MKL1888:Heizmaterialien

Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
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Band 8 (1887), Seite 334335
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Heizmaterialien. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 8, Seite 334–335. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Heizmaterialien (Version vom 01.10.2024)

[334] Heizmaterialien (Brennmaterialien, Brennstoffe), Körper meist organischen Ursprungs, deren Beschaffungspreis die Anwendung zur Erzeugung von Wärme durch Verbrennung für gewerbliche und häusliche Zwecke gestattet. Die gebräuchlichsten H. sind: Holz, Torf, Braun-, Steinkohle, Anthracit. Unter gewissen Verhältnissen kommen noch allerlei Abfälle, wie Gerberlohe, getrocknete Pflanzen, Stroh etc., hinzu. Alle diese H. bestehen im wesentlichen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, und zwar wächst der Kohlenstoffgehalt in der angegebenen Reihenfolge vom Holz bis zum Anthracit, während in demselben Maß der Sauerstoff- und Wasserstoffgehalt abnehmen. Als flüssiges Heizmaterial benutzt man Erdöl, welches nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff besteht, und in untergeordneter Weise Terpentinöl und fette Öle, als gasförmiges die brennbaren Gase, welche an manchen Orten dem Erdboden entströmen und wesentlich auch aus Kohlenwasserstoff bestehen. Neben diesen natürlichen werden künstliche H. benutzt: Holz- und Torfkohle und Steinkohlenkoks, Teer, seltener Spiritus, Methylalkohol, Glycerin, in immer ausgedehnterm Maß aber Gase, die aus geringwertigen H. durch trockne Destillation dargestellt werden (Gasfeuerung); ferner Wassergas, Leuchtgas, Gichtgase etc. Alle diese Heizgase bestehen im wesentlichen aus Kohlenoxyd, Kohlenwasserstoff und Wasserstoff.

Die hauptsächlichsten Bestandteile aller H. sind also Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, und die Verbrennungsprodukte bestehen aus Kohlensäure und Wasser. Sauerstoff- und Stickstoffgehalt beeinträchtigen den Wert der H. Der Sauerstoff macht einen so großen Teil des Wasserstoffs unwirksam, wie er braucht, um mit demselben Wasser zu bilden, und damit wird z. B. im Holz der ganze Wasserstoffgehalt erschöpft. Manche H. aber enthalten noch einen Überschuß an Wasserstoff (disponibler, freier Wasserstoff), wie z. B. manche Steinkohlen. Der Wert der H. wird ferner herabgemindert durch Gehalt an hygroskopischem Wasser (welches behufs seiner Verdampfung einen Teil der erzeugten Wärme in Anspruch nimmt, aber durch Trocknen, Darren entfernt werden kann), an Schwefel, der zu schwefliger Säure verbrennt und manche H. für gewisse Zwecke ganz unbrauchbar macht, endlich an mineralischen Stoffen, die bei der Verbrennung als Asche zurückbleiben.

