Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Konifēren“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Konifēren“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 9 (1887), Seite 10121014
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wikipedia-Logo
Wikipedia: Koniferen
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Konifēren. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 1012–1014. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Konif%C4%93ren (Version vom 17.01.2023)

[1012] Konifēren (Zapfenbäume, Zapfenträger, Nadelhölzer, Coniferae, Acerosae), Ordnung der Gymnospermen, Sträucher und Bäume mit gegen- oder wechselständigen, einfachen, ungeteilten, bald höckerförmig kleinschuppigen, bald nadelartig langen und schmalen, bald mehr blattartigen und auch dann meist linealischen, seltener breitern, meist immergrünen Blättern (sogen. Nadeln) ohne Nebenblätter, meist mit stark entwickeltem, herablaufendem Blattkissen. Manche haben keinen Wechsel von Laub- und Niederblättern, sie besitzen nackte Knospen; andre dagegen erzeugen am Schluß jeder Vegetationsperiode wirkliche Knospenschuppen von nicht grüner, sondern trockner, häutiger Beschaffenheit, welche die Knospen bedecken. Bei einigen sitzen die Nadeln nicht unmittelbar am Zweig, sondern dieser ist mit lauter nicht grünen, schuppigen Niederblättern besetzt, in deren Achseln kurze Zweiglein stehen, welche am Grund von häutigen Schuppen umgeben sind, an ihrer Spitze sich nicht weiter bilden, sondern zwei oder mehrere auf gleicher Höhe büschelig stehende Nadeln tragen. Viele K. haben eine ununterbrochen fortwachsende Hauptachse; sie bilden einen gerade aufrechten, nach der Spitze zu dünner werdenden Stamm, von welchem die Äste meist sehr schief oder wagerecht abgehen und dann häufig quirlständig in Absätzen übereinander stehen. Es bilden sich nämlich jedes Jahr unterhalb der Endknospe Seitenknospen, die nahezu auf gleicher Höhe stehen und im nächsten Jahr zu Ästen auswachsen, so daß sich aus der Zahl der Astquirle das Alter einer Stammstelle bestimmen läßt, wie z. B. bei Tannen, Fichten und Kiefern. Bei manchen Arten ist aber dieser eigentümliche regelmäßige Wuchs minder ausgeprägt. Der Stamm der K. besitzt anfangs immer einen Kreis von Fibrovasalsträngen, welche als Blattspuren meist einzeln in je ein Blatt austreten. Sie verbinden sich im Stamm durch einen geschlossenen Kambiumring, welcher das dauernde Dickewachstum, wie bei den dikotylen Bäumen, vermittelt. Der Holzkörper, der hierdurch erzeugt wird, besteht aber nur in der Markscheide aus engen Spiralgefäßen, im übrigen lediglich aus einander gleichen Zellen (Tracheiden), welche auf den gegen die Markstrahlen gekehrten Wänden große, behöfte Tüpfel zeigen; außerdem findet sich bisweilen Holzparenchym, dessen Zellen den gleichen Durchmesser wie die Holzzellen haben. Schmale Markstrahlen durchziehen den Holzkörper in radialer Richtung; die Jahresringe sind scharf abgegrenzt. Die Gefäße aber fehlen, und so erscheint das Nadelholz auf dem Querschnitt homogen, während alles Laubholz entweder schon dem bloßen oder dem mit der Lupe bewaffneten Auge in seiner Masse größere Poren erkennen läßt, die von den weiten Gefäßen, die es besitzt, herrühren. Sehr verbreitet unter den K. sind öl- und harzführende Intercellularkanäle, welche sich bald in der Rinde und im Parenchym der Blätter, bald im Bast, bald auch im Holz finden; massenhafte Harzproduktion, die bei den K. auch häufig vorkommt, hat aber ihren Grund in einer krankhaften Desorganisation ganzer Gewebe, zumal im Holz und Bast, wobei die festen Bestandteile derselben verschwinden und Harz an ihre Stelle tritt, welches dann auch oft an der Oberfläche der Stämme zum Erguß kommt. Die Blüten setzen sich aus einer meist großen Anzahl gleichartiger Blattorgane zusammen, welche in der Regel in spiraliger Anordnung auf einer Achse befestigt sind. Es gibt nämlich allgemein diklinische Blüten und zwar meistens einhäusige, bei mehreren Arten aber auch zweihäusige. Die männlichen Blüten treten als besondere Knospen in den Achseln der Blätter auf, sie haben am Grund mehrere Knospenschuppen, und auf diese folgen unmittelbar in mehr oder minder großer Anzahl und in dichter Stellung Blätter, die sämtlich als Staubgefäße ausgebildet sind, ein kleines Köpfchen, Ährchen oder Träubchen nachahmend. Form der Staubgefäße und Anzahl ihrer Antherenfächer ist nach den Familien und Gattungen verschieden. Die weiblichen Blüten sind ebenfalls besondere Seitenknospen und stellen meistens einen Zapfen (conus) dar. Dieser besteht aus flachen, schuppenartigen Blättern, den sogen. Fruchtschuppen (squamae), welche an einer Achse in dichter, spiraliger Anordnung stehen, jede in der Regel von einem Deckblättchen (bractea) am Grund gestützt. Auf diesen Fruchtschuppen sitzen unmittelbar die Samenknospen, und zwar nehmen dieselben den Grund derselben ein, so daß entweder dort eine größere Anzahl oder nur je eine rechts und links vorhanden sind. Die Samenknospen sind gerade und haben ein einfaches Integument; über die Eigentümlichkeiten ihres innern Baues und ihrer Befruchtung vgl. Gymnospermen. Seine volle Ausbildung erreicht der Zapfen gegen die Zeit der Samenreife. Achse und Fruchtschuppen vergrößern sich beträchtlich und werden holzig, seltener beerenartig weich; im letztern Fall bildet der reife Zapfen einen beerenähnlichen Körper. Der reife Same besitzt eine holzige Schale, die oft einen langen, hautartigen Flügel trägt, und enthält ein mit fettem Öl erfülltes Endosperm, [1013] in dessen Achse der gerade Keimling mit zwei oder mehreren quirlständigen Kotyledonen und nach oben gekehrtem Würzelchen liegt. Die K. zerfallen in folgende Familien: 1) Die Eibengewächse

