Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 9 (1887), Seite 656658
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Keil. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 656–658. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Keil (Version vom 21.04.2023)

[656] Keil, in der Mechanik jedes dreiseitige Prisma, welches mit einer seiner Kanten zwischen zwei Hindernisse dringt, um diese mittels der Seitendrucke durch Anwendung einer Kraft auf die dritte Seite voneinander zu entfernen. Die Kante, welche sich zwischen die Hindernisse einsenkt, heißt die Schneide oder Schärfe, die entgegenstehende Seite der Rücken oder Kopf; die Flächen, welche die Schneide bilden, sind die Seiten des Keils. Die Wirkung des Keils läßt sich auf die Wirkung der schiefen Ebene zurückführen. Versucht man einen K. zwischen zwei Rollen hindurchzuziehen, von denen die untere fest liegt, während die obere beweglich ist, so kann man mit einer geringen Kraft eine verhältnismäßig große Last, welche auf die obere Rolle drückt, heben, und zwar [657] eine um so größere, je schmäler der Rücken des Keils im Vergleich zu seiner Länge ist. Wirkt die Kraft, welche den K. treibt, rechtwinkelig gegen den Rücken, und die Last rechtwinkelig auf die Seitenfläche, so halten sich beide das Gleichgewicht, wenn sich die Kraft zur Last verhält wie die Breite des Keilrückens zur Länge des Keils. In der Praxis werden alle theoretischen Berechnungen über die Wirkung des Keils illusorisch, weil derselbe niemals anders benutzt werden kann, als wenn eine große Reibung vorhanden ist. Ohne diese würde der K. zurückfliegen, wie es ein nasser Kirschkern zwischen den drückenden Fingern thut. Die große Reibung, durch welche der K. allein in dem Spalt festgehalten wird, würde seine Anwendung sogar in sehr vielen Fällen unvorteilhaft erscheinen lassen, wäre er nicht die einzige aller einfachen Maschinen, welche durch Stoß oder Schlag getrieben wird. Da nun die Wirkung eines stoßenden oder schlagenden Körpers wie das Quadrat der Geschwindigkeit wächst und durch diese ein großer Effekt zu erreichen ist, so ist natürlich eine Maschine in allen Fällen willkommen, wo man eine Kraft auf jene Weise wirksam werden lassen kann. Man benutzt den K. zum Auseinandertreiben von Holz- und Steinmassen, zum Heben großer Lasten und um eine sehr große Pressung hervorzubringen. Äxte, Beile, Messer, Meißel, Stemmeisen, selbst Nägel und Nadeln sind Keile. Ein Messer schneidet mit um so geringerm Druck, je schmäler sein Rücken gegen die Seiten ist. Die Gewölbsteine kann man als Keile mit abgestumpfter Schneide betrachten. In einem Gewölbe dringt jeder Stein vermöge seiner Schwere zwischen die benachbarten ein, und indem er sie zu trennen sucht, äußert er einen Druck auf sie, der, von ihnen vermehrt, auf die zur Seite anstoßenden übertragen wird, bis er endlich senkrecht auf den Erdboden wirkt und hier in dem Widerstand desselben seinen Rückhalt findet. K. wird auch ein schlank verjüngtes Holz- oder Metallstück genannt, welches man in eine Öffnung treibt, um zwei Körper so miteinander zu verbinden, daß sie schnell wieder getrennt werden können.

Keil, 1) Karl Friedrich, luther. Theolog, geb. 1807 zu Lauterbach bei Ölsnitz, studierte in Dorpat und Berlin, wurde 1833 Dozent, 1838 außerordentlicher, 1839 ordentlicher Professor in Dorpat und lebt, 1858 emeritiert, in Leipzig. In einer großen Reihe von alt- und neutestamentlichen Kommentaren (teilweise in dem mit F. Delitzsch herausgegebenen bändereichen „Biblischen Kommentar über das Alte Testament“) setzte er seit 1833 bis in die jüngste Zeit die Richtung Hengstenbergs fort. Von seinen übrigen Schriften nennen wir: „Der Tempel Salomos“ (Dorpat 1839); „Lehrbuch der historisch-kritischen Einleitung in die Schriften des Alten Testaments“ (3. Aufl., Frankf. 1873); „Handbuch der biblischen Archäologie“ (2. Aufl., das. 1875).