Der Gebrauchswert der H. richtet sich nach dem Zweck, den man mit denselben erreichen will, und eine überall zutreffende Ordnung der H. nach ihrem Wert ist nicht zu geben. Für die einzelnen Fälle der Verwendung der H. berücksichtigt man die Brennbarkeit, die Flammbarkeit oder nur den zu erzielenden Wärmeeffekt. Die Brennbarkeit, d. h. die größere oder geringere Entzündlichkeit, ist abhängig von der physikalischen Beschaffenheit (Porosität) und dem Gehalt an Wasserstoff. Weiches Holz, besonders harzhaltiges (wasserstoffreiches), ist brennbarer als schweres, Holzkohle ist brennbarer als Koks und wasserstoffreiche Steinkohle brennbarer als Anthracit. Die Flammbarkeit, d. h. die Eigenschaft, mit mehr oder weniger großer Flamme zu verbrennen, ist abhängig von der Entwickelung brennbarer Gase oder Dämpfe aus den H., und da diese zumeist aus Kohlenwasserstoffen bestehen, so wird die Flammbarkeit durch den Gehalt an freiem, disponiblem Wasserstoff bestimmt. Leicht brennbarer H. bedarf man bei unvollkommenen Heizeinrichtungen, besonders bei solchen ohne Rost, wo schnelle Erwärmung auf nicht sehr hohe Temperatur erfolgen soll. Flammbare H. dienen zum unmittelbaren Erhitzen verhältnismäßig großer Räume oder großer Flächen, wie in Flammöfen und bei Kesselfeuerungen. Den größtmöglichen absoluten Wärmeeffekt erreicht man stets durch möglichst vollkommene Verbrennung des Brennmaterials und durch Vermeidung von Wärmeverlusten, wie sie z. B. durch Verdampfung von hygroskopischem Wasser herbeigeführt werden. Eine vollständige Verbrennung wird nur erreicht bei hinreichendem Luftzutritt. Die Kohlensäure, zu welcher der Kohlenstoff der H. verbrennt, enthält auf 1 Teil Kohlenstoff 2,66 Teile Sauerstoff. In 100 Teilen Luft sind aber auf 23,1 Teilen Sauerstoff 76,9 Teile Stickstoff, also auf 1 Teil des erstern 3,3 Teile des letztern und auf 2,66 Teilen Sauerstoff 8,88 Teile Stickstoff enthalten. 1 Teil Kohlenstoff braucht also, um zu Kohlensäure zu verbrennen, 11,54 Teile Luft, 1 kg Kohlenstoff mithin 8,7 cbm. Ferner braucht 1 Teil Wasserstoff 8 Teile Sauerstoff, um zu Wasser zu verbrennen, also dreimal mehr als Kohlenstoff, demnach 34,62 Teile Luft und 1 kg Wasserstoff mithin 26,1 cbm Luft. Hiernach brauchen zur vollständigen Verbrennung:

1 Kilogr. Heizmaterialien Luft in Kubikmetern
bei 0° bei 15°
Holz mit 20 Proz. Wasser 4,94 5,21
Holz, wasserfrei 6,17 6,51
Torf, trocken 6,98 7,36
Braunkohle, trocken 6,98 7,36
Steinkohle 8,58 9,05
Anthracit 9,07 9,57
Holzkohle 8,59 9,06
Koks 8,56 9,03

Erfahrungsgemäß reichen aber diese Luftmengen zur vollständigen Verbrennung nicht aus, sind vielmehr bis doppelt so groß zu nehmen, weil nur bei Überschuß von Sauerstoff sämtlicher Kohlenstoff zu Kohlensäure verbrennt. Bei allen anerkannt guten, sorgfältig unterhaltenen Feuerungen, die keinen Rauch [335] mehr entweichen lassen, findet sich in den abgehenden Feuerungsgasen beinahe noch ebensoviel freier Sauerstoff, wie sich in der Feuerung mit Kohlenstoff und Wasserstoff verbunden hat.

Handelt es sich um Erzeugung möglichst hoher Temperaturen, so muß man die H. gut trocknen, um Wärmeverluste durch Verdampfung des hygroskopischen Wassers zu vermeiden; ferner muß man möglichst kompakte H. verwenden, um in demselben Raume mehr Brennstoff zu verbrennen. Man muß für energische Luftzuführung sorgen, um die Verbrennung zu beschleunigen, und die zugeführte Luft vorher erhitzen. Der große Überschuß an Luft, den man behufs vollständiger Verbrennung in die Feuerung leiten muß, ist der Erzielung hoher Hitzegrade sehr hinderlich, weil der Überschuß sehr viel Wärme entführt. Eine einfache Rechnung ergibt, daß aus diesem Grund eine höhere Temperatur erzielt wird, wenn man nur die Hälfte des Kohlenstoffs zu Kohlensäure, die andre aber zu Kohlenoxyd verbrennt, also eine unvollständige Verbrennung einleitet. Hiervon macht man nicht selten bei metallurgischen Operationen Gebrauch; am vorteilhaftesten aber ist die Anwendung gasförmiger H., bei denen es allein möglich ist, das zur vollständigen Verbrennung erforderliche Luftquantum genau zu regulieren.

