Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Kalander“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 9 (1887), Seite 376377
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Kalander. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 9, Seite 376–377. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Kalander (Version vom 14.09.2022)

[376] Kalander (Kalandermaschine, v. franz. calandre, Rolle, Mange, Glättmaschine), eine der wichtigsten Appreturmaschinen, mit welcher den Geweben und Papier Dichte, Glätte und Glanz erteilt werden. Die wirksamen Bestandteile der K. sind ein oder mehrere Paare Walzen mit harter, möglichst glatter und glänzender Oberfläche, durch welche man das getrocknete und wieder angefeuchtete Gewebe hindurchgehen läßt. Von je zwei zusammen arbeitenden Walzen muß die eine aus nicht nachgiebigem, die andre aus elastischem Material bestehen, weil zwei gleich harte Walzen niemals gleichmäßig auf alle Teile des Gewebes wirken würden. Als elastische Walzen benutzt man jetzt meist Papierwalzen, zu deren Herstellung man zahlreiche auf eine eiserne Achse geschobene Papier- oder Pappscheiben mittels Spindelpressen oder hydraulischer Pressen sehr stark zusammenpreßt und auf einer Drehbank mit Stählen und Diamantsplittern sehr genau abdreht. Mit den Papierwalzen arbeiten als harte Walzen hohle gußeiserne, möglichst hoch polierte Hartgußwalzen (Glanz-, Hartwalzen) von 20–30 cm Durchmesser, während Papierwalzen etwa 30–40 cm stark sind. Zur Erzielung eines höhern Glanzes werden die hohlen Walzen durch Einleiten von Dampf oder durch Einlegen erhitzter massiver Eisenwalzen (Glührollen) geheizt. Die Zahl der Walzen eines Kalanders wechselt von 2–10, und im letzten Falle liegt eine heizbare Hartgußwalze zwischen zwei Papierwalzen, während die oberste und unterste Walze nicht heizbare Gußeisenwalzen sind. Die Walzen werden übereinander in horizontaler Lage in zwei Gußeisenständern so eingelagert, daß sie sich der Dicke des Gewebes etc.

Fig. 1.
Dreiwelliger Kalander.

entsprechend einstellen lassen (mit Ausnahme der untersten). Der Walzendruck wird dadurch hervorgebracht, daß man die beiden Zapfen der obersten Walze durch stark belastete Hebel niederdrücken läßt. Dies Hebelsystem überträgt meist das Belastungsgewicht von 80–100 kg 30fach auf jeden Zapfen, und da nun die Berührungsfläche je zweier 1,2 m langer Walzen selbst bei größter Belastung kaum 60 qcm beträgt, so ist man mit Hinzurechnung des Eigengewichts der Hebel und der Walzen im stande, auf das Gewebe einen Druck von 120 Atmosphären auszuüben. Durch Anwendung von Schraubenzugapparaten kann dieser Druck sogar auf 300–400 Atmosphären gebracht werden. Der Schraubenzugapparat führt aber, da er nicht nachgiebig ist, leicht zu Bruch. Der Antrieb erfolgt bei zweiwelligen Kalandern von der Transmissionswelle durch Riemen direkt auf die Glanzwelle; bei drei- und fünfwelligen Kalandern treibt man durch Riemen zunächst eine Vorgelegswelle und übersetzt dann durch zwei Räder auf die Glanzwelle, während alle andern Walzen durch Reibung mitgenommen werden. Den höchsten Glanz erhält man mit den sogen. Glanzkalandern, bei welchen die Hartwalze eine größere Geschwindigkeit als die Papierwalze besitzt und infolgedessen auf [377] das Gewebe etc. eine plättende Wirkung ausübt (Friktionskalander). Damit sich bei der Zuführung eines Gewebes keine Falten bilden, legt man vor die Walzen viereckige Spannstäbe, zwischen welchen das Gewebe zickzackförmig durchgeht. Für steife, gestärkte Ware wendet man auch Streckstäbe an, in welche von der Mitte aus nach beiden Seiten entgegengesetzte Schraubengewinde eingeschnitten sind, die bei der Umdrehung den darübergleitenden Stoff immer nach auswärts und somit eben streichen. Zur Aufwickelung des durch die Walze gegangenen Gewebes befindet sich neben jedem Zapfen der obern Papierwalze ein drehbarer Winkelhebel, dessen einer Schenkel die Aufwickelwalze trägt, während der zweite Schenkel derart mit Gewichten belastet wird, daß die Aufwickelwalze beständig an die genannte Papierwalze angedrückt wird und mit ihr rotieren muß. Durch diese Anordnung wickelt die Aufwickelwalze gleich viel Gewebe auf, wenn auch ihr Durchmesser durch die beständig sich anhäufenden Lagen des Gewebes größer wird. Zur Bedienung der K. sind zwei Arbeiter notwendig, von denen der eine an der vordern, der andre an der hintern Seite der Maschine

