Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Mac Mahon“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 11 (1888), Seite 35
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Mac Mahon. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 11, Seite 35. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Mac_Mahon (Version vom 20.11.2023)

[35] Mac Mahon (spr. mack ma-óng), Marie Edme Patrice Maurice de M., Herzog von Magenta, Marschall von Frankreich, geb. 28. Nov. 1808 zu Sully bei Autun aus einer altirischen Familie, welche nach dem Sturz der Stuarts nach Frankreich auswanderte, trat 1825 in die Kriegsschule von St.-Cyr, 1830 als Leutnant in das 4. Husarenregiment, ward als Rittmeister nach Afrika versetzt, zeichnete sich 1837 bei dem Sturm auf Konstantine aus, wurde 1845 zum Obersten des 41. Linienregiments, 1848 zum Brigadegeneral ernannt und mit der Verwaltung der Provinz Oran und später der Provinz Konstantine betraut. Seit 1852 Divisionsgeneral, kehrte er 1855 nach Frankreich zurück und erhielt den Befehl der 1. Division in Bosquets Korps in der Krim. Er traf noch zeitig genug vor Sebastopol ein, um am Sturm auf den Malakowturm 8. Sept. teilzunehmen, worauf er die Senatorwürde erhielt. Nachdem er 1857 als Divisionschef gegen die Kabylen gefochten und ihm 1858 der Oberbefehl über die Land- und Seemacht der Kolonie übertragen worden war, befehligte er im italienischen Krieg das 2. Armeekorps und gab mit demselben bei Magenta (4. Juni 1859) durch einen rechtzeitigen Angriff auf Magenta in der rechten Flanke der Österreicher den siegreichen Ausschlag. Noch auf dem Schlachtfeld ward er zum Marschall und zum Herzog von Magenta ernannt. Auch an der Schlacht bei Solferino (24. Juni 1859) hatte er rühmlichen Anteil. Hierauf kommandierte er die zweite Armeedivision zu Lille und ward 1864 Pélissiers Nachfolger als Gouverneur von Algerien. 1870 erhielt er das Kommando des 1. Korps, mit dem Hauptquartier in Straßburg. Als Napoleon seine Angriffspläne aufgab, ging M. nach Zabern zurück, zog eine Division des 7. Korps von Félix Douay an sich und nahm nach dem Gefecht bei Weißenburg (4. Aug.) eine vortreffliche Verteidigungsposition bei Wörth ein. Hier schlug er mit großer Tapferkeit und seines alten Ruhms würdig die blutige Schlacht von Wörth (s. d.), ward jedoch besiegt und zu einem Rückzug genötigt, welcher schließlich in wilde Flucht ausartete, da Mac Mahons hartnäckige Versuche, den Feind zurückzuwerfen, die letzten Kräfte seiner Truppen erschöpft hatten. M. sammelte die Überreste seines Korps hinter den Vogesen, deren Defileen zu sperren er versäumte, und führte sie mit großer Schnelligkeit nach Châlons, wo ihm der Oberbefehl über die dort nach und nach vereinigten Korps: 1, 5 und 7, die notdürftig reorganisiert wurden, und das neuformierte 12. Korps, zufiel. Er erhielt von der Regentschaft in Paris den Auftrag, mit dieser etwa 120,000 Mann zählenden Armee nach Metz aufzubrechen, um dem in Metz eingeschlossenen Bazaine die Hand zu reichen und den Krieg in den Rücken des Gegners zu spielen. Obwohl der Marschall sich anfänglich weigerte, diesen Auftrag auszuführen, entschloß er sich zuletzt doch, den wiederholten bestimmten Weisungen aus Paris, welchen auch der in Mac Mahons Hauptquartier anwesende Kaiser sich fügte, zu gehorchen, und er begann nun 23. Aug. den Marsch auf Metz, aber so unentschlossen und langsam, daß die deutschen Armeen die berühmte Rechtsschwenkung machen und ihn nach der belgischen Grenze drängen konnten. Als M. Metz aufgab und nach Mézières zurückweichen wollte, war es zu spät. Er wurde auf Sedan geworfen und hier 1. Sept. angegriffen. Früh am Morgen durch einen Granatsplitter sehr schwer am Schenkel verwundet, mußte er die Leitung der Schlacht an Ducrot abgeben, wodurch ihm die schmerzliche Pflicht, die Kapitulation zu unterzeichnen, erspart blieb. Er geriet mit der übrigen Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft. Der allgemein bekannten Rechtschaffenheit und fleckenlosen Reinheit seines Charakters, dann auch seiner oft bewiesenen glänzenden Tapferkeit und seinem, wiewohl etwas übertriebenen, Kriegsruhm hatte es M. zu verdanken, daß er nicht bloß mit der Anklage des Verrats verschont, sondern auch nach Abschluß des Waffenstillstandes mit dem Oberbefehl der „Armee von Versailles“ betraut wurde, um die „Kommune“ in Paris niederzuwerfen. Auch nach glücklicher Unterdrückung dieses Aufstandes (vgl. seinen Bericht: „L’armée de Versailles depuis sa formation jusqu’à la complète pacification de Paris“, Par. 1871) behielt er das Kommando der Armee von Versailles und Paris. Seine Loyalität und scheinbare politische Neutralität ließ ihn der monarchischen Koalition für das Amt des Präsidenten der Republik geeignet erscheinen, um unter seinem Schutz die Restauration des bourbonischen Königtums ins Werk zu setzen. M. ging darauf ein und nahm die nach Thiers’ Sturz 24. Mai 1873 auf ihn gefallene Wahl an. Indes trotz aller Unterstützung von seiten des neuen Präsidenten mißlang die Restauration infolge des Starrsinns des Grafen Chambord, und M. sicherte sich nun eine starke Exekutive durch die von der Kammer 20. Nov. 1873 bewilligte Verlängerung seines Präsidiums auf sieben Jahre, das sogen. „Septennat“. Doch hielt sich M., seiner politischen Befähigung entsprechend, von der eigentlichen Regierung sehr zurück und beförderte nur die Begünstigung des Ultramontanismus durch seine Ministerien, zumal da seine Gemahlin bigott katholisch war. Da er die Konstituierung der Republik durch die Verfassung vom 25. Febr. 1875 und die Bildung eines republikanischen Ministeriums duldete, so waren auch die Republikaner mit ihm zufrieden. Als er aber 16. Mai 1877, von seiner reaktionären Umgebung bewogen, das Ministerium Simon fortschickte und durch Broglie und Fourtou antirepublikanische Neuwahlen betreiben ließ, ja sogar für die ministeriellen Kandidaten persönlich eintrat, verlor er sein Ansehen. Die Neuwahlen fielen gegen ihn aus, und da er weder einen Staatsstreich machen, noch zurücktreten wollte, mußte er 14. Dez. sich der Entscheidung des Landes unterwerfen und wieder ein streng republikanisches Ministerium annehmen. Da ihm aber seine Lage unerträglich war und er nach den weitern Wahlen auf einen Umschwung nicht hoffen konnte, so nahm er das Verlangen der Minister nach Absetzung mehrerer Waffengefährten zum Anlaß, um 30. Jan. 1879 seine Entlassung einzureichen und sich in das Privatleben zurückzuziehen.