Hinsichtlich der bei der Verbrennung erzeugten Wärme ist zu unterscheiden, wieviel Wärme überhaupt von den H. entwickelt wird (Brennkraft, spezifischer oder absoluter Wärmeeffekt), und der Temperaturgrad, den das Heizmaterial bei einer Anfangstemperatur von 0° entwickelt (Heizkraft, pyrometrischer Wärmeeffekt). Heizkraft und Brennkraft zusammengenommen bestimmen den Wert eines Heizmaterials. Wird die Brennkraft auf den Wert des Heizmaterials bezogen, so erhält man dessen Brennwert. Da für die Wärme kein bestimmtes Maß vorhanden ist, so muß man sich begnügen, die relativen Wärmemengen zu ermitteln, d. h. anzugeben, um wieviel die aus einem Brennstoff entwickelte Wärmemenge die aus einem andern übertrifft. Führt man die erzielten Resultate auf ein bestimmtes Volumen der H. zurück, so findet man den spezifischen Wärmeeffekt, bezieht man sie dagegen auf ein bestimmtes Gewicht, z. B. auf 1 kg des Brennmaterials, den absoluten Wärmeeffekt oder die kalorische Wärme. Beide Effekte werden bedingt durch die chemische Zusammensetzung des Heizmaterials, die spezifische Wärme der Verbrennungsprodukte und ihrer Begleiter, den Feuchtigkeits- und Aschengehalt und den äußern Zustand der H. Unter Wärmeeinheiten (Kalorien) versteht man diejenige Wärmemenge, welche nötig ist, um eine dem verwendeten Heizmaterial gleiche Menge Wasser um 1° C. zu erwärmen. Die absoluten Wärmeeffekte einiger der wichtigsten H. ergibt folgende Tabelle:

  Absolute Wärme­effekte
Wasserstoff 34462
Sumpfgas 13063
Äthylen 11857
Petroleum, rohes 11773
Terpentinöl 10852
Äther 9027
Fett 9000
Kohlenstoff zu Kohlensäure verbrennend 8080
Steinkohle 6–8000
Holzkohle 7640
Alkohol 7183
Methylalkohol 5307
Holz 3600
Torf 3000
Kohlenstoff zu Kohlenoxyd verbrennend 2474
Kohlenoxyd 2403
Schwefel 2220

Den spezifischen Wärmeeffekt eines Heizmaterials erhält man durch Multiplikation des absoluten Wärmeeffekts mit dem spezifischen Gewicht des Heizmaterials.

Für die Praxis ist die Bestimmung der Wassermengen wichtig, welche durch gleiche Gewichtsteile der verschiedenen H. in Dampf verwandelt werden. Um 1 kg Wasser von 0° in Dampf von 100° zu verwandeln, sind 652 Wärmeeffekte erforderlich. Es können daher verdampfen 1 kg Kohlenstoff und 1 kg Wasserstoff kg Wasser. Diese theoretische Verdampfungskraft wird aber in der Praxis niemals erreicht. Im Durchschnitt verdampft 1 kg trockner aschenfreier Brennstoff und zwar harzhaltiges Holz 10,2, gewöhnliches Holz 9,6, Torf 11,4, Braunkohle 12,6, Steinkohle 16,8, Koks 17 kg Wasser von 0°.

Der pyrometrische Wärmeeffekt eines Heizmaterials kann ermittelt werden, indem man die Gewichtsmengen sämtlicher bei der Verbrennung auftretender Produkte mit der zugehörigen spezifischen Wärme (Luft 0,238, Wasserdampf 0,475, Kohlensäure 0,216, Kohlenoxyd 0,2179, Stickstoff 0,244, Asche 0,2) multipliziert und den ermittelten absoluten Wärmeeffekt durch die Summe dieser Produkte dividiert. In reinem Sauerstoff verbrannt, gibt 1 g Kohlenstoff 3,67 g Kohlensäure, und der pyrometrische Wärmeeffekt ist daher . In der Luft verbrannt, kommen noch 8,88 g Stickstoff, mit welchem der Sauerstoff verdünnt ist, in Rechnung, und die Verbrennungstemperatur ergibt sich daher . Da nun in der Praxis doppelt soviel Luft erforderlich ist, als die Rechnung ergibt, so sind auch noch 11,55 g Luft zu berücksichtigen, und man erhält als Ausdruck für den pyrometrischen Wärmeeffekt des Kohlenstoffs. In solcher Weise findet man, daß folgende Temperaturen erzielt werden können bei:

