Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Komorn“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 993
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Komorn. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 993. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Komorn (Version vom 21.05.2024)

[993] Komorn (ungar. Komárom, lat. Comaromium), Komitat in Ungarn, liegt an beiden Donauufern, wird von Neutra, Bars, Gran, Pest, Weißenburg, Veszprim, Raab und Preßburg umschlossen, umfaßt 2944 qkm (53,4 QM.), ist mit Ausnahme des südlichen Teils, den das Vérteser Gebirge begrenzt, eben und teilweise sumpfig und wird von der Donau durchzogen, die hier die Waag mit der Neutra aufnimmt. Die (1881) 151,699 Einwohner, meist Ungarn und Katholiken, betreiben Ackerbau, Viehzucht, Fischerei und Schiffahrt. Das Komitat liefert auch vortrefflichen Wein (in Neszmély) und Tabak. – Die königliche Freistadt und Festung K., Sitz des Komitats, liegt links an der Donau, an der Vereinigung der sogen. Waagdonau mit der Donau, hat 4 katholische, eine griechische, eine reformierte und luther. Kirche, 3 Klöster, mehrere wohlthätige Anstalten, Weinbau, ansehnlichen Handel mit Getreide und Holz, Fischerei, (1881) 13,042 Einw., einen Gerichtshof und ein Untergymnasium. Die berühmte Festung, eine der stärksten in Europa, liegt gegen 200 Schritt von der Stadt auf der Südostspitze der Insel Schütt und wurde ursprünglich von Matthias Corvinus angelegt; die stärksten Werke rühren aus der neuern Zeit (1808) her. Die äußerste Linie der Festungswerke wird durch die beiden Brückenköpfe auf dem linken Waagdonau- und rechten Donauufer und durch den auf dem letztern befindlichen Sandberg gebildet; das wichtigste Außenwerk aber ist die von der Donau bis an den nördlichen Donauarm reichende Palatinallinie (ca. 5 km lange Befestigungen), welche die Stadt mit den großen Magazinen außerhalb derselben umschließt. Jeder Angriff auf diese Linie wird durch die Beschaffenheit des Bodens erschwert, der meistenteils überschwemmt ist. Die Festung, auf der Spitze der Landzunge, ist mit Erdwällen und Enveloppen umringt, sodann, durch einen mit Gräben versehenen Raum geschieden, mit einer zweiten Reihe der Werke, der sogen. alten Festung, umgeben, deren Geschütze die Erdwälle und Enveloppen beherrschen; auf diese folgt wieder ein freier Raum, und dann erst beginnt die neue Festung, aus der man über Wälle und Gräben in die Stadt K. gelangt. Zwei Brücken, darunter eine große Schiffbrücke, führen über die Kleine und Große Donau nach dem gegenüber am befestigten rechten Donauufer liegenden Markt Uj-Szöny, dem Stationsplatz der Österreichisch-Ungarischen Staats- und Südbahn. – K. erscheint unter König Bela IV. als ein 1263 gefreiter Ansiedlerort, der 1265 dem königlichen Kammergrafen Walther, einem Deutschen, geschenkt wurde; den Ansiedlern wurde Stadtfreiheit nach Art Ofens verliehen. 1277 gehörte K. dem Banus Thomas, 1307 dem Palatin Matthäus Chàk; 1331 findet sich wieder ein königliches Stadtprivilegium vor. Bei den Ungarn gilt K. für eine noch jungfräuliche Festung; doch ward dieselbe erwiesenermaßen bereits zweimal erobert, das erste Mal zu Anfang des 14. Jahrh. von dem König Karl Robert von Neapel, das zweite Mal 1527 von dem deutschen König Ferdinand I. Die Türken belagerten K. 1594 und 1663 vergebens. Von 1848 bis 1849 bildete K. den Hauptstützpunkt der Insurrektion, und die Umgegend war daher der Schauplatz häufiger Gefechte. Die Festung wurde von den Österreichern vergeblich belagert (s. Klapka) und kam erst durch die Kapitulation vom 27. Sept. 1849 an Österreich zurück. Vgl. Szillányi, K. im Jahr 1849 (Leipz. 1851).