2) Ernst, Buchhändler, Begründer der Zeitschrift „Gartenlaube“, geb. 6. Dez. 1816 zu Langensalza, erlernte in Weimar den Buchhandel, trat 1837 als Gehilfe in die Weygandsche Buchhandlung zu Leipzig ein und wandte sich hier bald auch dem Journalismus zu. 1838 übernahm er die Redaktion des Journals „Unser Planet“ (später „Wandelstern“), das unter seiner Leitung eins der gelesensten Blätter damaliger Zeit wurde. Nachdem er 1845 ein eignes buchhändlerisches Geschäft in Leipzig gegründet hatte, rief er ein Jahr später das Monatsblatt „Der Leuchtturm“ ins Leben, das er auch selbst redigierte. Dieses Organ bezeichnete in der Geschichte des vormärzlichen Journalismus eine bedeutsame Wendung, indem es, unterstützt von den angesehensten Vertretern der liberalen Bewegung (R. Blum, J. Jacoby, Wislicenus, Uhlich etc.), der erste volkstümliche Ausdruck des erwachten Befreiungsdranges auf politischem und religiösem Gebiet wurde. Unaufhörliche Verfolgungen von seiten der Polizei zwangen zu häufigem Wechsel des Verlagsorts, bis endlich die Märztage von 1848 Preßfreiheit brachten und das Blatt selbst in Leipzig erscheinen durfte. Mit dem Sieg der Reaktion begannen die Verfolgungen von neuem; die Zeitschrift wurde 1851 unterdrückt und K. selbst zu einer neunmonatlichen Gefängnisstrafe verurteilt, die er in Hubertusburg verbüßte. Hier, in der Stille der Gefängniszelle, reifte in ihm der Plan zu seinem Hauptunternehmen, einem neuen illustrierten Familienblatt, das vom 1. Jan. 1853 ab unter dem Titel: „Die Gartenlaube“ erschien und infolge der umsichtigen Redaktion und der volkstümlichen, gesunden Tendenzen, die es verfolgte, in kurzer Zeit eine unerhörte Verbreitung fand. Die hervorragendsten Namen deutschen Schrifttums waren bald unter den Mitarbeitern des Blattes zu finden; die Seele aber und der wirkliche Leiter desselben war und blieb K. stets selbst bis zu seinem Tode, der am 23. März 1878 in Leipzig erfolgte. Unter seinen übrigen Verlagswerken waren Bocks „Buch vom gesunden und kranken Menschen“ und die Romane von E. Marlitt und E. Werner die erfolgreichsten. Das Geschäft, das in den Besitz der Witwe Keils überging, wurde Ende 1883 von den Gebrüdern Kröner in Stuttgart käuflich übernommen und unter der Firma „Ernst Keils Nachfolger“ weitergeführt.

3) Heinrich, Philolog, geb. 25. Mai 1822 zu Gressow bei Wismar, gebildet zu Göttingen, studierte seit 1839 hier und in Bonn, wurde 1843 Lehrer an der königlichen Realschule in Berlin, bereiste 1844–46 zur Untersuchung von Handschriften Italien, ward 1847 Lehrer am Pädagogium und der lateinischen Hauptschule zu Halle, 1848 zugleich Privatdozent daselbst, 1855 Oberlehrer am Friedrichswerderschen Gymnasium und Privatdozent in Berlin, 1859 ordentlicher Professor der klassischen Philologie in Erlangen, 1869 in Halle. Seine Hauptwerke sind die kritische Ausgabe der „Grammatici latini“ (Leipz. 1856–80, 7 Bde.) und die von „Plinii Secundi Epistolae“ (das. 1870), der eine Textausgabe (das. 1853, 2. Aufl. 1867) vorausgegangen war. Außerdem besorgte er die Scholien in Merkels Ausgabe des Apollonius Rhodius (das. 1853–54) und in Schneiders Ausgabe der „Nicandrea“ (das. 1856) sowie einen Textabdruck des Properz (das. 1863) und veröffentlichte „Analecta grammatica“ (Halle 1848), „Observationes criticae in Catonis et Varronis de re rustica libros“ (das. 1849), „Quaestiones grammaticae“ (Erlang. 1860) u. a. Von dem „Corpus scriptorum rei rusticae“ sind bis jetzt „Catonis de agricultura liber“ und „Varronis rerum rusticarum libri III“ (Leipz. 1882–84) erschienen.

