Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lucullus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 957
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Lucullus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 957. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lucullus (Version vom 10.08.2021)

[957] Lucullus, Lucius Licinius, röm. Feldherr, that sich im Marsischen Krieg 90 v. Chr. zuerst hervor, nahm als Legat unter Sullas Oberbefehl am ersten Mithridatischen Krieg teil und ward, nachdem er 79 mit seinem Bruder Marcus kurulischer Ädil und 77 Prätor gewesen war und hierauf Afrika verwaltet hatte, 74 Konsul und mit Führung des Kriegs zu Land gegen Mithridates beauftragt. Es gelang ihm, Mithridates, welcher Kyzikos belagerte, die Zufuhr der Lebensmittel abzuschneiden, wodurch er genötigt ward, die Belagerung aufzuheben und die Flucht zu ergreifen (73). L. verfolgte das nach Westen fliehende Landheer, vernichtete dasselbe zum großen Teil am Fluß Äsepus und wandte sich dann nach dem Osten, wo er bis 71 mit der Belagerung der bedeutendsten Städte in Bithynien, Paphlagonien und in Pontos beschäftigt war. Unterdessen hatte Mithridates ein neues Heer von 40,000 Mann Fußvolk und 4000 Reitern gesammelt, wurde aber bei Kabeira geschlagen und genötigt, sich zu seinem Schwiegersohn Tigranes, dem König von Armenien, zu flüchten. L. verfolgte ihn bis nach Talaura in Kleinarmenien und kehrte sodann nach Pontos zurück, das er ganz unterwarf. Da Tigranes sich weigerte, Mithridates auszuliefern, brach L. 69 mit 12,000 Mann zu Fuß und 3000 Reitern von Pontos auf, setzte bei Melita über den Euphrat, schlug das feindliche Heer von 20,000 Bogenschützen und Schleuderern, 56,000 Reitern, 150,000 Mann Fußvolk am Fluß Nikephoros 6. Okt. 69, eroberte die Stadt Tigranokerta, erfocht am Arsanias einen neuen Sieg und wandte sich sodann, da sein Heer sich weigerte, weiter nach Osten vorzudringen, gegen Mesopotamien, wo er Nisibis 68 eroberte. Hierdurch wurde es dem Mithridates möglich, in sein Königreich zurückzukehren und es wiederzuerobern. L. brach zwar 67 von Nisibis auf, um es ihm wieder zu entreißen; auf dem Marsch aber brach unter seinen Truppen eine Meuterei aus, und zugleich wurde ihm angezeigt, daß ihm, hauptsächlich durch die Ränke der Ritter, deren Bedrückungen in Asien er Einhalt gethan hatte, der Oberbefehl entzogen sei. Er kehrte also nach Rom zurück, wo er erst 63 nach Überwindung mehrfacher Hindernisse zur Ehre des Triumphs gelangte. Fortan lebte er als Privatmann in Rom und genoß die Reichtümer, die er aus Asien gebracht hatte, in sprichwörtlich gewordener Üppigkeit, blieb daneben jedoch auch edlern Beschäftigungen nicht fremd. Während seines Aufenthalts in Griechenland und Asien war er mit vielen damals lebenden Philosophen vertraut geworden. Sein vornehmster Lehrer war der Akademiker Antiochos gewesen, der ihn auch auf einigen seiner Feldzüge begleitete. Nach seiner Rückkehr nach Rom setzte er das Studium der Philosophie fort, zog viele Gelehrte nach Rom und machte sein Haus zu deren Sammelpunkt. Auch legte er eine Bibliothek an, deren Gebrauch dem Publikum frei stand, und die auch Cicero benutzte. Seine Geschichte des Bundesgenossenkriegs in griechischer Sprache ist verloren gegangen. Er starb zwischen 58 und 56. L. war es auch, der 72 oder 71 den Kirschbaum aus Kerasos in Pontos zuerst nach Rom brachte und daselbst anpflanzen ließ. – Sein Sohn, mit dem Vornamen Marcus oder Lucius, geboren nach 66, wurde unter Vormundschaft seines Oheims Marcus Cato und des Cicero erzogen und fand den Tod bei Philippi 42. L.’ jüngerer Bruder, Marcus Licinius L. oder, wie er nach seiner Adoption durch M. Terentius Varro hieß, Marcus Terentius Licinianus Varro, war 73 Konsul, dann 72 Statthalter in Makedonien, als welcher er einen Kriegszug gegen die Thraker unternahm, auf dem er bis an das Schwarze Meer vordrang; er starb bald nach seinem Bruder.