MKL1888:Goldschlägerei
[493] Goldschlägerei, die Kunst, Gold, Silber, Platin, Aluminium und Metalllegierungen in äußerst dünne Blättchen zu verwandeln. Das Gold wird meist, das Silber stets ganz rein (nicht mit andern Metallen legiert) angewandt. Nur zu blaßgelbem Blattgold (Pariser Gold, Franzgold) versetzt man Feingold mit 1/16 Silber oder mit 1/20 Silber und 1/80 Kupfer. Man gießt aus dem Metall in einem eisernen Einguß einen 70–140 g schweren Zain, schmiedet ihn nach Länge und Breite aus, verdünnt ihn dann weiter unter einem Walzwerk, zerschneidet das Blech in viereckige Stücke von 25 mm im Quadrat (Quartier) und schlägt es nun weiter mit dem Hammer auf einem Granitblock. Hierbei wird eine große Anzahl von Blättchen übereinander gelegt und durch dazwischengelegte Blätter von Pergament voneinander getrennt. Im letzten Stadium des Schlagens wechselt man die Pergamentblätter gegen das feine Oberhäutchen vom Blinddarm des Ochsen (Goldschlägerhaut) aus, welches zu diesem Zweck gereinigt, aufgespannt, getrocknet, mit Alaunwasser gewaschen, mit Wein, worin man Hausenblase und einige Gewürze aufgelöst hat, bestrichen und mit Eiweiß überzogen wird. Man schneidet aus diesem Material Blätter von 100–125 mm im Quadrat, schichtet deren eine bestimmte Zahl mit den zarten Metallblättchen, schiebt das Ganze in ein doppeltes Futteral von Pergament und bearbeitet diese Form mit Hämmern von 2,5–8 kg, bis das Metall die Größe der Form erreicht hat, nimmt es dann heraus, zerschneidet es über Kreuz in vier gleiche Teile und setzt das Schlagen in einer neuen Form fort. Man wendet gewöhnlich zwei Pergamentformen und dann zwei Hautformen (bis zu 800 Blatt enthaltend) nacheinander [494] an. Zum Ersatz der sehr beschwerlichen Handarbeit kommen in neuerer Zeit immer mehr die mechanischen Federhämmer (s. Hammer) statt der Handhämmer in Aufnahme. Die fertige Ware legt man in kleine Büchelchen aus Seidenpapier, welches mit Englischrot eingerieben ist. Das Blattgold ist 1/9000–1/7000 mm dick, die stärkste Sorte (Fabrikgold), welche zur Vergoldung von Silberdraht dient, 1/250–1/140 mm. Blattsilber wird ebenso dargestellt wie Blattgold, aber weniger fein geschlagen und ist etwa 1/4500 mm dick. Blattaluminium ist teurer als Blattsilber, läuft nicht, wie dieses, braun oder schwarz an, oxydiert sich aber allmählich zu Thonerde. Zwischgold ist Blattsilber, welches auf der einen Seite einen sehr dünnen Überzug von Gold hat; man erhält es, indem man vor Vollendung der Arbeit auf ein Silberblatt ein Goldblättchen legt und dann wie gewöhnlich die Bearbeitung vollendet. Es läuft wie Silber an.
Für viele Zwecke ist der Ersatz des teuern Blattgoldes durch ein ähnliches billigeres Fabrikat aus Kupferlegierungen wünschenswert, und seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts wird daher viel Messing und Tombakblech auf Blattmetall verarbeitet. Man gießt auch hier die Legierung (von Kupferrot bis Blaß- und Grüngelb) in halbrunde Barren, walzt diese zu einem 2 cm breiten, papierdünnen Band aus, bindet letzteres zu einem 60 cm langen Pack zusammen und schlägt es unter dem Zainhammer zu einem 4 cm breiten Band aus. Nach wiederholtem Glühen wird dies auf 10 cm Breite gebracht, gebeizt, zerschnitten, in Packen von 1–2000 Stück unter dem Zainhammer weiter gestreckt, abermals zerschnitten und zwischen Pergament unter dem Quetsch- oder Lothammer auf 15 cm im Quadrat ausgeschlagen. Hierauf folgt nun schließlich die Anwendung von Federhämmern, seltener von Handarbeit, zwischen Pergament, dann zwischen Goldschlägerhaut. Das Fabrikat ist das unechte Blattgold, Metallgold, Goldschaum und das unechte Blattsilber, Metallsilber, Silberschaum. Ersteres ist Tombak mit 9–17 Proz. Zinkgehalt und 1/1300–1/2000 mm dick, letzteres ist Zinn mit 2–21/2 Proz. Zink oder auch Argentan und 1/800 mm dick. Die Abfälle von der Bereitung des Blattgoldes (Krätze, Schawine) werden auf Goldbronze (Malergold, Muschelgold), die Abfälle der Verarbeitung der Kupferlegierungen auf Bronzefarben (s. d.) verwertet. Die Goldschlägerkunst ist jedenfalls sehr alt. Schon die Ägypter hatten es darin zu großer Vollkommenheit gebracht. Später bedienten sich die Griechen desselben vielfach zur Ausschmückung von Skulpturwerken. Nach Plinius vergoldeten die Römer nach der Zerstörung Karthagos die Decken ihrer Tempel und Paläste, und dieser Luxus fand sehr bald große Verbreitung. Plinius erzählt, eine Unze Gold sei zu 750 Blättern ausgeschlagen worden, von denen jedes vier Finger im Quadrat groß gewesen; dies Blattgold war mithin mehr als dreimal stärker als das, welches man jetzt anfertigt. Die moderne G. ist wahrscheinlich von Fürth und Lechhausen bei Augsburg ausgegangen und von dort nach Nürnberg verpflanzt. Der Hauptsitz ist noch gegenwärtig Fürth und Nürnberg.