4) Franz, Geoplastiker, geb. 1822 zu Graslitz in Böhmen, widmete sich der Pharmazie, wurde 1846 Assistent beim Lehrfach der Botanik in Prag und wohnte später als Pharmazeut in Graz, Gastein und Linz, nebenbei eifrig mit geognostischen Exkursionen, meteorologischen Beobachtungen etc. beschäftigt. Auf dem Großglockner kam er 1854 auf die Idee geoplastischer Darstellungen. Sein erster glücklicher Versuch war ein Relief der Kreuzkofelgruppe in den Karnischen Alpen, südlich von Lienz. Infolgedessen von der k. k. Akademie der Wissenschaften unterstützt, beschäftigte er sich nun eingehend mit Situationszeichnung [658] und geoplastischen Studien und unternahm eine Darstellung der Tauernkette, die in drei Sektionen (im Maßstab 1:48,000) die Gegend von Vieschbachhorn bis zum Gailthal, ein Gebiet von 1320 qkm (24 QM.), umfaßt und auf weit über 300 eignen Höhenmessungen beruht. Die ausgezeichnete Arbeit wurde später noch durch die Gegend von Berchtesgaden und andre Partien zu einem großartigen Reliefbild des halben Salzburger Landes in zehn Sektionen erweitert und erschien in zweifacher Bearbeitung, einer topographisch ausgearbeiteten und einer geologisch kolorierten. Spätere Werke von K. sind das Relief des Schneebergs in Niederösterreich und das des Untersbergs. Er starb Anfang 1876 zu Marburg in Steiermark.

5) Robert, Schriftsteller, geb. 22. Aug. 1826 zu Weimar, studierte Rechtswissenschaft in Jena und lebt als Rechtsanwalt in seiner Vaterstadt. Die Goethe-Forschung verdankt K. einige wertvolle Beiträge, besonders in den selbständig erschienenen Schriften: „Frau Rath. Briefwechsel von Katharina Elisabeth Goethe“ (Leipz. 1871); „Vor hundert Jahren“ (Bd. 1: „Goethes Tagebuch“; Bd. 2: „Corona Schröter“, 1875). Gemeinschaftlich mit seinem Bruder Richard K. (geb. 17. Juni 1828 zu Weimar, gest. 7. Febr. 1880 daselbst als Rat bei der Generalkommission für Ablösungen und Separationen) veröffentlichte er: „Geschichte des jenaischen Studentenlebens“ (Leipz. 1858); „Die Gründung der deutschen Burschenschaft in Jena“ (Jena 1865, 2. Aufl. 1883); „Die burschenschaftlichen Wartburgfeste von 1817 und 1867“ (das. 1868); „Deutsche Studentenlieder des 17. und 18. Jahrhunderts“ (Lahr 1861); „Goethe, Weimar und Jena 1806“, nach Goethes Privatakten (das. 1882). Außerdem sind Robert Keils „Rechtskatechismus für das deutsche Volk“ (Leipz. 1856), die mit Rehbein verfaßte Biographie Ernst Moritz Arndts (das. 1861) sowie die Schriften „Wieland und Reinhold, Originalmitteilungen“ (das. 1885) und „Das Goethe-Nationalmuseum in Weimar“ (Weim. 1886) zu erwähnen.

6) Karl, Bildhauer, geb. 31. Mai 1838 zu Wiesbaden, begann seine künstlerische Ausbildung unter dem Hofbildhauer Hopfgarten in Biebrich, wurde 1857 in Berlin Schüler Drakes, machte 1861 eine Studienreise nach Antwerpen und in den folgenden Jahren nach Kopenhagen und Paris. Seine ersten selbständigen Arbeiten waren das für den Palast des Grafen von Waldersdorf in Wiesbaden gefertigte Wappen mit zwei Löwen in Sandstein und die Reliefs der vier Jahreszeiten für einen Speisesaal. 1865 beauftragte ihn der Erzherzog Stephan von Österreich mit der Ausführung von zwei kolossalen Herolden als Fackelträgern am Hauptportal des Schlosses Schaumburg a. d. Lahn. Keils weitere Arbeiten sind: die 1869 modellierte Büste des Kaisers Wilhelm an der Fassade der Wilhelmsheilanstalt in Wiesbaden, das 12 m lange Relief an der Westseite des Siegesdenkmals in Berlin (1871) mit der Darstellung des Feldzugs gegen Frankreich, das eherne Kriegerdenkmal in Bremen (1875), die kolossale Bronzestatue[WS 1] des Kaisers Wilhelm in einer der Nischen des Hauptportals des Berliner Rathauses und 1880 die Bronzestatue des Feldmarschalls Wrangel für Berlin. Der Schwerpunkt seiner künstlerischen Begabung liegt in der Porträtplastik, in welcher er Schärfe und Energie des Ausdrucks mit vornehmer Formengebung verbindet. Seine Büsten des deutschen Kaisers und des deutschen Kronprinzen sind besonders geschätzt. Er ist königlicher Professor.


