Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Karelĭer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 507
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Karelĭer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 507. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Karel%C4%ADer (Version vom 20.09.2022)

[507] Karelĭer, Bezeichnung für eine ganze Gruppe finnischer Völker, zu denen man die folgenden rechnet: 1) die eigentlichen K. (finn. Karjalaiset, „Hirtenvolk“), 303,000 Köpfe stark, im südöstlichen und östlichen Teil Finnlands, im N. der Gouvernements Twer und Nowgorod, im W. der Gouvernements Archangel und Olonez; 2) die Quänen oder Oster-Bottnier (finn. Kainullaiset), 291,000 Seelen, im N. und NW. Finnlands; 3) die Suomi (finn. Suomalaiset, „Sumpfbewohner“), von den Russen Sumi, von den Schweden Finnen genannt, 280,000 Seelen, im westlichen und südwestlichen Finnland; 4) die Jämen oder Tawasten (finn. Hämenmaa), östlich von den vorigen, 530,000 Köpfe; 5) die Sawolaks (finn. Sawolaiset, „Rauchvolk“), 472,000 Köpfe, östlich von den vorigen; 6) die Aürämoiset, 76,000 Seelen, im südöstlichen Teil Finnlands und im Gouvernement Petersburg; 7) die Sawakot und die Ingrier oder Ischoren, beide zusammen 64,000 Köpfe stark, in dem zuletzt genannten Gouvernement. Alle diese Völker zusammen zählen etwas über 2 Mill. Seelen und zeigen den gleichen Typus: hervorstehende Backenknochen, helle Augen und Haare; in ihrer Lebensweise und ihrem Charakter lassen sich jedoch keine Züge wiedererkennen, welche denen der übrigen zur altaisch-uralischen Familie der Mongolen gehörigen Völker (Lappen, Wotjaken, Wogulen, Samojeden etc.) gleichen. Die K. sind ein gediegener, arbeitsamer, mutiger und ehrlicher Menschenschlag, der dem sumpfigen Boden seiner nordischen Heimat mit ausdauerndem Fleiß kärglichen Ertrag abringt. Zu den guten Eigenschaften gesellen sich eine phantastisch-düstere Lebensanschauung, die den Aberglauben stark begünstigt, und ein unbändiger Jähzorn. Die lange Herrschaft der Schweden über die K. hat einen großen und wohlthätigen Einfluß auf das Volk und die Organisation des öffentlichen Lebens ausgeübt. Im 12. Jahrh. wurden die K. durch den König Erich von Schweden zum Christentum bekehrt und im 16. Jahrh. durch Gustav Wasa dem Protestantismus gewonnen. Die K. sind größtenteils Ackerbauer, treiben aber auch Schiffahrt, Fischerei und Viehzucht.