Holz mit 20 Proz. Wasser 1150°
Holz, wasserfrei 1200°
Torf 1210°
Braunkohle 1300°
Holzkohle 1340°
Koks 1340°
Steinkohle 1360°
Anthracit 1360°

Führt man aber nur die einfache Luftmenge in den Verbrennungsraum ein, so daß die Hälfte des Kohlenstoffs zu Kohlensäure, die andre Hälfte zu Kohlenoxyd verbrannt wird, so erhält man folgende höhere Temperaturen:

Holz mit 20 Proz. Wasser 1520°
Holz, wasserfrei 1660°
Torf 1810°
Braunkohle 1950°
Holzkohle 2040°
Koks 2040°
Steinkohle 2110°
Anthracit 2130°

Dies sind die höchsten Temperaturen, welche sich technisch durch einfache Verbrennung der H. auf einem Rost in dem Feuerraum erreichen lassen. Bei Anwendung von Gasen aber und unter den oben angegebenen Bedingungen kann man dem theoretischen pyrometrischen Wärmeeffekt erheblich näher kommen. Vgl. Strott, Über H., Anleitung zur Ermittelung des Brennwertes etc. (Holzmind. 1876); Fischer, Chemische Technologie der Brennstoffe (Braunschw. 1880); Krüger, Lehre von den Brennmaterialien (Jena 1883).


Jahres-Supplement 1891–1892
Band 19 (1892), Seite 437439
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[437] Heizmaterialien. Über den Heizwert der Steinkohle und seine Beziehungen zur chemischen Zusammensetzung derselben sind in letzter Zeit vielfach sich widersprechende Anschauungen hervorgetreten. Bis um die Mitte der 60er Jahre waren Versuche über die Verbrennungswärme der Steinkohle so gut wie gar nicht vorhanden. Zwar waren ausgedehnte Untersuchungen über die Verdampfungskraft der Kohle in Amerika, England, Deutschland und Frankreich ausgeführt worden, da aber bei Dampfkesseln wie bei allen Feuerungsanlagen große und wechselnde Wärmeverluste stattfinden, welche bei diesen Versuchen nicht ermittelt wurden, so konnten die auf solche Weise gefundenen praktischen Heizwerte keine allgemeine Bedeutung besitzen, und die gesamte, bei der vollkommenen Verbrennung entwickelte Wärmemenge, die Verbrennungswärme der Kohle, blieb unbekannt. Soweit man letztere in Betracht zog, ging man von der Anschauung aus, daß dieselbe abhängig sei von der Elementarzusammensetzung der Steinkohle, und berechnete den sogen. theoretischen Heizwert nach der Dulongschen Regel. Nach dieser soll bekanntlich die Verbrennungswärme einer organischen Verbindung gleich sein der Summe der Verbrennungswärmen der einzelnen Elemente; bei sauerstoffhaltigen Körpern, wie bei H., wurde angenommen, daß der Sauerstoff mit einem Teil des Wasserstoffs bereits zu Wasser verbunden sei und dieser Teil daher an der Wärmeentwickelung bei der Verbrennung nicht teilnehme. Bezeichnet C den Kohlenstoff-, H den Wasserstoff-, O den Sauerstoff-, S den Schwefel-, W den Wassergehalt der Kohle, so berechnete man den theoretischen Heizwert nach der Formel

