorkaliumfabrikation versetzt. Der frei werdende Kalk fällt das in dieser enthaltene Eisenoxyd, das Chlorcalcium die Schwefelsäure als Gips. Die so gereinigte Chlormagnesiumlösung wird schließlich mit dem Hauptteil der Calciumoxychloridlösung vermischt, wobei sich eisen- und thonerdefreie M. ausscheidet. Nach Ramdohr wird Chlormagnesium bei Anwendung einer oxydierenden Flamme und hoch überhitzten Wasserdampfs vollständig in M. und Salzsäure zerlegt. Man soll auf diese Weise reine M. und eine Salzsäure von 21° B. gewinnen. Wird Chlormagnesiumlösung bis auf 40–50° B. verdampft, mit 4–10 Proz. Magnesit versetzt und unter Überleitung von Luft auf Rotglut erhitzt, so entweicht Salzsäure, und man erhält als Rückstand ein Magnesiumoxychlorid, welches durch Erhitzen mit Wasser in M. und Chlormagnesium zerlegt wird. Die von der Firma Ramdohr, Blumenthal u. Komp. dargestellte M. wird zum großen Teil von der Firma Vygen u. Komp. in Duisburg auf Ziegel verarbeitet, welche sich durch sehr große Härte und [76] Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Einflüsse sowie selbstverständlich durch größte Feuerbeständigkeit auszeichnen. Die Steine sind scharf und genau in der Form, dunkelgelb, vom spez. Gew. 2,9–3,0. Sinterungsmittel sind für Magnesiaziegel nicht erforderlich, sobald man sie bei höchster Weißglut fertig brennt. Rührt man stark gebrannte M. mit Wasser an, so erhärtet sie nach Art der Zemente (s. Zement); ein Gemisch von gebrannter M. mit Kreide- oder Marmorpulver gibt, mit Wasser angerührt, einige Zeit dem Wasser ausgesetzt, eine marmorartige, außerordentlich harte Masse. Auch mit Chlormagnesiumlösung liefert gebrannte M. eine steinartige Masse (Sorelscher Zement). Magnesiumhydroxyd (Magnesiumoxydhydrat) MgOH2O findet sich in der Natur als Brucit, entsteht, wie erwähnt, bei Einwirkung von Wasser auf Magnesiumoxyd und wird aus der Lösung von Magnesiasalzen durch Kalilauge gefällt. Es ist farb- und geruchlos, schmeckt sehr schwach bitter, reagiert alkalisch, löst sich in 50,000 Teilen Wasser, verliert beim Erhitzen sehr leicht das Wasser, absorbiert an der Luft Kohlensäure und bildet mit Säuren die Magnesiasalze (s. d.).

[Hier folgt in der Vorlage zunächst das Stichwort Magnesia.]

Magnesĭa, 1) östlichste selbständige Landschaft Thessaliens (s. d.), mit den Gebirgen Ossa und Pelion. – 2) Stadt in Lydien, am nördlichen Abhang des Sipylos, berühmt durch den Sieg der Römer über Antiochos (190 v. Chr.); jetzt Manissa. – 3) Stadt in Karien (Ionien), nördlich vom Mäander und am östlichen Abhang des Thorax, gegründet von Kolonisten aus dem thessalischen M., war eine der drei Städte, welche Artaxerxes dem Themistokles schenkte (der sich gewöhnlich hier aufhielt), und berühmt durch einen Tempel der Artemis, dessen Trümmer beim heutigen Inebazar liegen.