Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kopieren“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 10 (1888), Seite 6869
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Kopieren. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 10, Seite 68–69. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kopieren (Version vom 19.04.2021)

[68] Kopieren (lat.), das Vervielfältigen von Schriften und Zeichnungen auf mechanischem Weg; das K. von Schriften geschieht jetzt ganz allgemein mit Hilfe der Kopierpresse und Kopiertinte (s. Tinte). Die Kopierpresse besteht aus zwei eisernen Platten, welche durch eine Schraube oder ein Exzentrik aneinander gepreßt werden. Das zu kopierende Schriftstück legt man auf ein Blatt Wachspapier und bedeckt es mit einem gleich großen Blatt ungeleimten Seidenpapiers, das entweder vorher mit einem Schwamm befeuchtet, oder mit einem Stück feuchten Schirtings bedeckt wird; schließlich legt man noch ein Blatt Wachspapier auf und setzt das Ganze dem Druck der Kopierpresse aus. Die Tinte wird durch die Feuchtigkeit etwas erweicht, und es dringt davon so viel durch das Seidenpapier hindurch, daß die Schriftzüge auf der obern Seite desselben lesbar werden. Gute Kopiertinte gestattet etwa drei Abzüge zu nehmen; wenn man aber mit einer konzentrierten Lösung von Blauholzextrakt schreibt und das Papier nicht mit Wasser, sondern mit einer schwachen Auflösung von neutralem chromsauren Kali tränkt, so kann man 20 Abzüge nehmen. Da beim K. die Schrift nur dann leserlich wird, wenn sie durch das Kopierpapier hindurchschlägt, so kann man geleimtes Papier nicht gebrauchen; letzteres verhält sich aber gegen Spiritus ebenso wie ungeleimtes Papier gegen Wasser, und man gelangt daher ebenfalls zum Zweck, wenn man beim K. dem Wasser so viel Weingeist zusetzt, daß das Papier beim Befeuchten durchscheinend wird. Nach einer andern Methode kopiert man während des Schreibens, indem man weißes Papier zwischen Blätter von auf einer Seite geschwärztem oder mit Berliner Blau und Schweineschmalz bestrichenem Papier legt und auf dieses schreibt. Nimmt man recht dünnes Papier und schreibt mit einem senkrecht gehaltenen Stift aus Stahl, Achat oder Elfenbein, so kann man leicht 6–8 Kopien erhalten. Wendet man zum K. Seidenpapier an, so kann man auch auf beiden Seiten bestrichene Blätter benutzen, die dann je zwischen zwei Blätter Seidenpapier gelegt werden; vgl. Hektograph. Zum K. von Zeichnungen bedient man sich entweder des Durchzeichnens mittels durchsichtigen Papiers oder Kattuns (Pauspapier, Pauskattun), oder des Lichtpausverfahrens mit Hilfe des photographischen oder besonders präparierten Papiers. Am beliebtesten ist hier die Methode geworden, bei welcher die Zeichnung in weißen Linien auf blauem Grund erscheint. Man löst hierzu einerseits 1 Teil zitronensaures Eisenoxydammoniak in 4 Teilen Wasser, anderseits 1 Teil rotes Blutlaugensalz in 4 Teilen Wasser, gießt beide Lösungen zusammen und bewahrt die Mischung im Dunkeln auf. Beim Gebrauch bestreicht man damit vermittelst eines breiten Kamelhaarpinsels Papier, legt auf dieses die zu kopierende, auf Pauspapier gezeichnete Zeichnung, hierauf eine Glasplatte und setzt diese dann dem Licht aus. Je nach der Beschaffenheit dauert die Exposition etwa 1–30 Minuten. Sie wird unterbrochen, wenn die weißen Linien fast verschwunden sind und der Grund einen gräulichgrünen Ton angenommen hat. Die Entwickelung erfolgt sodann in reinem Wasser, worauf der Grund blau wird. Man kann ihn übrigens noch nachdunkeln lassen in Wasser mit 5proz. Salzsäure; dann ist ein nochmaliges [69] Waschen notwendig. Tränkt man das Papier allein mit zitronensaurem Eisenoxydammoniak, so genügt eine Belichtungsdauer von 15–30 Sekunden; allerdings muß in diesem Fall das Hervorrufen mit der Lösung des roten Blutlaugensalzes und darauf ein Waschen stattfinden. Zum gleichzeitigen K. von Buchdruck mit Schreibschrift (Kopierdruck), z. B. bei Eisenbahnfrachtkarten, Brief- und Memorandumköpfen etc., hat man eine eigne firnisfreie Kopierfarbe mit Anilinbasis hergestellt, die im Wasser löslich ist und beim Auflegen des feuchten Kopierpapiers 6–8 lesbare Abdrücke gestattet, falls von der Schreibschrift ebensoviel genommen werden können. Der Kopierdruck erfordert sehr sorgfältige Behandlung, denn von ihr hängt die spätere Kopierfähigkeit der Abdrücke wesentlich ab; die Druckfarbe muß vollkommen trocken werden, ohne indes ganz einzutrocknen; in letzterm Zustand würde sie schon nach kurzer Zeit keine Kopien mehr abgeben. Man verhütet letzteres durch einen geringen Zusatz von Glycerin.