Fig. 1.
Eibe. A männliche Blüte, B Staubgefäß, C weibliche Blüte. b Nadel, s Knospenschuppe, sk Samenknospe.

(Taxineae, Fig. 1) haben wechselständige, bisweilen in zwei Zeilen gewendete, meist mehr oder weniger nadelartige, bisweilen auch blattartige Blätter oder auch Zweige, die mit ihren Blättern zu fiederförmigen Phyllodien verschmolzen sind, werden aber hauptsächlich charakterisiert durch die weibliche Blüte, welche, abweichend von allen übrigen K., keinen Zapfen bildet, sondern eine einzige Samenknospe darstellt, welche auf der Spitze eines kleinen Stiels steht, der, am Grund von Knospenschuppen umgeben, als Seitenknospe in der Achsel eines grünen Blattes erscheint. Während die Samenknospe zum Samen sich ausbildet, wird sie umwachsen von einer becherartigen Wucherung des Stiels, die sich von ihrem Grund aus erhebt und später eine oben offene, saftig beerenartige, gefärbte Hülle um den Samen bildet. Die in kleine Kätzchen vereinigten Staubgefäße sind entweder fast sitzende Schuppen mit zwei Antherenfächern und verschieden gestaltetem Konnektivfortsatz oder schildförmig gestielte Schüppchen mit 3–8 Antherenfächern auf der Unterseite. Die Taxineen sind in den gemäßigten Zonen und in den höhern Regionen der wärmern Zonen beider Halbkugeln einheimisch. Europa besitzt nur die Eibe (Taxus baccata L.). 2) Die cypressenartigen Gewächse (Cupressineae) haben gegen- oder quirlständige, meist kleine, kurz nadelförmige oder schuppen- oder höckerförmige, seltener wechselständige, nadelartige Blätter. Die Staubgefäße, welche kleine, runde Kätzchen bilden, sind schildförmig gestielte Schuppen, die auf der Unterseite am untern Rand zwei bis zahlreiche Antherenfächer tragen. Die Samenknospen sitzen auf Fruchtschuppen, welche, meist quirlständig geordnet, einen kurzen Zapfen bilden, und zwar am Grund jeder Schuppe zu zwei bis vielen, mit dem Knospenmund der Spitze der Fruchtschuppe zugekehrt. Der Zapfen wird holzig oder auch beerenartig; die Schuppen öffnen sich zur Reifezeit, um die Samen auszustreuen. Letztere enthalten einen geraden Keimling mit zwei oder mehreren Kotyledonen. Die Kupressineen kommen in den gemäßigten Zonen des mittlern und südlichen Europa, Südasiens, Nordamerikas, Neuhollands und am Kap der Guten Hoffnung vor. Besonders nennenswert sind die Cypresse, der Lebensbaum, der Wacholder und der Sadebaum. 3) Die fichtenartigen Gewächse (Abietineae) sind meistens hohe, ansehnliche Bäume mit wechselständigen, oft in zwei Zeilen gelegten Nadeln von linealisch flacher oder auch prismatischer Gestalt oder mit Nadelbüscheln. Die männlichen Kätzchen haben meist längliche Gestalt, indem sie aus zahlreichen spiralig angeordneten Staubgefäßen bestehen; diese sind kurz gestielt, schuppenförmig, haben meist zwei mit Längs-, seltener mit Querspalten aufgehende, bisweilen auch mehrere Antherenfächer und sind an der Spitze in einen geraden oder zurückgebogenen Konnektivfortsatz verlängert. Die weiblichen Blüten bilden Zapfen aus zahlreichen spiralig angeordneten, hinter besondern Deckblättern stehenden Fruchtschuppen mit meist zwei am Grunde der letztern sitzenden Samenknospen, die jedoch mit dem Knospenmund grundwärts gekehrt sind. Die Schuppen des Fruchtzapfens sind holzig, bald glatt, bald an der Spitze in verschiedenem Grad verdickt und genabelt und spreizen zur Reifezeit auseinander oder fallen ab und entlassen auf diese Weise die meist geflügelten Samen, deren gerader Keimling meist drei bis zahlreiche linealische Kotyledonen hat (Fig. 2). Die wichtigste Gattung dieser Familie ist Pinus L., welche auf der südlichen Halbkugel durch Araucaria Juss. vertreten wird. Die früher zu den K. gestellten Gnetaceen (Gnetaceae) werden gegenwärtig als besondere Familie betrachtet (s. Gnetaceen).

