Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gottschalk“ in Meyers Konversations-Lexikon
Seite mit dem Stichwort „Gottschalk“ in Meyers Konversations-Lexikon
Band 7 (1887), Seite 570571
Mehr zum Thema bei
Wikisource-Logo
Wikisource: [[{{{Wikisource}}}]]
Wiktionary-Logo
Wiktionary:
korrigiert
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Indexseite
Empfohlene Zitierweise
Gottschalk. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 570–571. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gottschalk (Version vom 30.08.2023)

[570] Gottschalk (Godeschalk), altdeutscher Mannesname, s. v. w. guter Diener oder Gottes Diener. Merkwürdig sind: 1) (G. von Orbais) Theolog des 9. Jahrh., Sohn eines sächsischen Grafen, Bere, wurde infolge eines Gelübdes schon in zarter Jugend dem Kloster zu Fulda übergeben. Nachdem ihn auf seinen dringenden Wunsch eine Synode zu Mainz 829 seiner Klostergelübde entbunden hatte, ward er auf Anstiften seines Abtes Hrabanus Maurus von Ludwig dem Frommen genötigt, sie nochmals abzulegen. Im Kloster Orbais (Diözese Soissons) studierte er nun die Schriften der Kirchenväter, besonders des Augustinus, und fand sich von ihnen so angezogen, daß er nicht nur ihre Ansichten von der Erbsünde adoptierte, sondern auch die Lehre von der Prädestination (s. d.) in strengster Auffassung sich zu eigen machte. Wegen dieser Ansichten, die G. auf einer Reise nach Italien offen lehrte, von Hrabanus Maurus, der unterdessen Erzbischof von Mainz geworden war, zur Rechenschaft gezogen, erschien G. in Mainz und überreichte sein Glaubensbekenntnis dem Erzbischof; dieser aber ließ ihn sofort auf einer Kirchenversammlung daselbst 848 als Ketzer verdammen und seinem Metropolitan Hinkmar, Erzbischof von Reims, zur weitern Bestrafung überantworten. G. ward von diesem 849 seines Priestertums entsetzt und so lange gegeißelt, bis er seine Lehre schriftlich dem Feuer preisgab. Zu lebenslänglicher Kerkerhaft verurteilt, widerrief er seinen Widerruf und starb, unversöhnt mit der Kirche und ungebeugt, 868 im Gefängnis. Vgl. Borrasch, G. von Orbais (Thorn 1868); Köhler in der „Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie“ 1878.

2) Fürst der Obotriten, Wagrier und Polaben, Udos Sohn, im St. Michaeliskloster zu Lüneburg erzogen, zeigte sich erst dem Christentum feindlich, schloß dann aber mit Herzog Bernhard II. von Sachsen Frieden. Nach längerer Abwesenheit am Hof Knuts d. Gr. von Dänemark kehrte er 1043 in seine Heimat Mecklenburg zurück, gründete hier im Einvernehmen mit Erzbischof Adalbert II. von Hamburg-Bremen ein großes Wendenreich, in welchem er [571] durch Anlegung von Bistümern und Klöstern das Christentum ausbreitete, wurde aber 14. Juni 1066 bei einem Aufstand des heidnischen Volkes in der Kirche zu Lenzen erschlagen und sein Reich zerstört. Sein Geschlecht erlosch um 1125.