Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Hitzig“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 579580
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Hitzig. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 579–580. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Hitzig (Version vom 11.04.2021)

[579] Hitzig, 1) Julius Eduard, kriminalistischer Schriftsteller, geb. 26. März 1780 zu Berlin, wurde bei der Regierung in Warschau 1799 als Auskultator, 1804 als Assessor angestellt und schloß hier mit den Dichtern Mnioch und Werner ein inniges Freundschaftsverhältnis. Nach dem Ende der preußischen Herrschaft in Warschau (1806) privatisierte er in Potsdam und Berlin als Schriftsteller, übersetzte namentlich Chaptals „Chimie appliquée aux arts“ (Berl. 1808, 2 Bde.) und begründete 1808 in Berlin ein Verlagsgeschäft, mit dem er später eine Sortimentshandlung und 1810 ein Lesezimmer für die Universität verband. Nachdem er 1814 sein Geschäft verkauft hatte, ward er 1815 Kriminalrat beim Kammergericht, 1827 Direktor des Kammergerichtsinquisitoriats. Infolge eines Augenübels nahm er 1835 seine Entlassung. Er starb 26. Nov. 1849. Seinen schriftstellerischen Ruf hatte er durch die Lebensbeschreibungen Z. Werners (Berl. 1823) und E. Th. A. Hoffmanns (das. 1823, 2 Bde.; 3. Aufl., Stuttg. 1839, 3 Bde.) begründet. 1825 gründete er die „Zeitschrift für die Kriminalrechtspflege in den preußischen Staaten“ und 1828 die „Annalen der deutschen und ausländischen Kriminalrechtspflege“, welche seit 1837 von Demme und in neuer Folge seit 1845 von Schletter fortgesetzt wurden. Auch gab er ein „Gelehrtes Berlin“ (Berl. 1826; fortgesetzt von Büchner, das. 1834) heraus. Seit 1842 führte er die Oberredaktion der in Leipzig erscheinenden „Preßzeitung“ und gab mit W. Häring den „Neuen Pitaval“ heraus. Im letztwilligen Auftrag seines Freundes A. v. Chamisso schrieb er dessen Biographie, die unter dem Titel: „Leben und Briefe von A. v. Chamisso“ (Leipz. [580] 1839–40, 2 Bde.) den Schluß der „Werke“ desselben bildet. Hitzigs Individualität soll in Werners „Söhnen des Thals“ in der Person des Tempelritters Robert d’Heredon dargestellt sein.

2) Ferdinand, hervorragender Exeget und Kritiker des Alten Testaments, geb. 23. Juni 1807 zu Hauingen in Baden, widmete sich seit 1824 zu Heidelberg, Halle und Göttingen dem Studium der orientalischen Sprachen und habilitierte sich 1829 zu Heidelberg in der theologischen Fakultät. Von hier folgte er 1833 einem Ruf nach Zürich als ordentlicher Professor der Theologie, um 1861 wieder nach Heidelberg überzusiedeln, wo er 22. Jan. 1875 starb. Wir nennen von seinen Schriften: „Begriff der Kritik, am Alten Testament praktisch erörtert“ (Heidelb. 1831); „Übersetzung und Auslegung des Propheten Jesaias“ (das. 1833); „Die Psalmen“ (neue Ausarbeitung, Leipz. 1863–65, 2 Bde.); „Ostern und Pfingsten“ (Heidelb. 1838); „Die zwölf kleinen Propheten“ (4. Aufl., Leipz. 1881); „Der Prophet Jeremia“ (2. Aufl., das. 1866); „Der Prediger“ (das. 1847, 2. Aufl. 1883); „Der Prophet Ezechiel“ (das. 1847); „Das Buch Daniel“ (das. 1850); „Das Hohe Lied“ (das. 1855); „Die Sprüche Salomonis“ (Zür. 1858); „Das Buch Hiob“ (Leipz. 1874). Besonders diese Kommentare haben neben Ewalds und Tuchs Arbeiten das Wissen um das Alte Testament ungemein gefördert, wiewohl die geniale Kühnheit der Kombinationen Hitzigs auch vielen Widerspruch finden mußte. Von seinen übrigen Schriften sind noch hervorzuheben: „Die Erfindung des Alphabets“ (Zürich 1840); „Über Johannes Markus und seine Schriften“ (das. 1843); „Urgeschichte und Mythologie der Philistäer“ (Leipz. 1845); „Geschichte des Volkes Israel“ (das. 1869–70, 2 Tle.); „Zur Kritik Paulinischer Briefe“ (das. 1870); „Die Inschrift des Mesha“ (Heidelb. 1870); „Sprache und Sprachen Assyriens“ (Leip. 1871); „Vorlesungen über biblische Theologie und messianische Weissagungen des Alten Testaments“ (hrsg. von Kneucker, Karlsr. 1880). Vgl. Kneucker, Zur Erinnerung an F. H. (Karlsr. 1882); Hausrath, Kleine Schriften (Leipz. 1883).

3) Georg Heinrich Friedrich, Architekt, Sohn von H. 1), geb. 8. April 1811 zu Berlin, besuchte die Bauakademie daselbst und war darauf in Triest und Berlin bei Privatbauten thätig. Er gehörte als einer der hervorragendsten zu derjenigen Gruppe von Architekten, welche das, was man die landschaftliche Bauweise Schinkels nennen könnte, die malerische Anordnung der Bauteile und Einordnung in die umgebende Landschaft, mit vielem Glück fortbildeten und jene Villenarchitektur schufen, welche der westlichen Vorstadt Berlins den Charakter aufprägt. Außer dem Palazzo Revoltella in Triest und einigen herrschaftlichen Landsitzen in Mecklenburg sind von Hitzigs Bauten eine Anzahl Berliner Privathäuser in der Viktoria- und Bellevuestraße, das Gersonsche Haus in der Tiergartenstraße, das Haus des Bildhauers Drake und das des Grafen Pourtalès hervorzuheben. Der erste große Monumentalbau Hitzigs war die neue Berliner Börse, die ihm als dem Sieger in einer Konkurrenz übertragen wurde. Der Bau war für Berlin insofern epochemachend, als er durchweg in gediegenem Material, die Fassade in Sandstein, ausgeführt ist, wodurch der Berliner stuck- und gipsbekleideten Scheinarchitektur ein Beispiel des Bessern vorgeführt wurde. Es folgten: der monumentale Bau der Reichsbank (s. Tafel „Berliner Bauten“), das Polytechnikum in Charlottenburg und der Umbau des Zeughauses zu einer Waffensammlung und Ruhmeshalle, welche in einer mächtigen Kuppel gipfelt (s. Tafel). Von der strengen Schinkelschen Richtung ausgehend, näherte sich H. immer mehr der italienischen Renaissance, mit deren Hilfe er sowohl in den Fassaden als in den Innenräumen die großartigsten monumentalen Wirkungen zu erreichen wußte. Er war Ritter des Ordens pour le mérite, Präsident der Akademie der Künste und Geheimer Regierungs- und Oberbaurat. Er starb 11. Okt. 1881 in Berlin. Ein großer Teil seiner Arbeiten ist publiziert unter dem Titel: „Hitzigs ausgeführte Bauwerke“ (Berl. 1850–67, 2 Bde. und Supplement).