Fig. 2.
Edeltanne. A Deckblatt, B Stück des reifen Zapfens, C reife, samentragende Schuppe. c Deckblatt, s Schuppe, sk Samenknospe, sa Same, f Anhang desselben.

Die K. machen einen Hauptbestandteil der fossilen Flora aus, von der Steinkohlenformation an bis in die jüngsten Schichten. Man findet am häufigsten und in großen Massen das Holz in mehr oder minder umgewandeltem Zustand, aber noch durch die oben angegebenen Merkmale erkennbar. Außerdem kommen auch versteinerte ganze Stämme sowie beblätterte Zweige und Zapfen im fossilen Zustand vor. Der Bernstein ist das ausgeflossene erhärtete Harz vorweltlicher K. Aus der Familie der Taxineen sind als fossile Gattungen bemerkenswert: Taxoxylon Unger, von welchem Stämme in der Braunkohle und andern Tertiärschichten gefunden werden. Von Taxus L. und Taxites Brongn. finden sich Blätter in der Braunkohle. Die jetzt exotischen Gattungen Taxodium, Salisburia und Podocarpus kommen in mehreren Arten in unsern Tertiärschichten vor. Fossile Kupressineen sind die Gattungen: Cupressites Göpp., welche in Form von Zweigen, Zapfen und männlichen Kätzchen in sekundären und tertiären Ablagerungen vorkommt; Thuyites Bgt. von welcher Zweige von sekundären Schichten an sowie im [1014] Bernstein eingeschlossen und wohlerhalten gefunden werden, und Cupressoxylon Kraus, deren Stämme in der Kreide anzutreffen sind. Die Familie der Abietineen ist vertreten durch Abies Tourn., Pinus Lk., Larix Lk., Cedrus Lk., Abietites Dunk. und Pinites Lindl. et Hutt., welche in zahlreichen Arten in Überresten, zumal in oft wohlerhaltenen und manchmal sehr umfangreichen Stämmen, minder häufig in Blättern und Zapfen in den tertiären, zum Teil auch schon in sekundären Schichten vorkommen; Araucarites Sternb., in Form von Blättern und Zapfen, in der Kreide und in Tertiärschichten vorkommend; auch schon in Steinkohlenschichten finden sich Koniferenstämme mit dem Bau von Araukarien (Araucarioxylon Kraus). Die Gattungen Walchia Sternb. und Voltzia Brongn. (s. Tafel „Triasformation II“) treten bereits in der Dyasformation auf. Zu den Gnetaceen endlich gehört die fossile Gattung Ephedrites Göpp., von welcher sich Reste im Bernstein eingeschlossen finden. Vgl. Endlicher, Synopsis coniferarum (St. Gallen 1847); Henkel und Hochstetter, Synopsis der Nadelhölzer (Stuttg. 1865); Parlatore, Coniferae (in De Candolles „Prodromus“, Bd. 16); Strasburger, Die K. und die Gnetaceen (Jena 1872); Gordon, Pinetum, a synopsis of all the coniferous plants (neue Ausg., Lond. 1879).