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 514
korrigiert
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[514] Keil. Statt der sonst zum Befestigen von Rädern, Rollen, Scheiben etc. auf Wellen oder Achsen gebräuchlichen Längskeile verwendet Woodruff in Hartford in Connecticut einen Scheibenkeil. Derselbe besteht aus einem Scheibensegment a (Fig. 1 u. 2), welches

Fig. 1. Fig. 2.
Woodruffs Scheibenkeil.

mit seinem bogenförmigen Teil in eine Vertiefung der Achse b, auf welcher ein andrer Maschinenteil befestigt werden soll, eingelassen wird, so daß die gerade Fläche der Scheibe hervorsteht. Die Vertiefung in der Achse wird mittels eines Fräsers hergestellt, und die scheibenförmige, stählerne Keilplatte auf der Drehbank angefertigt. Beide Arbeiten lassen sich ebenso genau wie rasch ausführen. Bei der zum Einfräsen der Keilgruben dienenden Maschine wird die Welle in eine Art Schraubstock eingeklemmt und dann der Fräser so lange gegen die Achse vorbewegt, bis eine Anschlagvorrichtung anzeigt, daß die richtige Tiefe der Grube erreicht ist. Beim Aufschieben des zu befestigenden Maschinenteils stellt sich der Keil selbstthätig ein. Bei größern Nabenlängen der zu befestigenden Maschinenteile können zwei oder mehr solcher Scheibenkeile eingesetzt werden. Die letztern werden in 25 Nummern von 1/2 Zoll engl. (12,7 mm) Durchmesser und 1/16 Zoll (1,6 mm) Dicke bis zu 11/2 Zoll (38,1 mm) Durchmesser und 5/16 Zoll (7,9 mm) Dicke ausgeführt. Von einer englischen Firma wird ein ähnliches System des Aufkeilens angewendet, jedoch werden die Keile nicht auf der Drehbank, sondern aus genau gezogenen Halbrundstahlstangen hergestellt, indem man von den Stangen Stücke von der Keildicke abfräst. Bei dem Scheibenkeil ist man von den bisher üblichen Verhältnissen stark abgegangen, indem man die Breite und Dicke des Keiles bedeutend vermindert und den K. mir zwei Dritteln seiner Höhe in die Welle und nur mit einem Drittel in die Nabe des zu befestigenden Maschinenteils eingelassen hat. Der Hauptvorteil der Scheibenkeile liegt in der schnellen und genauen Herstellung der Keile und Keilgruben.

Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5.
Gewöhnlicher Vorsteckkeil. Vorstecker mit Nasen. Smiths Vorstecker.

Eine einfache und zweckmäßige Verbesserung der im Maschinenbau vielfach verwendeten Vorsteckkeile (Vorstecker) hat Oberlin Smith in Bridgetown angegeben. Diese Keile sollen sich leicht entfernen lassen, ohne jedoch sich von selbst zu lockern. Die gewöhnlichste Form der Vorsteckkeile wird aus einem nach Art einer Federzange zusammengebogenen Halbrunddraht gebildet (Fig. 3). Dieser K. liegt in seinem Loche gut an, wird aber darin nur durch die Federkraft gehalten, deshalb verzichtet man zu gunsten der Sicherheit vielfach auf die leichte Entfernbarkeit und biegt die hervorstehenden Enden etwas auseinander. Ein andrer bekannter Vorsteckkeil (Fig. 4) besteht aus Halbrunddraht von geringerm Durchmesser als das Keilloch und ist an den Enden seiner Schenkel mit Nasen n versehen, welche ein Zurückweichen aus dem Keilloch wirksam verhindern, dafür liegt aber der K. im Loch schlecht an. Der verbesserte K. (Fig. 5) hat verjüngte Schenkel mit Nasen n an den Enden, die, wenn die Schenkel aufeinander gedrückt werden, zusammen gerade das Keilloch ausfüllen. Wird nun der K. so weit durchgeschoben, daß die Nasen aus dem Loch hervorsehen, so federt er auseinander und legt sich nun mit seiner Schenkelfläche, die nach einem Cylinder von genau demselben Radius, als das Loch hat, geformt ist, ringsum an die Lochwand an. Die Herstellung geschieht in der Weise, daß der aus Halbrunddraht von dem Radius des Loches (wie bei Fig. 1) gebogene K. an den Enden so in ein Futter eingespannt wird, daß die Schenkel so weit auseinander klaffen, wie sie es nachher im Keilloch thun. Diese Stellung wird durch ein zwischen die Schenkel geschobenes Stück gesichert. Der K. wird darauf bis an die Nasen cylindrisch nach dem Radius des Keilloches abgedreht und ist nun für den Gebrauch fertig.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Bronzestatute