Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Heliometer“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 8 (1887), Seite 356357
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Heliometer. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 356–357. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Heliometer (Version vom 15.03.2022)

[356] Heliometer (griech., „Sonnenmesser“), das genaueste astronomische Instrument zur Messung kleiner Winkel (s. Tafel „Astronomische Instrumente“ in Bd. 1, Fig. 4). Sein Prinzip besteht darin, daß das Objektivglas des Beobachtungsfernrohrs durch einen diametralen Schnitt in zwei Hälften zerlegt ist, die an zwei Metallschlitten befestigt sind, welche eine zur Richtung der Schnittlinie parallele Verschiebung gestatten. Solange beide Objektivhälften so nebeneinander stehen, daß die Ränder eine ununterbrochene Kreislinie bilden, wird man, wenn das Fernrohr beispielsweise auf die Sonne gerichtet ist, nur ein einziges Bild der Sonnenscheibe erblicken; wenn aber durch einen vom Okular a des Fernrohrs erreichbaren Bewegungsmechanismus eine der Objektivhälften oder, wie es gewöhnlich geschieht, beide Hälften nach entgegengesetzter Richtung auseinander bewegt werden, gibt jede der beiden Hälften ein kreisförmiges Bild der Sonne für sich, und durch eine Verschiebung von geeigneter Größe kann man die beiden Sonnenbilder in eine solche Lage bringen, daß sie sich in einem Punkt berühren; bewirkt man hierauf durch eine Verschiebung nach der entgegengesetzten Richtung, daß sich die beiden Scheiben wieder berühren, so entspricht die Verschiebung der Schlitten dem doppelten scheinbaren Sonnendurchmesser. Bei den von Fraunhofer konstruierten Heliometern wurde die Größe der Verschiebung durch die Zahl der Umdrehungen einer die Bewegung hervorbringenden feinen Mikrometerschraube gemessen; bei den von Repsold konstruierten Apparaten sind dagegen an den dem Innern des Fernrohrs zugewandten Flächen der Schieber nebeneinander liegende Teilungen auf Silberstreifen angebracht, die von dem Beobachter durch ein neben dem Okular liegendes Mikroskop b abgelesen werden. Drückt man die Verschiebung der Schlitten durch die Anzahl der Zwischenräume von Teilstrichen aus, um welche die beiden Skalen nebeneinander verschoben sind, und kennt man den einem Zwischenraum entsprechenden Winkelwert, so kann man den scheinbaren Durchmesser der Sonnenscheibe in Bogenminuten und -Sekunden finden.

Das H. wurde zunächst auf die Bestimmung des Sonnendurchmessers angewandt, und diesem Umstand verdankt es seinen Namen H. oder Sonnenmesser. Doch ist seine Anwendung keineswegs auf Sonnenbeobachtungen beschränkt, sondern man kann auch scheinbare Abstände zweier benachbarter Sterne α und β bestimmen, indem das Bild von α der einen Hälfte auf das Bild von β der andern Hälfte gestellt und, nachdem die Skalen abgelesen sind, eine zweite Stellung der Objektivhälften hervorgebracht wird, in welcher ebenfalls ein Zusammenfallen zweier Sternbilder stattfindet. Die dazu notwendige Verschiebung der Schlitten entspricht dem doppelten Abstand der beiden Sterne. Zur Ausführung dieser Beobachtung ist es noch erforderlich, den Spalt zwischen den beiden Objektivhälften in die Richtung der Verbindungslinie der beiden Sterne zu bringen. Zu diesem Zweck läßt sich vom Okularende aus dem ganzen Fernrohr eine Drehung um seine optische Achse erteilen, und um deren Größe und damit auch die Lage der Verbindungslinie der beiden Sterne gegen irgend einen am Himmel gedachten größten Kreis, der z. B. durch die Weltpole und durch die Mitte zwischen beiden Sternen hindurchgeht, bestimmen zu können, ist am Objektivende des Fernrohrs ein geteilter Kreis c angebracht, der durch ein neben dem Fernrohr liegendes Mikroskop d vom Okularende aus abgelesen werden kann. Die Beleuchtung der Objektivskalen des Positionskreises und der Einstellungskreise des parallaktisch aufgestellten Instruments geschieht durch zwei in der Figur sichtbare kleine Petroleumlampen e f. Ist einer der beiden Sterne von überwiegender Helligkeit, so daß bei Annäherung der beiden Bilder das schwächere vom hellern überstrahlt wird, so schwächt man letzteres durch Bedecken der entsprechenden Objektivhälfte mit Drahtgittern von verschiedener Dichte ab, die sich an einem Schirm g am Objektivende des Fernrohrs befinden. Die Vorteile, welche dieses Instrument gegenüber dem Fadenmikrometer (s. Äquatorial, S. 712) bietet, bestehen unter andern darin, daß man zur Einstellung der Sterne aufeinander keiner künstlichen Beleuchtung im Gesichtsfeld des Fernrohrs bedarf und daher auch bedeutend schwächere Sterne beobachten kann; ferner ist man bei den Messungen unabhängig von etwanigen unregelmäßigen Bewegungen des Uhrwerks, während es bei den Messungen von Sternabständen mit Hilfe eines Fadenmikrometers notwendige Bedingung ist, daß die scheinbare Halbierung des Sternbildes durch den Faden auf einige Zeit erhalten bleibt.