oder einer ähnlich gestalteten. Einen tiefen wissenschaftlichen Wert besitzt diese Regel nicht, da eine Reihe von Voraussetzungen, unter denen sie aufgestellt ist, offenbar nicht zutrifft; so ist der Kohlenstoff in der Steinkohle nicht als Holzkohle vorhanden, deren Verbrennungswärme mit 8080 eingesetzt ist; ferner ist der Wasserstoff nicht gasförmig und ein Teil des Wassers nicht fertig gebildet in der Kohle vorhanden, wie es nach der Dulongschen Regel angenommen wird. Man schenkte deshalb dem nach dieser Formel berechneten Heizwert nur geringes Vertrauen, zumal keinerlei Versuche vorhanden waren, welche die Regel bestätigen oder die Größe ihrer Abweichung vom wahren Werte hätten feststellen können. Erst 1867 führten Scheurer-Kestner und Meunier in Mülhausen Versuche zur Ermittelung der Verbrennungswärme der Steinkohle im kleinen mit Hilfe eines Kalorimeters aus. Aus den erhaltenen Werten glaubte Scheurer-Kestner schließen zu dürfen, daß die Verbrennungswärme der Kohle nicht nur erheblich größer sei (um 10–17 Proz.) als die Dulongsche Formel angebe, ja sogar höher als die Summe der Verbrennungswärmen der Elemente C und H, sondern daß überhaupt die Elementarzusammensetzung der Kohle keinen auch nur annähernden Schluß auf ihren Heizwert zulasse. Gegen die Richtigkeit der Beobachtungen von Scheurer-Kestner tauchten wiederholt Zweifel auf, und immer dringender trat das Bedürfnis hervor, die Verbrennungswärme der Kohlen mit Verwendung größerer Mengen (Scheurer-Kestner hatte mit 0,3–0,5 g gearbeitet) unter Bedingungen festzustellen, wie sie bei der praktischen Verheizung, etwa bei Dampfkesselfeuerungen, vorhanden sind. Der Polytechnische Verein in München errichtete daher unter Aufwendung bedeutender Geldmittel eine Heizversuchsstation, welche ihre Arbeiten 1879 begann. Der Versuchsapparat ist ein für besondere Zwecke in mehrere Abteilungen getrennter stehender Röhrenkessel mit Innenfeuerung, in welchem Kohlen genau wie in jedem Dampfkessel verheizt werden; der Versuchskessel hat nur besondere Einrichtungen, um alle bei der Verbrennung entwickelte Wärme in den verschiedenen [438] Formen ihres Auftretens messen zu können. Die Versuchsanlage stellt also ein Kalorimeter im großen Maßstabe dar und funktioniert so vortrefflich, daß z. B. für Holzkohle eine Verbrennungswärme von 8133 gefunden wurde, während Favre u. Silbermann in kleinen Kalorimetern 8080, Scheurer-Kestner 8100 und Berthelot 8140 gefunden hatten. Bei Ausführung der Untersuchungen wurden 200–300 kg Kohle während eines 6–10stündigen Versuches auf dem Roste verbrannt, und in dieser Weise ward eine große Zahl von Brennstoffen untersucht. Das Ergebnis stand vollständig im Gegensatze zu den Behauptungen von Scheurer-Kestner. Die erhaltenen Werte zeigten eine so nahe Übereinstimmung mit der aus der chemischen Zusammensetzung nach der Dulongschen Regel ermittelten theoretischen Verbrennungswärme, daß man berechtigt ist, die Verbrennungswärme der Kohle mit einer für die Praxis ausreichenden Genauigkeit aus der chemischen Analyse einer Durchschnittsprobe der Brennstoffe zu berechnen. Diese Ergebnisse der Heizversuchsstation München sind in weiten Kreisen der Technik mit Vertrauen aufgenommen worden, und es hat sich auf dieser Basis eine rationelle Kontrolle der Brennstoffe und Feuerungsanlagen entwickelt, welche namentlich in Süddeutschland von dem bayrischen Dampfkesselrevisionsverein und dessen Direktor Gyßling weiter ausgebildet worden ist. In der wissenschaftlichen und technischen Litteratur wurde dagegen die Methode der Münchener Station vielfach als unwissenschaftlich hingestellt, und die Sätze von Scheurer-Kestner fanden vielfache Vertretung. Unter diesen Umständen unternahm Bunte neue Bestimmungen der Verbrennungswärme der Kohle und bediente sich hierbei derselben Apparate und Methoden, welche von den Gegnern der Münchener Arbeiten angewandt worden waren. Er benutzte sehr verschiedene fossile Brennstoffe und erhielt eine sehr gute Übereinstimmung der im Kalorimeter gefundenen Verbrennungswärme mit der nach der Dulongschen Regel berechneten und mit der aus den im großen ausgeführten Heizversuchen der Münchener Station berechneten Verbrennungswärme.

