Meyers Konversations-Lexikon
4. Auflage
Seite mit dem Stichwort „Gnesen“ in Meyers Konversations-Lexikon
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Band 7 (1887), Seite 460
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Gnesen. In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1890, Band 7, Seite 460. Digitale Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/wiki/MKL1888:Gnesen (Version vom 15.09.2022)

[460] Gnesen, Erzbistum im ehemaligen Königreich Polen, zu dessen Sprengel nebst den preußischen die Bistümer Breslau, Kammin und Lebus und seit dem 12. Jahrh. Posen gehörten. Es wurde ums Jahr 1000 begründet. Der Erzbischof war Legat des päpstlichen Stuhls und seit 1416 Primas von Polen. Kraft dessen hatte er das Recht, den polnischen König zu krönen, und war seit 1572 bis zur Wahl des neuen Königs Reichsverweser. 1821 wurde G. mit dem neuerrichteten Erzbistum Posen (s. d.) vereinigt, der Erzbischof siedelte nach Posen über, doch blieb in G. ein Domkapitel mit einem Weihbischof bestehen.

Gnesen (Gniezno), Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Bromberg, 107 m ü. M., zwischen Hügeln und Seen in fruchtbarer Gegend und an den Linien Posen-Thorn und Öls-G. der Preußischen Staatsbahn und der (1886 im Bau begriffenen) Eisenbahn G.-Nakel, hat eine evangelische und 9 kath. Kirchen, darunter den alten Dom (965 gegründet) mit zwei Türmen, einer kunstvollen ehernen Flügelthür und dem Grabmal des heil. Adalbert, bedeutende Vieh-, Pferde- und Getreidemärkte, Zuckerfabrikation, Dampfmehl- und Ölmühlen, Maschinenfabriken, Molkerei, Destillationen etc. und (1885) mit Garnison (1 Infanterieregiment Nr. 49) 15,760 meist kath. Einwohner. G. hat ein Domkapitel (für das Erzbistum Posen-G.), ein Kollegiatstift, Priesterseminar, Gymnasium, ein Waisenhaus, ein Landgestüt und ist Sitz eines Landgerichts (für die fünf Amtsgerichte zu G., Mogilno, Tremessen, Wongrowitz und Wreschen) und einer Reichsbanknebenstelle. – G. ist eine der ältesten Städte des frühern Königreichs Polen, wurde im J. 1000 Sitz eines Erzbischofs, erhielt 1262 deutsches Stadtrecht und war bis 1320 Krönungsstadt der polnischen Könige. Hierhin, zum Grab des heil. Adalbert, war schon Kaiser Otto III. gewallfahrtet. Später geriet die Stadt in Verfall und hat sich erst unter preußischer Herrschaft, unter die es 1793 und abermals 1814 kam, etwas gehoben.