Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Leiche“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 650
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Leiche. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 650. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Leiche (Version vom 19.03.2023)

[650] Leiche (Leichnam, Cadaver), der tierische und menschliche Körper nach dem Tod, auch wohl die abgestorbene Pflanze. Von den organischen Substanzen, aus welchen der tierische Körper besteht, beginnen die leichter zersetzbaren sofort nach dem Tod andre Umwandlungen zu erleiden als im Leben, und es treten infolgedessen die Leichenerscheinungen ein. Das Blut und die Muskelflüssigkeit gerinnen, es entsteht die Totenstarre, das Blut fließt nach tiefer gelegenen Stellen (Blutsenkung) und färbt oft blasse Körperteile rotblau (Totenflecke). Sehr bald erzeugt dann die Fäulnis tiefer greifende Veränderungen, und es entwickelt sich ein charakteristischer Leichengeruch. Soll die L. konserviert werden, so bringe man sie gleich nach dem Tod in ein kaltes, luftiges Zimmer, lasse sie hier leicht bedeckt erkalten und sorge durch Auflegen von Eis auf den Körper für möglichst starke Abkühlung. Die bedeckenden Tücher sind mit Chlorkalk zu bestreuen, und auf das Gesicht legt man ein in Essig getränktes Tuch. Über Einbalsamieren der L. s. d. Für den Gerichtsarzt gilt die weite Erklärung von L. (jedes tote menschliche Wesen) nicht, da das Gesetz weder Frühgeburten, welche noch keine eigne Existenz auf die Dauer außerhalb der Mutter fristen können, noch mißbildete lebensunfähige Kinder als L. anerkennt, selbst wenn sie zur Zeit der Geburt gelebt haben und alsdann gestorben sind. Nach den Entscheidungen des frühern preußischen Obertribunals sind also nur ausgetragene und bei der Geburt lebensfähige Kinder, welche während oder nach der Geburt sterben, mit zu den toten Menschen zu rechnen und im Obduktionsprotokoll gleich ältern Individuen als L. zu bezeichnen. – L. in der Buchdruckerei: vom Setzer ausgelassene Wörter od. Sätze.