Fast ebenso wichtig wie die Kenntnis der wahren Verbrennungswärme, des Heizwertes der Kohle, ja oft noch wichtiger ist die Kenntnis der Bedingungen für die beste Ausnutzung der Brennstoffe, denn in vielen Fällen der Praxis handelt es sich weniger um die Auswahl und Bewertung verschiedener Brennstoffe als vielmehr darum, mit einem vorhandenen, dem ortsbilligsten Brennstoff die höchste Leistung zu erzielen. Mit andern Worten: man muß die bei der Verheizung der Brennstoffe entstehenden Verluste möglichst zu vermindern suchen, sei es durch die Einrichtung oder durch die Art der Bedienung der Feuerung. In den allermeisten Fällen aber, selbst bei Feuerungen, welche mit niedrigen Abgangstemperaruren arbeiten, wie die Dampfkesselfeuerungen, trifft der weitaus größte Verlust auf die mit höherer Temperatur entweichenden Rauchgase. Die Größe dieses Verlustes ist unmittelbar abhängig von dem Kohlensäuregehalt der Rauchgase: er ist um so größer, je weniger Kohlensäure die Rauchgase enthalten, je größer also der Luftüberschuß ist, mit dem die Feuerung betrieben wird; er ist um so kleiner, je mehr Kohlensäure die Rauchgase enthalten, je mehr sich die zur Verbrennung verbrauchte Luftmenge der theoretisch notwendigen nähert.

Es ist bekannt, daß man in einer und derselben Feuerung, etwa einem Dampfkessel, mit genau demselben Brennmaterial sehr verschiedene Leistungen erhält, je nach der Art der Verheizung; während heute bei aufmerksamer Bedienung eine achtfache Verdampfung erreicht wird, erhält man morgen bei mangelhafter Besorgung des Feuers nur eine siebenfache Verdampfung. Daraus geht hervor, daß der Heizwert der Kohle nicht ohne weiteres durch einen einfachen Verdampfungsversuch festgestellt werden kann, da das Ergebnis einer solchen Prüfung bis zu einem gewissen Grade ebensosehr von der Art der Verbrennung wie von der Heizkraft des Brennstoffs selbst abhängig ist. Bei vier Versuchen mit Koks aus Saarkohlen in dem Kessel der Münchener Station waren alle Verhältnisse gleich, nur die Menge der zur Verbrennung zugeführten Luft und damit der Kohlensäuregehalt der Verbrennungsgase wurde geändert. Hierbei ergab sich bei einem Kohlensäuregehalt von 8 Proz. eine 8,6fache Verdampfung und bei einem Kohlensäuregehalt von 14,9 Proz. eine 9,6fache Verdampfung. Es ist nun von besonderer Wichtigkeit, die Beziehungen zu kennen, welche zwischen dem Kohlensäuregehalt der Rauchgase und der Wärmeausnutzung bestehen. Verbrennen in einem abgeschlossenen Volumen von 100 cbm Luft 0,536 kg Holzkohle zu Kohlensäure, so enthält die Verbrennungsluft 1 cbm oder 1 Proz. Kohlensäure. Bei der Bildung dieser Kohlensäure ist eine Wärmemenge frei geworden, welche die Temperatur der Luft, die anfänglich 0° gewesen sein soll, erhöht hat. Diese Temperaturerhöhung läßt sich leicht berechnen aus der entwickelten Wärme , dividiert durch die Wärmekapazität von 100 cbm Luft, . Es ergibt sich . Beim Verbrennen der doppelten Menge Kohle entsteht ein Gas mit 2 Proz. Kohlensäure, und die Temperatur wird etwa um den gleichen Betrag höher steigen. Thatsächlich ist die Temperatursteigerung etwas geringer (280°), weil mit zunehmendem Kohlensäuregehalt die Wärmekapazität sich erhöht. In gleicher Weise fortfahrend, ergibt sich für jeden Kohlensäuregehalt der Verbrennungsluft eine gewisse Temperatur T, die sogen. Anfangstemperatur, wie die folgende Tabelle zeigt:

Beziehung zwischen Kohlensäuregehalt (K) der Verbrennungsluft und Anfangstemperatur (A) bei reiner Holzkohle.
K Proz. A
1 141
2 280
3 419
4 557
5 694
6 830
7 962
8 1096
9 1229
10 1360
11 1490
12 1620
13 1750
14 1880
15 2005
16 2130
17 2255
18 2375
19 2500

Ob die Anfangstemperaturen wirklich erreicht werden, ist für die Betrachtung gleichgültig, da sie nur Rechnungselemente sind, um das Verhältnis der gesamten entwickelten Wärme zu der in den heißen Rauchgasen entweichenden festzustellen. Aus der Differenz der entwickelten Wärme und dem Wärmeverlust durch die Rauchgase ergibt sich dann unmittelbar die Ausnutzung, d. h. diejenige Wärmemenge, welche an den Heizkörper, etwa einen Dampfkessel, abgegeben worden ist. Diese letztere ist offenbar abhängig von dem Temperaturgefälle zwischen Anfangstemperatur T und der Abgangstemperatur t der Rauchgase. Hiernach läßt sich der Wärmeverlust durch die Rauchgase allgemein darstellen durch den Bruch ; der an die Feuerung abgegebene Wärmebetrag, die Ausnutzung, durch . Handelt es sich z. B. um Rauchgase [439] mit einem Kohlensäuregehalt von 5 Proz. (T = 694) und einer Abgangstemperatur (bez. einem Temperaturüberschuß über die äußere Luft) von 300°, t = 300, so ergibt sich der Wärmeverlust durch die Rauchgase Proz. Enthielten die Rauchgase 10 Proz. Kohlensäure und 300° Abgangstemperatur, so ergibt die Formel einen Wärmeverlust von Proz. Um nun zu prüfen, inwieweit diese theoretischen Auseinandersetzungen den thatsächlichen Verhältnissen entsprechen und eine praktische Anwendung gestatten, lassen sich die Beobachtungen der Münchener Station benutzen, da Koks beim Verbrennen unter den hier in Frage stehenden Umständen sich ähnlich verhalten wie Holzkohle. Bei den oben angeführten vier Koksversuchen ist beobachtet worden:

  I II III IV
Kohlensäuregehalt der Rauchgase 8,0 10,2 13,8 14,9
Temperaturüberschuß (t) 218,0 203,0 192,0 174,0
Wärmeverlust in Proz. der entwickelten Wärme von 21,0 15,0 12,0 10,0
Dem gegenüber ergibt sich aus der Formel mit Hilfe obiger Tabelle
Verlust durch die Rauchgase in Proz.
20,0 14,6 10,4 8,7

Rechnung und Versuch zeigen also in diesen extremen Fällen eine genügende Übereinstimmung (größte Abweichung 1,6 Proz.), um die Brauchbarkeit der Formel für viele praktische Zwecke zu erweisen. Auch für Steinkohlen werden, wie eine genauere Überlegung zeigt, innerhalb gewisser Grenzen noch praktisch brauchbare Resultate erhalten, obwohl durch den Wasserstoffgehalt der Kohle und den bei der Verbrennung entstehenden Wasserdampf eine Verschiebung der Verhältnisse eintritt. Soweit es sich um Dampfkesselfeuerungen, also um relativ niedrige Abgangstemperaturen handelt, wird man auch bei wasserstoffreichen Brennstoffen, z. B. Saarkohlen, auf eine Übereinstimmung von etwa 2–4 Proz. rechnen dürfen. Vgl. Bunte, Zur Wertbestimmung der Kohle (Verhandlungen der 30. Jahresversammlung des Vereins von Gas- und Wasserfachmännern); Gyßling, Auswahl, Lieferung und Prüfung von Brennstoffen (München 1884); Naumann, Die Heizungsfrage (Giehen 1884); F. Fischer, Chemische Technologie der Brennstoffe (Braunschw. 1880).