Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Lindenau“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 803
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Lindenau. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 803. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Lindenau (Version vom 17.04.2022)

[803] Lindenau, stadtähnlicher Flecken in der sächs. Kreis- und Amtshauptmannschaft Leipzig, 2 km westlich von Leipzig und mit diesem durch eine Pferdebahn verbunden, am Austritt der Luppe aus der Weißen Elster und an den Linien Leipzig-Zeitz der Preußischen sowie Gaschwitz-Plagwitz-L. der Sächsischen Staatsbahn, hat eine neue Kirche, Eisengießereien und Maschinenfabriken, Rauchwarenzurichtereien und -Färbereien, Baumwollspinnerei, mechanische Weberei, Spitzen-, Koffer- und Lederwaren-, Treibriemen- und Seifenfabrikation, Fabriken für ätherische Öle, Essenzen, Chemikalien, Dachpappe, Holzzement, Parkettfußböden, Pianofortes etc., Roßhaarspinnerei, ein Blechwalzwerk, Dampfsägewerke, Bierbrauerei, viele Kunst- und Handelsgärtnereien und (1885) 15,344 meist evang. Einwohner.

Lindenau, Bernhard August von, sächs. Staatsmann und ausgezeichneter Astronom, geb. 11. Juni 1779 zu Altenburg, studierte in Leipzig die Rechte und Kameralwissenschaften, ward 1798 Assessor im Kammerkollegium zu Altenburg und 1801 Kammerrat daselbst, widmete sich aber daneben, wie schon in Leipzig, mathematischen und astronomischen Studien und ward 1808, mit Beibehaltung seiner Anstellung in Altenburg, zum Direktor der Sternwarte auf dem Seeberg bei Gotha ernannt. 1812 machte er eine Reise durch Holland, Frankreich, einen Teil Spaniens und Italien. Im März 1814 folgte er dem Großherzog Karl August von Weimar, der ihn zum Oberstleutnant und Generaladjutanten ernannt hatte, nach Paris. 1815 trat er wieder in seine frühere Stellung in Altenburg ein, wurde 1817 Vizepräsident der dortigen Kammer, 1818 Vizelandschaftsdirektor und 1820 Geheimrat und Minister in Gotha, wo er während der Regierung des letzten Fürsten der gothaischen Linie, des schwachen Herzogs Friedrich IV., die öffentlichen Angelegenheiten mit großer Umsicht leitete. Nach dem Tode des Herzogs (1825) trat er 1827 als Geheimrat in königlich sächsische Dienste, wurde Gesandter beim Bundestag, 1829 aber nach Dresden zurückberufen, wo er Direktor der Kommerziendeputation und Mitglied des Geheimratskollegiums sowie Oberaufseher der königlichen Museen wurde. In den Septembertagen 1830 zum Kabinettsminister befördert, hatte er wesentlichen Anteil an der Verfassung Sachsens vom 4. Sept. 1831 und übernahm das Ministerium des Innern, mußte dasselbe aber wegen Kränklichkeit 1834 abgeben und war fortan als Staatsminister ohne Departement bloß mit der Direktion der Straf- und Versorgungsanstalten, der Akademie der Künste sowie mit der Oberaufsicht der königlichen Bibliothek, der Museen und Sammlungen, welche durch ihn eine gänzliche Umgestaltung erfuhren, beschäftigt. Nach dem Landtag von 1843 nahm er, gehaßt von der Reaktion, angefeindet von den Liberalen, seinen Abschied und zog sich auf sein Landgut Pohlhof bei Altenburg zurück. 1848 war er Abgeordneter zur deutschen Nationalversammlung. Er starb 21. Mai 1854 in Altenburg. Seine wertvollen Kunstsammlungen mit dem eigens dazu erbauten Museum sowie seine Bibliothek vermachte er dem Land; auch bestimmte er einen Teil seines Vermögens zur Unterstützung junger Künstler und Techniker, gering besoldeter Geistlichen und Lehrer. Von Lindenaus Schriften, welche den gründlichen Astronomen bekunden, sind hervorzuheben: „Tables barométriques pour faciliter le calcul des nivellements et des mesures des hauteurs par le baromètre“ (Gotha 1809); „Tabulae Veneris“ (das. 1810); „Tabulae Martis“ (Eisenb. 1811); „Investigatio nova orbitae a Mercurio circa solem descriptae“ (Gotha 1813); „Geschichte der Sternkunde im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts“ (das. 1811). Er setzte Zachs „Monatliche Korrespondenz der Erd- und Himmelskunde“ (1807–14) fort und gab mit Bohnenberger[WS 1] die „Zeitschrift für Astronomie“[WS 2] (Tübing. 1816–18, 6 Bde.) heraus.

Anmerkungen (Wikisource)