Fig. 2.
Durchschnitt.

thätig ist. Fig. 1 zeigt einen dreiwelligen K. ohne Friktion, Fig. 2 den Schnitt durch die Walzen. Dabei ist a Glanzwalze, bb′ Papierwalzen, cc′ Ständer auf dem Fundament dd, ee Belastungsgewichte für das in f‌f auf die Zapfen der Oberwalze drückende Hebelsystem, g Welle, die von der Deckentransmission durch den Riemen h angetrieben wird, Fest- und Leerscheibe trägt und die Bewegung durch die Räder ik auf a fortpflanzt. m (Fig. 2) ist das Gewebe, n die Spannstäbe, o die Ausbreitwalze, l die Aufwickelwalze. Vgl. Meißner, Maschinen zur Appretur, Färberei und Bleicherei (Berl. 1872); Grothe, Appretur der Gewebe (das. 1882).


Ergänzungen und Nachträge
Band 17 (1890), Seite 475
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[475] Kalander. Die gewöhnlichen Walzenkalander lassen zwar den Druck auf das Gewebe sehr hoch steigern; da derselbe sich jedoch auf eine sehr schmale Fläche beschränkt und von kurzer Dauer ist, so können Walzenkalander nicht verwendet werden, wenn die Appretur einen länger anhaltenden Druck verlangt, wie z. B. bei Tuch und tuchartigen Geweben, welche deshalb zwischen Spänen gepreßt werden. Zur Nutzbarmachung der Walzenkalander auch für den letztgenannten Zweck hat man dadurch große Druckflächen und längere Einwirkung erzielt, indem man (s. Figur) die tuchüberzogene Walze B mit zwei muldenförmigen hohlen und mit Dampf heizbaren Druckplatten CC umgeben hat, welche den gewöhnlich aus Nickelblech gebogenen Preßspan PP vermittelst Schrauben kräftig gegen das Zeug pressen. Das letztere läuft vom Stück a in der Pfeilrichtung über die Spannriegel i1 und i2 an der Bürstenwalze W vorbei, die einen Anstrich bewirkt, dessen Maß durch Verstellung der Riegel i1 und i2 mittels des Handrades b geregelt wird. Darauf geht das Zeug über den Spannstab V, die Spannwalzen i3 und Y sowie die Muldenkante P zwischen die Mulden CC und die Walze B, um sodann über L und i4 auf eine Tafel oder Wickelwalze zu gelangen. Zur Regelung der Spannung dient ein um Y laufendes Bremsband, welches durch das Handrad d und Schnecke angezogen oder gelockert wird. Die Preßmulden CC liegen in den um zz drehbaren Armen DD und erhalten von den Schrauben SS und S1S1 sowie einer starken Feder F den Andruck an die Walzen, zu dessen Regulierung das mit der Schnecke c und Schneckenrad n verbundene Handrad f auf die Feder F einwirkt, während außerdem der Preßspan PP mit Hilfe der Walze L, Schneckenrad, Schnecke h und Handrad g gespannt wird. Die Schrauben ss dienen zur Stützung der

Muldenkalander.

Mulden. Der Antrieb erfolgt von der schnell umlaufenden, von einer Riemenscheibe bewegten Bürstenwelle R1, durch Zahnräder R2, R3 und R4 auf die Walze B, welche je nach der Stoffgattung eine Oberflächengeschwindigkeit von 2–4 m in der Minute bekommt. Bei einzelnen Konstruktionen dieses schnell eingeführten Muldenkalanders wird das Anpressen der Mulden durch hydraulischen Druck hervorgebracht. Vgl. Appretur (Bd. 17).