Die erste Idee des Heliometers ist von Savery 1743 und dann von Bouguer 1748 angegeben worden; beide wollten zwei nebeneinander verschiebbare Objektive anwenden. Der einfachere Gedanke, das Objektiv in zwei Hälften zu zerschneiden, rührt von Dollond her; aber erst Fraunhofer hat dem H. seine jetzige Gestalt gegeben. Das Fraunhofersche H. der Königsberger Sternwarte mit Objektiv von [357] 6 Zoll (15,8 cm) Öffnung hat in Bessels Händen der Astronomie große Dienste geleistet; auch hat ein ähnliches Instrument in Bonn vielfache Anwendung gefunden, und auf den deutschen Expeditionen zur Beobachtung des Venusdurchgangs sowie auf der Straßburger Sternwarte wurden Fraunhofersche H. von 31/2 Zoll (9,5 cm) Öffnung mit großem Erfolg angewandt. Im letzten Jahrzehnt ist eine Anzahl von Apparaten dieser Art, mit allen Vervollkommnungen ausgerüstet, aus der Werkstatt von Gebrüder Repsold in Hamburg hervorgegangen, und unsre Abbildung zeigt das für die Sternwarte zu New Haven in Nordamerika gelieferte Instrument. Vgl. Hansen, Ausführliche Methode, mit dem H. Beobachtungen anzustellen (Gotha 1827); Seeliger, Theorie des Heliometers (Leipz. 1876).

Heliometer (Heliothermometer), ein von Herschel konstruiertes und von Pouillet verbessertes Instrument zur annähernden Bestimmung der Wärmeabsorption in der Atmosphäre. Es besteht aus einem dosenförmigen Gefäß aus Silberblech von etwa 1 dm Durchmesser und 14–15 mm Höhe. In dem Gefäß befindet sich die Kugel eines Thermometers, dessen Röhre in einem auf ersterm Gefäß angebrachten vertikalen Metallrohr steckt. Dieser Apparat ist so auf einem Stativ befestigt, daß das erstere Gefäß gegen die Sonne, das Rohr aber gegen die Erde gekehrt ist, und daß das Ganze in jede beliebige Stellung gebracht werden kann. Das Gefäß aus Silberblech ist mit Wasser gefüllt und wird während der Beobachtung mit dem Rohr durch einen Knopf um sich selbst gedreht, damit das Wasser in Bewegung gerate und sich gleichmäßig erwärme. Außerdem ist die gegen die Sonne gekehrte Fläche des Gefäßes mit Ruß sorgfältig geschwärzt. Bei den Beobachtungen mit diesem Instrument ist zu berücksichtigen, daß dasselbe, während es Wärme aufnimmt, zugleich auch Wärme verliert und zwar sowohl durch Strahlung gegen den Himmelsraum als an die Umgebung. Man bestimmt deshalb fünf Minuten lang diesen Verlust (r), indem man das mit Wasser von der Temperatur der Umgebung gefüllte Gefäß im Schatten gegen den freien Himmel wendet, läßt dann weitere fünf Minuten die Sonnenstrahlen senkrecht einfallen, wodurch das Wasser erwärmt wird (g), und läßt dann wieder fünf Minuten lang die Wärme von der berußten Fläche frei gegen den Himmel ausstrahlen (Verlust r′). Die Temperaturerhöhung, welche durch die Sonne hervorgebracht sein würde, wenn kein Wärmeverlust stattgefunden hätte, ist . Aus den mit dem H. gemachten Beobachtungen leitet Pouillet ab, daß an heitern Tagen um Mittag ungefähr ein Drittel von den Wärmestrahlen der Sonne durch die Atmosphäre absorbiert wird; doch ist dieses Resultat entschieden zu klein, wie aus den Versuchen Tyndalls über die Diathermanität der Gase geschlossen werden kann.