MKL1888:Holzgeräte und Holzwaren

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Holzgeräte und Holzwaren“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 680
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Holzgeräte und Holzwaren. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 680. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Holzger%C3%A4te_und_Holzwaren (Version vom 03.03.2023)

[680] Holzgeräte und Holzwaren. In der engern Bedeutung versteht man unter Holzwaren mit Ausnahme der Zimmermanns-, Tischler-, Wagner- und Böttcherarbeiten nur die mit der Drehbank und durch Schnitzen gefertigten Waren, also namentlich Schachteln, Kistchen, Bilderrahmen, Löffel, Gabeln, Schaufeln, Rechen, Teller, Näpfe, Mulden, Backtröge, Bütten, Gelten und andre Wirtschaftsgerätschaften, dann verschiedenartige Brettchen und kleine Rahmen für Band- und Seidenmanufakturen, allerlei Arten von Instrumenten, Geigen, Flöten, Klarinetten, Holzspäne für Buchbinder und Schuhmacher, Scheiden und Futterale für Säbel, Böden für Spiegelrahmen, alle erdenklichen Spielwaren etc. Alle diese Gegenstände sind in den meisten Fällen Erzeugnisse von Hausindustrie in holzreichen Gegenden. Den bedeutendsten Handel mit Holzwaren, der sich über alle Erdteile erstreckt, hat Deutschland und hier wieder vorzüglich folgende Gegenden. In Ammergau, Partenkirchen und Berchtesgaden arbeitet fast jeder Landmann in einem besondern Zweig der H. und liefert sie an die Verleger in Schellenberg und Berchtesgaden ab. Hausierer kaufen wieder von den Verlegern; das meiste aber nehmen die Nürnberger und Augsburger Kaufleute, die es als Nürnberger Waren auf den Markt bringen. In Tirol, namentlich im Thal Gröden im Bozener Kreis, beschäftigen sich Männer, Weiber und Kinder mit der Schnitzarbeit (besonders Kruzifixe [„Herrgöttle“], Heiligenbilder) aus dem Holz der Arve oder Zirbelkiefer. Der Traunkreis in Österreich, besonders Ischl, Mollen, Hallstatt, hat viele Holzarbeiter; Spielwaren liefern namentlich auch Hallein, Oberleutersdorf, Obergeorgenthal, Katharinenberg, Kamenitz, Freihammer und Weisbach in Böhmen, Beharocz im Liptauer und Milocho im Trentschiner Komitat Ungarns. In der Schweiz ist das Berner Oberland (am Brienzer See) ein Sitz der Holzschnitzerei. In Schwaben liefern Ulm, Geißlingen, einige Gegenden des Schwarzwaldes und Augsburg viele H. Den Haupthandel mit Holzwaren hat Nürnberg; aber nur der kleinste Teil von dem, was als Nürnberger Waren im Handel vorkommt, ist in dieser Stadt selbst gefertigt. Sehr wichtig ist der Holzwarenhandel auch für Thüringen, wo sich derselbe in Sonneberg konzentriert, weshalb diese Waren auch „Sonneberger Waren“ genannt werden. Nächst Sonneberg ist Neustadt an der Heide der Hauptstapelplatz für H. Großhändler wohnen besonders in Sonneberg, Eisfeld, Hildburghausen, Gräfenthal, Waltershausen etc. Eine kleine, in den einfachsten Wirtschafts- und Kindersachen sich bewegende Holzindustrie besteht auf dem Eichsfeld. Im sächsischen Erzgebirge ist die Fabrikation von Holzwaren seit 200 Jahren im Gang, besonders heute noch in Seiffen, Grünhainichen, Waldkirchen, Klingenthal u. a. O.Prähistorische Holzgeräte sind bei der Vergänglichkeit des Materials sehr selten, wenngleich wir annehmen müssen, daß die Verwendung des Holzes außerordentlich umfangreich war. Es sind namentlich in den Pfahlbauten und Mooren viele Gegenstände gefunden worden, aber der sehr schwierigen Konservierung wegen meist zu Grunde gegangen. Man besitzt jetzt noch Schäfte zu Äxten aus Stein und Bronze, Boote und Schiffe aus der römischen und Wikingerzeit in Schleswig und Norwegen, Scheiden zu Bronzeschwertern, Bogen aus den nordischen Moorfunden der Römerzeit, Totenbäume (Särge, aus einem Baumstamm hergestellt) aus Grabhügeln der sogen. Bronzezeit Jütlands u. dgl. Die Konservierung der Holzsachen geschieht am besten durch Kochen in Alaunlösung oder durch Tränken mit einer Lösung von gleichen Teilen Petroleum und Leinölfirnis.