MKL1888:Indifferentismus

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Indifferentismus“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 918
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Indifferentismus. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 918. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Indifferentismus (Version vom 13.03.2024)

[918] Indifferentismus (neulat.), „Gleichgültigkeit“ in Bezug auf Wahl und Bevorzugung des einen Gegenstandes vor dem andern, entweder auf Mangel an Kenntnis davon oder Interesse dafür beruhend. Es gibt einen moralischen, religiösen, philosophischen und politischen I. Der moralische I. leugnet den wesentlichen Unterschied zwischen dem Guten und Bösen und erklärt demgemäß die Stimme des Gewissens für Selbsttäuschung. Der religiöse I. verhält sich gegen die verschiedenen Religionsformen gleichgültig, indem er keiner derselben die Bedeutung einer von Gott auf unmittelbare Art geoffenbarten zugesteht. Der philosophische I. bestreitet den Wert und die Bedeutung der philosophischen Probleme und Systeme für Wissenschaft und Leben. Der politische I. endlich verkennt die Wichtigkeit der verschiedenen staatlichen Verfassungsformen in Bezug auf das allgemeine Wohl und stellt sich insbesondere vaterländischen Interessen gegenüber auf einen willen- und haltlosen kosmopolitischen Standpunkt. Außerdem gibt es noch einen scientifischen, welcher entweder in Vornehmthuerei es unter seiner Würde hält, sich mit der Wissenschaft zu beschäftigen, oder in Mangel an intellektueller Bildung seinen Grund hat; ferner einen ästhetischen, welcher sich gegen die Eindrücke des Schönen und Häßlichen unempfindlich zeigt; endlich einen physischen, welcher von den Gefühlen der Lust und Unlust nicht berührt wird. In Bezug auf die Lehre von der sittlichen Freiheit bezeichnet I. die Annahme einer Indifferenz des Willens oder einer absoluten Abhängigkeit von (äußern oder innern) Bestimmungsgründen.