Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Hain“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 1022
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Hain. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 1022. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Hain (Version vom 20.08.2021)

[1022] Hain (Freund H.), s. Hein.

Hain, gehegtes Gehölz von mäßigem Umfang; heiliger H. (lat. lucus, auch nemus), ein dem religiösen Kult geweihtes Gehölz, dergleichen uns fast in allen alten Religionskulten des Occidents wie des Orients begegnen und sich dem uralten Baumkultus (s. d.) anschließen. Schon Abraham baute dem Jehovah einen Altar in dem Eichenhain Mamre bei Hebron; die Propheten aber rügen wiederholt den Götzendienst des Volkes in Hainen, da das mosaische Gesetz den Jehovahdienst ausschließlich in die Stiftshütte und später in den Tempel wies. Bei Griechen und Römern wählte man ein Stück natürlichen Waldes aus und weihte dasselbe dem Gott zum Eigentum, dem man bald auch Altäre und Statuen darin errichtete. Später schuf man um die Tempel der Götter Haine durch Anpflanzungen von nicht fruchttragenden Bäumen und umgab dieselben mit einem Zaun. Entweihung und Beschädigung solcher heiligen Haine wurde vom Gesetz mit schweren Strafen geahndet. Der nicht umfriedigte Raum war dagegen der Benutzung nicht entzogen, konnte daher auch mit fruchttragenden Bäumen bepflanzt sein; nur kam der Ertrag derselben dem Heiligtum zu gute und wurde für Bedürfnisse des Kultus, Feste etc. verwendet (so der der Feigenbäume der Athene). Die berühmtesten heiligen Haine der Griechen waren der Altis zu Olympia, der Eumenidenhain bei dem attischen Demos Kolonos, der H. der Artemis zu Ephesos, in Italien der H. der Egeria bei Aricia, der der Furien bei Rom, der Musenhain in Latium; aber auch in Rom selbst gab es mehrere heilige Haine, z. B. am Aventinus. Ähnlich tritt die Verehrung heiliger Bäume und Haine bei den übrigen Völkern Europas, namentlich auch bei den alten Germanen, auf, und vieler Kapitularbeschlüsse bedurfte es nachher bei Einführung des Christentums, sie auszurotten. Das Bestehen der Sitte für die heidnische Zeit erwähnt schon Tacitus, und weiter wird sie oft bestätigt; so ordnete Arminius seine Scharen in einem H., und in einem solchen versammelte auch Civilis seine Bataver zu Schmaus und Beratung. Auch sonst wurden Feste und Opfer gern im Schatten heiliger Wälder gehalten. Unter den Bäumen galt vornehmlich die Eiche für heilig, nächstdem die Ulme, Linde, Tanne u. a. Wer in einen heiligen H. floh oder den Schatten eines heiligen Baums erreichte, war der Strafe entronnen. Bei der Ausbreitung des Christentums wurden oft an der Stätte derartiger heiliger Bäume christliche Kultusstätten errichtet, wie es namentlich noch in Süddeutschland in den an den Marienkult sich knüpfenden Legenden hervortritt. Spuren des alten Baumkultus treten auch noch in der feierlichen Aufrichtung und festlichen Ausschmückung von Bäumen zur Zeit der alten Sonnenwendfeste hervor (Mai-, Johannis- und Weihnachtsbäume). Vgl. Bötticher, Der Baumkultus der Hellenen (Berl. 1856); Mannhardt, Der Baumkultus der Germanen etc. (das. 1875); Schwartz, Indogermanischer Volksglaube (das. 1885). – H. ist auch Bezeichnung der den Logen der Freimaurer entsprechenden Vereinigungen des sogen. Druidenordens (s. d.).