Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Leisewitz“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 673
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Leisewitz. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 673. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Leisewitz (Version vom 04.08.2021)

[673] Leisewitz, Johann Anton, Dichter der Sturm- und Drangperiode, geb. 9. Mai 1752 zu Hannover, studierte in Göttingen seit 1770 Rechtswissenschaft und befreundete sich hier mit Hölty und den übrigen Dichtern des Hainbundes, in den er 2. Juli 1774 einstimmig aufgenommen ward. Im Oktober d. J. ließ er sich als Advokat in Hannover nieder, siedelte aber im November 1775 nach Braunschweig über, wo er mit Eschenburg, Lessing in Wolfenbüttel, Mauvillon u. a. in Verkehr trat. Bei einem Besuch in Berlin im Sommer 1776 lernte er auch Nicolai und in Weimar 1780 Herder, Wieland und Goethe kennen. Zu Anfang 1778 zum Sekretär der braunschweigischen Landschaft ernannt, hatte er Muße genug, um mehreres aus dem Englischen zu übersetzen und Materialien zu einer Geschichte des Dreißigjährigen Kriegs zu sammeln, die er aber liegen ließ und vernichtete, als Schillers Werk über denselben Gegenstand erschien. 1786 wurde er mit dem Titel Hofrat zum Lehrer des braunschweigischen Erbprinzen für Geschichte und Landesverfassung ernannt, 1791 mit einem Kanonikat bedacht, 1792 aber zum Sekretär der Geheimen Kanzlei, 1801 zum Geheimen Justizrat und Mitglied des Geheimratskollegiums befördert. Er starb 10. Sept. 1806. L.’ einziges Trauerspiel: „Julius von Tarent“ (Leipz. 1776), ward während der Sturm- und Drangperiode wegen der darin herrschenden kraftgenialen Gewaltsamkeiten der Charakteristik und um eines gewissen hochfliegenden Pathos willen für ein dichterisches Meisterwerk erachtet, eine Meinung, welche die nachfolgende Zeit nicht teilen konnte. Den Mangel eigentlich schöpferischer Kraft dokumentierte L. durch sein völliges Verstummen nach der Herausgabe jener Tragödie. Er soll noch ein Lustspiel: „Die Weiber von Weinsberg“, verfaßt haben, das aber wie seine übrige litterarische Hinterlassenschaft seiner Anordnung gemäß nach seinem Tod vernichtet wurde. Außerdem übersetzte er G. Glas’ „Geschichte der Entdeckung und Eroberung der Kanarischen Inseln“ (Leipz. 1777) aus dem Englischen und gab eine Schrift „Über die bei Einrichtung öffentlicher Armenanstalten zu beobachtenden Grundsätze etc.“ (Braunschw. 1802) heraus. Seine „Schriften“ mit Biographie gab Schweiger gesammelt heraus (Braunschw. 1838; neue Ausg., Berl. 1870). Vgl. Kutschera, Johann Anton L. (Wien 1876).