Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Madeirawein“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 4344
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Madeirawein. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 43–44. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Madeirawein (Version vom 20.11.2023)

[43] Madeirawein, der auf Madeira seit 1421 gebaute Wein, welcher frühzeitig großen Ruf erlangte und in Quantitäten von durchschnittlich 25,000 Pipen im Jahr ausgeführt wurde. Man baut den Wein auf der Südseite der Insel an Wänden oder Hürden aus Schilf, auf der Nordseite dagegen wird die Rebe an Kastanienbäumen in die Höhe geleitet. Der junge Wein erhält bei seiner Behandlung im Faß und beim letzten Umfüllen vor dem Export einen Zusatz von Kognak oder Sprit (3 Proz., bei geringern Sorten bis 10 Proz.). Der feinste Wein Madeiras ist der Malvasier (engl. Malmsey), ein sehr süßer, geistiger, balsamischer Likörwein, welcher auf ganz beschränktem [44] Terrain an der Südküste wächst, mindestens sechs Jahre zur vollkommenen Reife bedarf, und dessen beste Sorten nicht in den Handel kommen, sondern der königlichen Familie von Portugal gehören. Der eigentliche M. (trockner M., engl. Dry Madeira) bildet dagegen einen sehr bedeutenden Handelsartikel und ist neben Portwein und Champagner der wertvollste Weltwein. Um ihn schneller zu zeitigen, lagert man ihn auf der Insel in großen heizbaren Magazinen; ein viel besseres Resultat aber erzielt man, wenn man den Wein wiederholt nach Westindien sendet. Der völlig reife Wein heißt Vino di Roda. Man unterscheidet zwei Sorten Dry Madeira: den Sercial, angeblich aus rheinischen Rieslingtrauben, und Boal. Gut abgelagerter M. hat eine milde Fülle, ein köstliches, prickelndes, hochfeines Aroma und einen Reichtum an Geist, die ihn von jeher in die erste Klasse der Weine gestellt haben; er ist einer der stärksten und schwersten Weine und enthält 16–20 Proz. Alkohol. Kein Wein wird so viel verfälscht oder nachgemacht wie der M.; man ersetzt ihn durch die verschnittenen Weine der südkanarischen Inseln, der Azoren, des Kaps und Spaniens und treibt in Frankreich (Cette, Marseille), Magdeburg, Hamburg etc. die entschiedenste Pantscherei, indem man besonders alte Weißweine, auch Obstwein, mit Nußschalenextrakt, Honig etc. auf M. verarbeitet. Roter M. ist der Tinto (Inselburgunder), welcher, solange er jung ist, dem Burgunder gleicht, im Alter aber dunkel bernsteinfarben wird und sehr reich an Gerbstoff ist. Guter M. wirkt bei Schwächezuständen entschieden kräftigend auf den Organismus. Man trinkt ihn als sogen. Frühstückswein und als Vorwein (nach der Suppe), seltener als Dessertwein. Der Weinstock wurde aus Cypern oder Kreta im 15. Jahrh. auf Madeira eingeführt; er gedieh vortrefflich, und die Ernte gab bis 83,600 hl. Aber 1852 zerstörte das Oidium sämtliche Weinberge. Von neuem angepflanzt, erholten sie sich wieder; aber 1873 erschien die Phylloxera, und die Weinproduktion sank abermals, hob sich indes bis 1882 wieder auf 16,609 hl. Doch dürfte die Produktion schwerlich wieder die Hälfte der frühern erreichen, weil inzwischen die Verhältnisse (Zölle, Mode) sich für den M. sehr ungünstig gestaltet haben. Vgl. Smyth, L’île de Madère et la vérité sur ses vins (Par. 1878).